Das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung

Erfolgreiche Krebsforschung ist ohne den intensiven Austausch zwischen ganz unterschiedlichen Fachrichtungen undenkbar. Krebsforschung findet deswegen oft an großen Zentren statt, die in den USA teilweise mehr als 10.000 Mitarbeiter haben. Das Deutsche Konsortium für Translationale Krebsforschung orientiert sich an solchen Großforschungszentren, ohne die föderalen Strukturen der deutschen Forschung aufzugeben. An acht Standorten kooperieren zwanzig Einrichtungen.

Sieben Programme im Kampf gegen den Krebs

"Eine Kernaufgabe in der Krebsforschung besteht darin, ständig die Ergebnisse der Grundlagenforschung auf neue Ansätze zur Prävention, Diagnostik und Behandlung von Krebserkrankungen hin zu überprüfen", betont Professor Dr. Otmar D. Wiestler, Sprecher des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung (DKTK) und Vorstandsvorsitzender des Deutschen Krebsforschungszentrums in Heidelberg. An den acht Standorten des DKTK sind künftig über 160 namhafte Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler mit ihren Arbeitsgruppen diesem "translationalen" Gedanken verpflichtet.

Um ihn mit Leben zu erfüllen, wurden sieben Forschungsprogramme definiert, an denen sich immer mehrere Standorte beteiligen sollen. Im Einzelnen will man sich am DKTK um Signalwege in der Krebsentstehung, um die Molekulardiagnostik, um Krebsimmunologie und Immuntherapien bei Krebs, um Stammzellen, um Strahlentherapie und Bildgebung, um das Phänomen der Behandlungsresistenz und um Prävention und Früherkennung kümmern.

Gemeinsame Plattformen bündeln die Kräfte

Erleichtert wird die gemeinschaftliche Forschungsarbeit durch mehrere Forschungsplattformen. "Eines der wichtigsten Ziele des DKTK ist es, einen permanenten Fluss von Projekten zu haben, die aus der Grundlagenforschung in die klinische Prüfung gehen", so Wiestler. Für den Informationsaustausch sorgt eine "Clinical Communication Platform". Sie dient einerseits der Rekrutierung von Patientinnen und Patienten für große klinische Studien mit Aufbau einer Biobank und eines klinischen Krebsregisters. Andererseits ist sie als Informationsdrehscheibe für die Krebsforschung gedacht. So wird vermieden, dass Projekte doppelt bearbeitet werden.

In Ergänzung dazu gibt es technisch ausgerichtete Plattformen, um Methodiken, die an allen Zentren verfügbar sein müssen, zu harmonisieren. Das macht die im DKTK erhobenen Daten vergleichbarer. Außerdem erarbeitet das DKTK ein gemeinsames Regelwerk, das es Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern von allen Standorten ermöglicht, Methoden zu nutzen, die nicht überall verfügbar sind. Dazu zählen Anlagen für die Produktion von Antikörpern, Hochdurchsatz-Technologien für das Genomscreening und große Rechenzentren für die Bioinformatik.

DKTK konkret: Was soll erforscht werden?

  • Diagnostik: Am DKTK werden Instrumente entwickelt, um zunächst bei Patientinnen und Patienten mit Hirn-, Bauchspeicheldrüsen- und Prostatatumoren die komplette Sequenzierung des individuellen Erbguts als Basisuntersuchung zu etablieren. Damit wird es möglich, bei jedem Tumorpatienten individuell zu analysieren, welche Signalwege im Gewebe gestört sind und gezielte Therapien auszuwählen.
  • Strahlentherapie: Mit der Protonen- und Schwerionentherapie steht in Deutschland seit Kurzem ein ganz neuer strahlentherapeutischer Ansatz zur Verfügung. "Diese Strahlung hat einige Eigenschaften, die sich grundsätzlich von der bisher eingesetzten Photonenstrahlung unterscheiden", erklärt Wiestler. Im DKTK soll die neue Bestrahlungsmethode systematisch evaluiert werden. "Wir wollen auf diesem Gebiet weltweit führend werden", so Wiestler.
  • Tumorstammzellen: Bei vielen Krebsvarianten kann es auch nach Jahren noch zu Rezidiven kommen. Ein Grund sind Tumorstammzellen, die die Ersttherapie überstanden haben und im Körper schlummern. Forscherinnen und Forscher des DKTK nehmen die Biologie dieser Tumorstammzellen genau unter die Lupe. Am Beispiel Blutkrebs suchen sie nach Methoden, die Tumorstammzellen zu mobilisieren, um sie zugänglicher für Therapien zu machen.
  • Immuntherapie: Das körpereigene Immunsystem dient nicht nur der Abwehr von Infektionen. Es kann prinzipiell auch die Ausbreitung von Tumorerkrankungen verhindern. Um das Immunsystem bei Krebserkrankungen zu aktivieren, werden zunehmend Tumorimpfungen erprobt, die eine spezifisch gegen den Tumor gerichtete Immunreaktion auslösen. Am DKTK wird unter anderem eine T-Zell-Impfung bei Nierenkrebs evaluiert.
  • Prävention: Im Bereich der Krebsprävention geht es unter anderem darum, Maßnahmen zu finden, mit denen die Menschen stärker als bisher zu Vorsorgeuntersuchungen motiviert werden können. Ein Ansatz besteht darin, bei der Darmkrebsvorsorge besonders gefährdete Personen gezielt anzusprechen.

Attraktive Angebote für den wissenschaftlichen Nachwuchs

Krebsforschung führt nur dann zum Erfolg, wenn unterschiedliche Disziplinen an einem Strang ziehen. Einer breit gefächerten Nachwuchsförderung kommt deswegen eine besondere Bedeutung zu. "Wichtig ist es vor allem, junge Medizinerinnen und Mediziner mit einer gewissen klinischen Erfahrung in die Krebsforschung zu holen", betont Wiestler. Speziell für diese Nachwuchsgruppe soll am DKTK eine "School of Oncology" aufgebaut werden. Auf der anderen Seite werden Forscherinnen und Forscher mit naturwissenschaftlichem Hintergrund stärker an die translationale Forschung herangeführt. Dazu wird unter anderem ein Stipendienprogramm entwickelt.