COVID-19 programmiert Abwehrzellen nachhaltig um

Dr. Alexander Simonis, Assistenzarzt und Zweitautor der Studie, Dr. Sebastian Theobald, Postdoktorand und Erstautor der Studie und DZIF-Wissenschaftler Priv.-Doz. Dr. Jan Rybniker, Leiter des Forschungslabors der Infektiologie und Letztautor der Studie (v.l.n.r.)

© Uniklinik Köln, Foto: Christoph Wanko

Die Infektion mit SARS-CoV-2 führt bei einigen Menschen zu schwersten Entzündungen der Lunge und anderer lebenswichtiger Organe. Warum manche Infizierte mit einer überschießenden Immunantwort auf das Virus reagieren, ist immer noch unklar. Forschende der Uniklinik Köln und des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung (DZIF) untersuchen nun erstmals die Wirkung des viralen Spikeproteins auf das angeborene Immunsystem, dessen Aktivität auch mit schweren Krankheitsverläufen assoziiert ist. Die Ergebnisse wurden nun im renommierten Wissenschaftsjournal „EMBO Molecular Medicine“ veröffentlicht.

Eine SARS-CoV-2-Infektion kann zu einer massiven Ausschüttung von entzündungsfördernden Signalstoffen, sogenannten Zytokinen, führen, die bei einigen Patientinnen und Patienten starke Organschädigungen hervorrufen und in einer Kettenreaktion weitere, aktivierte Abwehrzellen ins Gewebe locken. Wie das Virus die Ausschüttung von Zytokinen aktiviert, ist bisher nicht gut verstanden. Das Kölner Forschungsteam konnte nun zeigen, dass menschliche Abwehrzellen (Makrophagen, auch Fresszellen genannt) durch das virale Spikeprotein massiv zur Produktion des entzündungsfördernden Signalstoffs Interleukin-1 angeregt werden. Allerdings nur, wenn in den Versuchen die Makrophagen von COVID-19-Patientinnen und -Patienten untersucht wurden. Makrophagen von Menschen, die noch keinen Kontakt zu SARS-CoV-2 hatten, reagierten nicht mit der Ausschüttung von Interleukin-1. Makrophagen gehören primär zum angeborenen Immunsystem, das vom erworbenen Immunsystem unterschieden wird. Letzteres ist unter anderem für die Antikörperbildung zuständig, die auch durch die Impfstoffe ausgelöst wird.

„Diese selektive Immunantwort eines klassischen Signalwegs des angeborenen Immunsystems ist sehr ungewöhnlich und wurde so noch nicht beschrieben“, erklärt Priv. Doz. Dr. Jan Rybniker, Leiter des Forschungslabors der Infektiologie an der Uniklinik Köln und Wissenschaftler im DZIF. Der hier untersuchte Signalweg, der letztendlich zur Ausschüttung von Interleukin-1 führt, gilt auch als möglicher therapeutischer Ansatzpunkt für immunmodulatorische Therapien bei schweren COVID-19-Infektionen. Hierfür konnte in dieser Arbeit eine wissenschaftliche Grundlage identifiziert werden.

Interessanterweise waren die Makrophagen auch noch mehrere Wochen bis Monate nach einer SARS-CoV-2-Infektion durch das Spikeprotein sehr stark aktivierbar. „Da Makrophagen eine sehr kurze Lebensdauer von nur wenigen Tagen haben, spricht dies für Veränderungen im Erbgut von Makrophagen-Vorläuferzellen. Diese sogenannten epigenetischen Veränderungen konnten wir durch aufwändige Sequenzierversuche auch nachweisen“, berichtet Dr. Sebastian Theobald, Postdoktorand an der Uniklinik Köln und Erstautor der Studie. Diese tiefgreifenden Veränderungen an Makrophagen bis hin zum genetischen Material der Zellen können zu einem besseren Verständnis von Langzeitfolgen der COVID-19-Erkrankung beitragen.

„Da unsere Arbeiten auf der Immunantwort gegen das Spikeprotein basieren, können wir nun auch die Impfantwort gegen SARS-CoV-2 besser einordnen und verstehen, da fast alle derzeit verfügbaren Impfstoffe auf diesem Oberflächenprotein basieren“, berichtet Dr. Alexander Simonis, Assistenzarzt an der Uniklinik Köln und Zweitautor der Studie. „Für den Erfolg der verschiedenen Impfkonstrukte ist es sicher förderlich, dass das Spikeprotein zu einer starken Aktivierung des angeborenen Immunsystems führt“, ergänzt Rybniker.

Diese vielschichtigen Untersuchungen waren nur durch die Hilfe mehrerer Kooperationspartner möglich. An der Studie waren insgesamt acht Arbeitsgruppen der Universität zu Köln und des Max-Planck-Instituts für die Biologie des Alterns beteiligt. Unterstützt wurde die Studie unter anderem von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG), dem Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) und dem Netzwerk Universitätsmedizin (NUM).

Quelle: Pressemitteilung der Uniklinik Köln

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