Bewegung tut auch den Kleinsten gut - Prävention von Übergewicht sollte schon im Kindergarten beginnen

Übergewicht ist längst kein reines Erwachsenen-Problem mehr. Fast jedes zehnte Kind im Vorschulalter ist übergewichtig –meist steckt Bewegungsmangel dahinter. Mit der Prävention von Übergewicht und Adipositas sollte deshalb bereits in Kindergarten, Kita & Co. begonnen werden. „Prävention durch Aktivität im Kindergarten“ heißt ein neues Programm der Unikinderklinik Würzburg, das den Kindern Spaß an Bewegung vermitteln und langfristig einen positiven Effekt auf ihre körperliche Aktivität haben soll. Neben Malen, Basteln und Singen stehen hierbei täglich mindestens 30 Minuten Bewegungsspiele auf der Tagesordnung – mit Erfolg.

Die Zahlen sind alarmierend: Nach Schätzungen der Weltgesundheitsorganisation (WHO) sind weltweit bereits mehr als 42 Millionen Kinder unter fünf Jahren übergewichtig. Allein in Europa haben über 14 Millionen Kinder Übergewicht – Tendenz steigend. „Damit folgt Europa nun einem Trend, der in den USA schon in den 1980er Jahren einsetzte: Unsere Kinder werden immer dicker“, sagt Kinderarzt Prof. Dr. Helge Hebestreit von der Kinderklinik am Universitätsklinikum Würzburg. Auch vor Deutschland macht dieses gewichtige Problem nicht Halt. Eine Hochrechnung des Robert-Koch-Instituts hat ergeben, dass in Deutschland etwa 1,9 Millionen Kinder und Jugendliche zwischen drei und 17 Jahren übergewichtig sind, 800.000 davon sogar adipös. Oftmals wachsen die Fettpölsterchen bereits im Kindergartenalter: „Derzeit ist fast jedes zehnte Kindergartenkind zu dick“, schätzt Professor Hebestreit. Oftmals steckt Bewegungsmangel dahinter. „Wenn wir also langfristig Übergewicht vorbeugen wollen, sollten Präventionsmaßnahmen schon in den Kindergärten beginnen.“ Denn im Kindergartenalter sind bestimmte Verhaltensweisen noch nicht endgültig festgelegt. „Wir können Kleinkindern den Spaß an der Bewegung noch recht einfach vermitteln – später wird das schwieriger“, so Professor Hebestreit. „Es steckt etwas Wahres in dem Sprichwort: Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr!“

Bewegungsspiele für die Kinder und Schulungen für die Eltern

Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen und mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) hat Professor Hebestreit das Bewegungsprogramm für Kindergartenkinder „Prävention durch Aktivität im Kindergarten“ entwickelt und in Unterfranken in zahlreichen Kindergärten über ein Jahr getestet. „Jeden Tag standen mindestens 30 Minuten Bewegung auf dem Programm. Hierfür haben wir rund 200 verschiedene kindgerechte Bewegungsspiele ausgewählt“, erklärt der Würzburger Kinderarzt. Zusätzlich gibt es Bewegungshausaufgaben für die Kinder und Schulungen für die Erzieherinnen und Erzieher sowie für die Eltern. „Denn das Bewegungsverhalten der Kinder ist meist stark von den Gewohnheiten ihrer Eltern geprägt – ein Präventionsprogramm muss deshalb versuchen, neben den Kindern selbst auch die Eltern einzubinden“, betont Professor Hebestreit. Ziel des neuen Präventionsprogramms ist es, die körperliche Aktivität der Kinder sowohl innerhalb als auch außerhalb des Kindergartens zu steigern, ihre motorischen Fähigkeiten zu verbessern und dadurch auch das Unfallrisiko zu reduzieren. „Uns interessierte natürlich auch, ob wir bei Kindern, die bereits übergewichtig sind, den Körperfettgehalt und Blutdruck mit den Bewegungsspielen positiv beeinflussen können“, so der Präventionsforscher. Das Bewegungsprogramm hatte Erfolg: „Die Aktivität der Kinder hat sich erhöht und auch ihre motorischen Fähigkeiten haben sich durch die Bewegungsspiele verbessert. Hierfür haben wir zum Beispiel den Gleichgewichtssinn und die Beinkraft der Kinder mithilfe eines neuen Verfahrens beurteilt“, erklärt Professor Hebestreit. Das Wichtigste ist aber: „Die Kinder haben Spaß.“ Bei den wenigen Kindern, die zu Beginn des Kindergartenjahres übergewichtig waren, hatte das Bewegungsprogramm auch direkt messbare Erfolge: „Bei diesen Kindern hat eine Messung der Hautfaltendicke an der Rückseite ihres Oberarms zu Beginn und am Ende des Kindergartenjahres ergeben, dass die Kinder tatsächlich dünner geworden sind.“

Im Schulalter kommt Prävention meist schon zu spät

Ob die Kinder toben, turnen, Fußball spielen, tanzen oder Rad fahren ist eigentlich egal – Hauptsache, sie bekommen schon in ganz jungen Jahren Spaß an der Bewegung. „Im Schulalter ist es nämlich meistens zu spät“, erklärt Professor Hebestreit. Studien haben gezeigt, dass in der Grundschule mindestens fünf bis sechs Stunden Sport pro Woche in den Stundenplan eingebaut werden müssen, um überhaupt noch einen präventiven Effekt zu erzielen. „Deshalb sind gezielte Bewegungsprogramme in Kindergarten, Kita und Co. so wichtig.“

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Helge Hebestreit
Kinderklinik und Poliklinik
Universitätsklinikum Würzburg
Josef-Schneider-Straße 2
97080 Würzburg
Tel.: 0931 201-27889
Fax: 0931 201-27242
E-Mail: hebestreit@uni-wuerzburg.de