Schützt Apfelsaft vor Darmkrebs?

Apfelsaft schmeckt nicht nur gut – Apfelsaft ist auch gesund. Denn bestimmte Inhaltsstoffe von Äpfeln und Apfelsaft, die sekundären Pflanzenstoffe, haben einen positiven Einfluss auf den Darm. Sie können – zumindest im Tiermodell – der Entstehung von Darmkrebs entgegenwirken, tragen zur Entgiftung bei und verringern die Freisetzung von schädlichen Sauerstoffverbindungen. Gegen entzündliche Darmerkrankungen hilft Apfelsaft aber nicht.

Rund 70.000 Menschen in Deutschland erkranken jedes Jahr an Darmkrebs. Damit ist Darmkrebs die zweithäufigste Krebserkrankung in Deutschland. Um der Entstehung von Darmkrebs vorzubeugen, empfehlen Experten eine gesunde und ballaststoffreiche Ernährung mit wenig Fleisch und reichlich Obst und Gemüse. Neue Ergebnisse zeigen nun: Auch wer regelmäßig Apfelsaft trinkt, tut seinem Darm etwas Gutes. Denn Apfelsaft ist reich an besonderen pflanzlichen Inhaltsstoffen, den sekundären Pflanzenstoffen. Diese Substanzen stärken die Schutzmechanismen des Darms, verringern die Freisetzung schädlicher Sauerstoffverbindungen und verhindern – zumindest im Tiermodell – die Entstehung von Krebsvorstufen im Darm. Bei regelmäßigem Genuss kann Apfelsaft deshalb im Rahmen einer vollwertigen Ernährung einen wichtigen Beitrag zur Gesunderhaltung des Darms leisten. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass der regelmäßige Konsum von Äpfeln beziehungsweise von Apfelsaft auch beim Menschen eine wichtige Rolle bei der Vorbeugung von Tumorerkrankungen des Dickdarms spielen könnte“, erklärt Prof. Dr. Dr. Dieter Schrenk, Leiter des Forschungsnetzwerks „Nutrition Net“, das von 2002 bis Ende 2009 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wurde.

Sekundäre Pflanzenstoffe verringern das Risiko für Darmkrebs

Im Tiermodell wird die schützende Wirkung des Apfelsafts deutlich: Werden Mäuse, die aufgrund eines genetischen Defekts immer Dünndarmkrebs entwickeln, mit trübem Apfelsaft oder einem Extrakt aus Apfelsaft im Trinkwasser gefüttert, entwickeln die Tiere seltener Tumore. „Die Inhaltsstoffe des Apfelsafts konnten die Entstehung von Krebsvorstufen im Dünndarm der Mäuse in 40 Prozent der Fälle verhindern“, freut sich Professor Schrenk. Aber welche Stoffe machen den Apfelsaft so gesund? „Besonders wichtig und mengenmäßig relevant sind die sekundären Pflanzenstoffe, allen voran die Polyphenole“, sagt Professor Schrenk. Gerade naturtrüber Apfelsaft und der Apfelsmoothie, ein aus Apfelmark hergestelltes dickflüssiges Getränk, sind reich an Polyphenolen. Polyphenole aktivieren bestimmte Enzyme im Darm, zum Beispiel die Glutathion-S-Transferase, die krebsauslösende Schadstoffe unschädlich macht und so zur Entgiftung im Darm beiträgt. „Es hat sich herausgestellt, dass ein wichtiger Mechanismus, wie Apfelsaft das Risiko für Darmkrebs verringern kann, die Aktivierung von entgiftenden Enzymen durch die Polyphenole im Saft ist.“

Schutz vor Stress im Darm

Aber auch andere Stoffe machen den Apfelsaft gesund. „Insgesamt haben wir 35 Inhaltsstoffe aus dem Apfelsaft isoliert und auf ihr krebspräventives Potenzial im Labor untersucht“, beschreibt Professor Schrenk. Einige Bestandteile, vor allem die Flavonoide, haben einen Einfluss auf die Entgiftung. Entzündungshemmende Eigenschaften werden besonders den sogenannten Catechinen zugeordnet. „Ein wichtiger Bestandteil von Apfelsaftextrakten – sowohl mengenmäßig als auch bezogen auf ihre Wirkung – sind die Procyanidine. Das sind Molekülketten, die aus mehreren Catechinen bestehen und unter anderem antioxidativ wirken“, so der Experte. Antioxidativ heißt, dass bestimmte Inhaltsstoffe von Apfelsaft die Entstehung von schädlichen Sauerstoffverbindungen im Darm, also freien Radikalen, verhindern können. „Wer regelmäßig Äpfel isst oder Apfelsaft trinkt, kann also mithilfe dieser Bestandteile möglicherweise Schäden durch freie Radikale vorbeugen.“

