04.10.2022

| Aktuelle Meldung

Neue Gentherapie gibt Hoffnung für Epilepsie-Erkrankte

Die neu gegründete Firma EpiBlok Therapeutics GmbH bringt erste klinische Studien für einen gentherapeutischen Behandlungsansatz auf den Weg.

Nervenzellgruppe

Bei einem epileptischen Anfall entladen sich plötzlich ganze Nervenzellgruppen gleichzeitig und führen dadurch zu ungewollten Bewegungen und Empfindungen.

Adobestock/sudok1

Epilepsien gehören zu den häufigsten neurologischen Erkrankungen, an denen ca. 400.000 bis 800.000 Menschen in Deutschland erkrankt sind. Sie können in jedem Lebensalter beginnen. Die Diagnose Epilepsie wird gestellt, wenn mindestens zwei epileptische Anfälle aufgetreten sind oder nach einem ersten unprovozierten Anfall ein deutlich erhöhtes Risiko von mehr als 60% für weitere Anfälle besteht. Epilepsie ist ein sehr vielfältiges Krankheitsbild. Hierbei erleiden einige Patientinnen und Patienten starke Anfälle, bei denen sie das Bewusstsein verlieren, zu Boden stürzen und sich der gesamte Körper zusammenkrampft und zuckt. Hierbei spricht man von sogenannten Generalisierten Anfällen, die beide Hirnhälften betreffen. Bei sogenannten fokalen Anfällen treten die epileptischen Anfälle in bestimmten Hirnregionen auf. Die Ursache einer Epilepsie kann sehr unterschiedlich sein, beispielsweise Verletzungen des Gehirns – etwa durch einen Unfall, einen Tumor oder einen Schlaganfall.

Am heutigen Tag der Epilepsie berichtet Prof. Dr. Regine Heilbronn, von EpiBlok Therapeutics GmbH, von einer neuen Gentherapie, bei der ein Adeno-assoziiertes Virus (AAV) das Gen für das Neuropeptid Dynorphin gezielt in Neurone der betroffenen Hirnregion bringt. Ziel ist eine langfristige Unterdrückung von Anfällen, indem die Nervenzellen Dynorphin auf Vorrat produzieren und bei Bedarf ausschütten. Für die präklinischen Studien an der AAV-basierten Gentherapie gegen fokale Epilepsie erhielt das Projektteam bereits eine Förderung in Höhe von 3,9 Millionen Euro über das GO-Bio-Programm des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF).

Frau Professor Dr. Heilbronn, was versteht man unter fokaler Epilepsie?

Bei fokalen Epilepsien entstehen epileptische Anfälle immer wieder an ein und derselben Stelle im Gehirn. Bei der klinisch häufigsten Form, der sogenannten Schläfenlappenepilepsie, liegt der Fokus sehr oft im Hippocampus, wo Lernen, Gedächtnis und Emotionskontrolle gesteuert werden. Zwei Drittel aller epileptischen Anfälle bei Erwachsenen sind fokale Anfälle.

Warum ist es so schwer fokale Epilepsien medikamentös zu behandeln und wo setzt der therapeutische Ansatz der EpiBlok GmbH an?

Bereits zu Beginn der Erkrankung sprechen ca. ein Drittel der Patienten auf keine der verfügbaren Medikamentenklassen an. Außerdem versagen mit zunehmender Krankheitsdauer die verfügbaren Medikamente immer häufiger. Zudem haben die meisten Antiepileptika starke Nebenwirkungen.

EpiBlok entwickelt einen Genvektor, der epileptische Anfälle am Ort der Entstehung verhindern kann. Die schonende Einmaltherapie wird nur zum Zeitpunkt der Anfallsentstehung aktiviert. Sie verspricht Patienten, bei denen Medikamente nicht ausreichend wirken, dauerhafte Anfallsfreiheit.

Was ist die Besonderheit an der Gentherapie-Plattform mit der die Wirkstoffkandidaten entwickelt werden?

Es handelt sich um einen AAV-basierten Genvektor, der schützende Neuropeptide fokal produziert und speichert. Diese werden nur bei starker Erregung freigesetzt, wie zu Beginn eines Anfalls. Die Erregungsausbreitung auf benachbarte Nervenzellen wird gedämpft und die Entwicklung von Anfällen unterbunden.

Was sind die nächsten Schritte in der Entwicklung von EpiBlok?

Gefördert durch das GO-Bio-Förderprogramm validieren wir derzeit den Genvektor, um ihn als minimalinvasive Einmaltherapie klinisch zu prüfen und zulassungsfähig zu machen. Unsere Vision ist es, die heute üblichen Therapien von fokalen Epilepsien mit antiepileptischen Medikamenten mit starken Nebenwirkungen oder mittels invasiver Operationen in Zukunft durch unsere lokale, minimal-invasive, und ‚on demand‘ erfolgende Therapie abzulösen.