Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung

Infektionen sind für die Medizin auch im 21. Jahrhundert eine der zentralen Herausforderungen. Wie lassen sich die großen Infektionskrankheiten am besten eindämmen? Was tun, wenn Keime immer unempfindlicher gegen Medikamente werden? Was sind die besten Präventionsstrategien? Diesen und anderen Fragen wollen die Forscherinnen und Forscher des Deutschen Zentrums für Infektionsforschung nachgehen - in 27 Einrichtungen an sieben Standorten.

Infektionen vermeiden und bekämpfen

Die Forschung auf dem Gebiet der Infektionserkrankungen ist vielfältig. Moderne molekulargenetische Verfahren helfen dabei, zu klären, wie bestimmte Krankheitserreger die Zellen und Organe des menschlichen Körpers schädigen. Epidemiologische Studien und klassische Feldforschungen geben Auskunft über die Ausbreitung einzelner Keime, ihrer Wirtsorganismen und Überträger. In der pharmazeutischen Infektionsforschung geht es vor allem darum, neue Antibiotika zu identifizieren. Und die Präventionsforschung konzentriert sich einerseits auf die Eindämmung lokaler Epidemien, andererseits auf die Entwicklung effektiver und sicherer Impfstoffe.

In Deutschland war die Infektionsforschung bisher stark fragmentiert. Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) bringt über 150 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler an sieben Standorten zusammen. "So können wir unsere Aktivitäten bündeln und die Stärken der unterschiedlichen Einrichtungen für groß angelegte gemeinsame Forschungsprogramme nutzen", betont Professor Dr. Dirk Heinz vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig.

Elf Schwerpunkte von AIDS bis Tuberkulose

Das DZIF hat elf Schwerpunkte definiert, in denen sich besonders wichtige Forschungsfragen stellen. Da sind zum einen die großen Infektionserkrankungen HIV/AIDS, Malaria, Virushepatitis und Tuberkulose sowie die Erkrankungen des Magen-Darm-Trakts, die jeweils viele Millionen Menschen betreffen. Ein weiterer Forschungsschwerpunkt kümmert sich um neue Infektionserkrankungen, die oft von Tieren auf den Menschen überspringen ("Zoonosen"). Das Dengue-Fieber, die SARS-Erkrankung und die Schweinegrippe gehören in diese Kategorie.

Sehr relevant in unseren Breiten sind die drei Schwerpunkte zu Infektionen mit Staphylokokken und mit gram-negativen Bakterien sowie zu Infektionen von Menschen mit eingeschränktem Immunsystem. "Hier geht es natürlich um die Entwicklung von neuen Antiinfektiva, aber auch darum, wie immunsupprimierte Patientinnen und Patienten besser vor Infektionen geschützt werden können", betont Professor Dr. Sebastian Suerbaum von der Medizinischen Hochschule Hannover. Die Suche nach neuen Antiinfektiva ist für das DZIF so wichtig, dass ein eigener Forschungsschwerpunkt eingerichtet wird. Schließlich erhält auch das Querschnittthema "Immunkontrolle und Immunisierung" einen eigenen Schwerpunkt.

DZIF konkret: Was soll erforscht werden?

  • Virushepatitis: In einem standortübergreifenden Projekt wollen sich Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des DZIF der Suche nach neuen antiviralen Medikamenten gegen die Hepatitis C und die Hepatitis D widmen. "Hier greifen die Grundlagenforschung zu den Viren und die Erprobung möglicher Wirkstoffe eng ineinander", so Professor Dr. Hans-Georg Kräusslich vom Universitätsklinikum Heidelberg. Eine wichtige Teilaufgabe besteht darin, Zellkulturmodelle zu entwickeln, um die Erreger und mögliche Medikamente besser untersuchen zu können.
  • Infektionen nach Organtransplantation: Patientinnen und Patienten mit Spenderorganen sind eine Hochrisikogruppe für Infektionen, weil sie Medikamente einnehmen, die das Immunsystem blockieren. "Am DZIF wollen wir untersuchen, wann genau im Verlauf nach einer Transplantation bestimmte Infektionen auftreten und wie diese sich auf die Funktion des Organs auswirken", betont Professor Dr. Ingo Autenrieth vom Universitätsklinikum Tübingen. Dadurch können vielleicht Verhaltensmuster empfohlen werden, mit denen das Risiko von Infektionen gesenkt werden kann.
  • Neue Antibiotika: Im Bereich der Staphylokokkeninfektionen gibt es große Schwierigkeiten mit resistenten und multiresistenten Erregern. Die Antibiotika-Pipelines sind weitgehend ausgetrocknet. Im DZIF sollen deswegen auf Basis der Infektionsmechanismen neue Wirkstoffkandidaten identifiziert und bis in die ersten Phasen der klinischen Prüfung gebracht werden. Interessant sind hier vor allem Naturstoffe, die in der Pharmaforschung vernachlässigt wurden. Denn 80 Prozent aller Antibiotika basieren auf Naturstoffen.

Gemeinsame Infrastruktur macht Infektionsforschung effektiver

Bei der Suche nach neuen antiinfektiven Medikamenten müssen teilweise viele Millionen Kandidatenmoleküle erprobt werden. Um das zu erleichtern, baut das DZIF eine gemeinsame Antiinfektivaplattform auf. Sie soll einerseits die an unterschiedlichen Einrichtungen existierenden Substanzdatenbanken verknüpfen, andererseits neue Substanzen aus Screening-Projekten des DZIF aufnehmen und den Einrichtungen zur Verfügung stellen.

Besonders deutlich wird der Nutzen der Zentrenbildung für die deutsche Infektionsforschung im Bereich der Hochsicherheitslabors, in denen mit gefährlichen Krankheitserregern unter streng kontrollierten Bedingungen gearbeitet wird. Diese besonderen Labors werden ins DZIF integriert und können von allen Partnern genutzt werden. So muss nicht jede Einrichtung selbst den enormen Aufwand schultern, den ein solches Labor erfordert.

Auch im Bereich der Nachwuchsförderung stellt das DZIF attraktive Angebote zur Verfügung. Promotionsstipendien werden ergänzt durch spezielle Programme, die es infektiologisch tätigen Ärztinnen und Ärzten erlauben, klinische Arbeit und Forschung besser zu verbinden. Außerdem wird in Kooperation mit relevanten infektiologischen Fachgesellschaften die DZIF-Akademie aufgebaut. Sie bietet strukturierte und zertifizierte Ausbildungs- und Trainingsprogramme, die den Nachwuchs bei der weiteren Karriere unterstützen und die Bedeutung der Infektiologie als eigenständige wissenschaftliche und klinische Disziplin unterstreichen.