20.06.2023

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Post-COVID-Syndrom: Umfangreiche Datensammlung in den NAPKON-Kohorten

Daten und Bioproben von mehr als 7.000 Betroffenen sollen neue Erkenntnisse zu den Langzeitfolgen von COVID-19 bringen: Gesammelt werden sie im Nationalen Pandemie Kohorten Netzwerk NAPKON, einem Projekt des Netzwerks Universitätsmedizin (NUM).

Ärztin zeigt einem Patienten etwas auf einem Tablett

Menschen mit dem Post-COVID-Syndrom leiden noch Monate nach der Infektion an ganz unterschiedlichen Symptomen. Die systematische Erfassung der Beschwerden im PCS-Score kann dazu beitragen, die Betroffenen gezielter zu behandeln.  

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Die Spät- und Langzeitfolgen einer Infektion mit SARS-CoV-2 lassen sich aufgrund ihrer vielfältigen Symptome und unterschiedlichen Ausprägung bisher kaum eindeutig diagnostizieren; auch deshalb ist eine angemessene Therapie nach wie vor schwierig. Dies zu ändern, ist das Ziel der Forschenden bei NAPKON, einem Projekt im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten NUM-Netzwerk.

Die NAPKON-Kohorten enthalten inzwischen die Daten und Bioproben von mehr als 7.000 Patientinnen und Patienten. Übermittelt wurden diese Daten von Universitätskliniken, Kliniken und Arztpraxen; sie helfen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, offene Forschungsfragen unter anderem zu Long COVID und dem Post-COVID-Syndrom (PCS) zu beantworten.

Post-COVID-Syndrom (PCS)

Ein Post-COVID-Syndrom liegt nach einer vorläufigen Definition der Weltgesundheitsorganisation WHO vor, wenn die Beschwerden nach einer Infektion mit SARS-CoV-2 länger als drei Monate anhalten bzw. neu auftreten und nicht anderweitig erklärt werden können. Zu den häufigsten Symptomen gehören anhaltende massive Erschöpfungszustände, Herz- und Kreislaufbeschwerden, Konzentrations- und Gedächtnisprobleme, Geruchs-, Geschmacks- und Schlafstörungen, Muskelschwäche und -schmerzen sowie depressive Verstimmungen.

Um die Langzeitfolgen einer COVID-19-Erkrankung zu erfassen, werden die Patientinnen und Patienten der NAPKON-Kohorten bis zu drei Jahre nach ihrer Infektion mit dem Coronavirus SARS-COV-2 beobachtet und regelmäßig untersucht. Von zentraler Bedeutung, um ein möglichst vollständiges Bild gewinnen zu können, ist die fach- und standortübergreifende Zusammenarbeit von Forschenden und Fachleuten aus der klinischen Praxis. „In NAPKON arbeiten Ärztinnen und Ärzte sowie Forschende aus mehr als 30 Fachrichtungen bundesweit daran, PCS in seinem Entstehen zu verstehen und Diagnosemethoden und Behandlungsmöglichkeiten zu erarbeiten”, erläutert Professor Dr. Janne Vehreschild, Sprecher von NAPKON und Infektiologe an den Universitätskliniken Frankfurt und Köln.

Schweregrad von Spät- und Langzeitfolgen mit dem PCS-Score bestimmen

Einen wichtigen Fortschritt gibt es mit dem sogenannten PCS Score, der bereits Einzug in die klinische Praxis gehalten hat. Dieses Klassifizierungssystem erlaubt eine möglichst objektive und umfassende Beschreibung der Post-COVID-Beschwerden; mit seiner Hilfe können Ärztinnen und Ärzte anhand einer Punkteskala den Schweregrad der Langzeitfolgen feststellen. Entwickelt wurde der Score vom NAPKON-Team um Professor Thomas Bahmer am Universitätsklinikum Schleswig-Holstein; mit einem Fragebogen lässt sich das Post-COVID-Syndrom in seiner ganzen Komplexität abbilden und in seinem zeitlichen Verlauf beurteilen.

Weitere Ergebnisse zu dem Score werden in den kommenden Wochen und Monaten erwartet. Dabei werden die Folgen einer COVID-19-Erkrankung auf den Stoffwechsel und das Immunsystem genauestens analysiert. „Wenn diese Untersuchungen abgeschlossen sind, haben wir einen weltweit einmalig genauen Datensatz zu den Auswirkungen von COVID-19 auf den Menschen. Wir haben große Hoffnung, damit den Betroffenen in Zukunft besser helfen zu können“, sagt Vehreschild.

NAPKON ist eines von mehreren Forschungsprojekten innerhalb des Netzwerk Universitätsmedizin (NUM). Das NUM wurde im April 2020 gegründet, um die COVID-19-Forschung an den 36 deutschen Universitätskliniken zu koordinieren. Ein Ziel des NUM ist es, zukünftige Pandemien rascher zu erkennen und geeignete Behandlungsstrategien und -konzepte zu entwickeln, um  Patientinnen und Patienten bestmöglich zu versorgen. Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der gemeinsamen Erhebung und Nutzung komplexer medizinischer Forschungsdaten. Perspektivisch sollen im NUM auch andere Erkrankungen gemeinsam mit möglichst vielen Partnereinrichtungen aus Wissenschaft, Gesundheitswesen und Gesellschaft erforscht werden. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert das NUM bis 2025 mit insgesamt bis zu 390 Millionen Euro.