Das Deutsche Zentrum für Lungenforschung

Die Molekularbiologie, die Stammzellmedizin und die moderne Biotechnik eröffnen für die Forschung zu Lungenerkrankungen spannende Betätigungsfelder. Für Patientinnen und Patienten könnten sich daraus neue Therapieoptionen entwickeln. Am Deutschen Zentrum für Lungenforschung werden künftig wichtige Forschungsaktivitäten zusammengeführt. 18 Einrichtungen an fünf Standorten kooperieren, um die Erforschung von Lungenerkrankungen weiter voran zu bringen.

Gesucht: Ganz neue Ansätze für wesentliche therapeutische Fortschritte

Für Patientinnen und Patienten mit Lungenerkrankungen ist das Spektrum an Therapien im Vergleich zu vielen anderen Erkrankungsgruppen derzeit noch relativ überschaubar. "Uns stehen aber große therapeutische Fortschritte bevor. Die Lungenforschung dürfte sich in den nächsten Jahren rapide entwickeln", betont Professor Dr. Werner Seeger von der Universität Gießen, den das Deutsche Zentrum für Lungenforschung (DZL) als Gesamtkoordinator benannt hat. Gesucht sind dabei qualitativ neue Behandlungsmethoden, die deutlich über das hinaus gehen, was im Moment therapeutisch zur Verfügung steht. "Ansatzpunkte dafür hat die pneumologische Grundlagenforschung der letzten Jahre geliefert. Hier müssen wir weiter arbeiten und parallel dazu versuchen, diese Erkenntnisse in neue Therapien zu überführen, die möglicherweise ganz anders aussehen werden als das, was wir bisher aus der Lungenmedizin kennen", so Seeger.

Drei Blickwinkel auf die Lunge

Das DZL bringt über 170 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler und deren Arbeitsgruppen aus 18 universitären und außeruniversitären Forschungseinrichtungen an fünf Standorten zusammen. Insgesamt acht Krankheiten oder Krankheitsgruppen stehen im Zentrum des Interesses: Asthma und Allergien, die chronisch-obstruktive Lungenerkrankung (COPD), die zystische Fibrose (Mukoviszidose), die Lungenentzündung, die diffus-parenchymatösen Lungenerkrankungen, der Lungenhochdruck, das Atemnotsyndrom und der Lungenkrebs.

"Zwischen den unterschiedlichen Erkrankungen gibt es eine Reihe von Überschneidungen bei den zugrunde liegenden Mechanismen der Schädigung", betont Seeger. Das DZL hat für seine Forschung deswegen drei Hauptperspektiven definiert, um lungentypische Krankheitsprozesse übergreifend untersuchen zu können. Gerichtet werden soll der Blick zum einen auf entzündliche Prozesse, die bei infektiösen und nicht-infektiösen Lungenerkrankungen gleichermaßen Bedeutung haben. Reparaturprozesse, die es der Lunge bei einigen Erkrankungen ermöglichen, sich fast komplett zu regenerieren, sind ein zweiter Fokus. Schließlich sollen auch Proliferationsprozesse untersucht werden, die bei gutartigen und bösartigen Lungenerkrankungen vorkommen und die den an filigrane Strukturen gebundenen Gasaustausch schwer beeinträchtigen können.

DZL konkret: Was soll erforscht werden?

  • Gezielte Therapien: Ein Schwerpunkt des DZL sind Untersuchungen mit großen Patientenkohorten. Mit den assoziierten Krankenhäusern und Ambulanzen, die über 30.000 Lungenpatientinnen und -patienten versorgen, bietet das Zentrum dafür optimale Voraussetzungen. "Eine wichtige Kohorte betrifft beispielsweise COPD-Patienten, bei denen es darum gehen wird, neue Kandidatengene für innovative Therapien zu identifizieren", so Seeger. Bestandteil dieser Suche ist das so genannte Deep Phenotyping, also eine genaue Beschreibung von Subgruppen der COPD-Erkrankung für eine gezieltere Therapie.
  • Reverse Remodelling: Die Grundlagenforschung hat in den letzten Jahren viel Wissen darüber zusammengetragen, wie sich die Blutgefäße der Lunge beim Lungenhochdruck strukturell verändern. Neue Therapieansätze, die darauf abzielen, die Umbauprozesse in der Blutgefäßwand rückgängig zu machen, sollen am DZL in klinischen Studien der Phasen II und III untersucht werden. "Wenn wir Erfolg haben, können wir bei der pulmonalen Hypertonie irgendwann von einer echten Heilung sprechen", betont Seeger. Mehr noch: Die Arbeiten könnten auch für andere Erkrankungen von Blutgefäßen relevant werden. Seeger: "Wir wollen den Lungenhochdruck zu einer Prototyperkrankung für das so genannte Reverse Remodelling machen, die Rückentwicklung krankhafter Gefäßveränderungen."
  • Die Biohybridlunge: Patientinnen und Patienten mit Lungenerkrankungen im Endstadium können heute nur durch Lungentransplantation oder durch externe Sauerstoffversorgung (extrakorporale Membranoxygenierung, ECMO) gerettet werden. Eine neue Option könnten "Ersatzlungen" sein, die apparative Technik und Biotechnik vereinen. Wichtig ist hierbei die Stammzellforschung: Sie kann jene Zellen liefern, aus denen sich die hochspezialisierten Endothelzellen heranzüchten lassen, die für eine Biohybridlunge nötig sind.

Gezielte Nachwuchsförderung in der Lungenforschung

Um den wissenschaftlichen Nachwuchs im Bereich der Lungenforschung zu fördern, wird das Deutsche Zentrum für Lungenforschung zahlreiche Angebote schaffen. Dazu gehören Methodologie-Workshops, Austauschprogramme und die Möglichkeit zur Teilnahme an Winter- oder Summer-Schools. Eine zentrale Rolle kommt im Bereich der Nachwuchsförderung der DZL Lung School zu.

Dabei handelt es sich um eine bundesweite Plattform für Doktorandinnen und Doktoranden sowie Postgraduierte, die den Nachwuchsforscherinnen und -forschern unabhängig vom jeweiligen Standort optimale Bedingungen für Forschung und Karriereplanung bietet. Der DZL Lung School sollen alle in DZL-Projekte involvierten Doktorandinnen, Doktoranden und Post-Docs der beteiligten Einrichtungen angehören. Es handelt sich um eine bis dato einmalige Plattform des Informationsaustauschs und der organisierten Zusammenarbeit im Sinne der translationalen Forschung bei Lungenerkrankungen, die Verständnis für unterschiedliche Herangehensweisen wecken und gemeinsame Lösungsstrategien fördern soll.