In Versuchen mit Ratten aktivierte vor allem trüber Apfelsaft im Dickdarm der Tiere antioxidative Gene. Diese Gene sind für das Abfangen und Unschädlichmachen von freien Radikalen zuständig. Ähnlich funktioniert die schützende Wirkung des Apfelsafts vermutlich auch beim Menschen. Professor Schrenk: „In einer Studie haben wir Patienten mit einem künstlichen Darmausgang untersucht, die jeden Tag einen Liter trüben Apfelsaft tranken. Besonders die Polyphenole im Apfelsaft konnten dabei den Dünndarm zum Teil unverändert passieren und behalten somit auch im Verdauungstrakt ihre antioxidative Wirkung.“

Nicht nur der Apfel ist gesund

Es gibt also Hinweise, dass Apfelsaft der Entstehung von Darmkrebs über verschiedene Mechanismen entgegenwirken kann. Gilt das nur für Apfelsaft? „Sicher nicht“, sagt Professor Schrenk. „Wir haben den Apfelsaft letztlich als Stellvertreter für die große Familie der pflanzlichen Lebensmittel mit interessanten und teils wenig erforschten Inhaltsstoffen ausgewählt. Wahrscheinlich sind unsere Ergebnisse auch auf andere Obst- und Gemüsesorten sowie deren Säfte übertragbar.“

Entzündungen im Darm lindert Apfelsaft nicht

Auf Entzündungen im Darm hat Apfelsaft jedoch keinen positiven Einfluss. „Es gibt zwar entzündungshemmende Bestandteile im Apfelsaft, diese sind aber nicht in der Lage, eine Entzündung im Darm nachhaltig zu lindern“, erklärt Professor Schrenk das Ergebnis einer Untersuchung an Ratten mit einer akuten Entzündung im Darm. „Im Gegenteil: Durch die Gabe eines Apfelsmoothies verschlechterte sich die Darmentzündung der Tiere sogar.“ Bei gesunden Tieren hingegen wirkte der Apfelsaft tatsächlich entzündungshemmend. „Nach der Fütterung mit Apfelsaft sank die Menge bestimmter Entzündungsmarker im Dickdarm der Tiere“, sagt Professor Schrenk. Wichtig ist: „Apfelsaft ist eben kein Therapeutikum, sondern ein äußerst gesundes Lebensmittel.“

Das Apfelsaftprojekt

Ziel des Forschungsverbundes „Nutrition Net –Rolle von Nahrungsbestandteilen in der Genese von Darmkrankheiten und Möglichkeiten der Prävention durch die Ernährung“ war, den Einfluss von Apfelsaft und seinen Inhaltsstoffen auf die Entstehung und den Verlauf von Darmkrebs und entzündlichen Veränderungen im Darm zu untersuchen. Das Forschungsnetzwerk aus neun deutschen Forschungseinrichtungen entstand im Jahr 2002 und wurde vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) bis Ende 2009 mit insgesamt rund 7,2 Millionen Euro gefördert. Wissenschaftler aus verschiedenen Fachrichtungen – Ernährungswissenschaftler, Biologen, Mediziner, Lebensmittelchemiker und Getränkeforscher – haben hierfür Hand in Hand gearbeitet. Koordiniert wurde der Verbund von Prof. Dr. Dr. Dieter Schrenk von der Technischen Universität Kaiserslautern.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Dr. Dieter Schrenk
Technische Universität Kaiserslautern
Fachbereich Chemie – Fachrichtung Lebensmittelchemie und Toxikologie
Erwin-Schrödinger-Staße 52
67663 Kaiserslautern
Tel.: 0631 205-3043
Fax: 0631 205-4398
E-Mail: schrenk@rhrk.uni-kl.de