Dr. Jan Ellenberg, Molekularbiologe (DE)

Jan Ellenberg ist Molekularbiologe am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg und leitet dort die Abteilung „Zellbiologie und Biophysik“. Er erforscht die molekularen und physikalischen Prinzipien der Zellteilung und Zellkernorganisation. 

Porträt Dr. Jan Ellenberg

Dr. Jan Ellenberg

Stuart Ingham, EMBL

Jan Ellenberg studierte Biologie und Biochemie in Hamburg und Berlin und forschte in den USA bis 1999 am National Institute of Health (NIH) in Bethesda. Seit 1999 führt er am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Heidelberg seine eigene Arbeitsgruppe. Zudem leitet Ellenberg dort die Forschungsabteilung für Zellbiologie und Biophysik und ist weiterhin Leiter des EMBL Imaging Centres. Als Molekularbiologe erforscht er vor allem den Zyklus der Zellteilung und die Organisation des Zellkerns. Mit seinem Team konnte er zahlreiche neue Erkenntnisse über die zugrundeliegenden molekularen Prozesse in der Zelle liefern. Langfristig möchte das Team um Ellenberg Methoden zur systematischen Untersuchung der fehlerbehafteten ersten mitotischen Zellteilungen in Embryonen von Säugetieren entwickeln.

2004 wurde Ellenberg mit der Walther-Flemming-Medaille ausgezeichnet und erhielt Ehrendoktorwürden von der Abo Akademi in Finland und der Universität Stockholm in Schweden. Er ist gewähltes Mitglied mehrerer wissenschaftlicher Organisationen, so z. B. der Deutschen Akademie der Wissenschaften – Leopoldina, der Academia Europaea sowie der European Molecular Biology Organization (EMBO).
Weitere Informationen: EMBL/Jan Ellenberg


Abstract
 

Die Verwendung von Embryonen in der Forschung - Herausforderungen und Hindernisse für Deutschland im europäischen Kontext

Die Erforschung der frühen menschlichen Entwicklung birgt ein großes Potenzial, um neue grundlegende Erkenntnisse zu gewinnen und zu einem besseren Verständnis von Krankheiten zu führen. Neue Analyse- und Bildgebungstechnologien ermöglichen erstmals ein molekulares Verständnis davon, wie der Beginn des menschlichen Lebens funktioniert, und geben Aufschluss darüber, warum Unfruchtbarkeit und angeborene Krankheiten auftreten, wie wir sie frühzeitig erkennen, diagnostizieren und schließlich besser, sicherer und wirksamer behandeln können. Zu verstehen, wie menschliches Leben beginnt, ist außerdem wichtig, um einen guten ethischen und rechtlichen Rahmen zu schaffen, damit das neue Wissen verantwortungsvoll zum Wohle unserer Bürger eingesetzt werden kann. 

Die Forschung in unserem Labor konzentriert sich auf die frühesten Schritte der In-vitro-Entwicklung von Mäuse- und Rinderembryonen und stellt ein lehrreiches Beispiel dar. Mithilfe eines neu entwickelten Mikroskops haben wir untersucht, wie sich Säugetierembryonen teilen. Überraschenderweise stellten wir fest, dass die elterlichen Genome bei der ersten embryonalen Teilung voneinander getrennt bleiben. Diese Entdeckung erklärt ein häufiges Problem bei IVF-Behandlungen und könnte es in Zukunft ermöglichen, Embryonen mit hohem Risiko für eine Fehlentwicklung besser zu diagnostizieren. Da das deutsche Embryonenschutzgesetz den menschlichen Embryo durch den "Zeitpunkt der Verschmelzung der Zellkerne" definiert, sollte die Erkenntnis, dass dieser Prozess ganz anders abläuft, auch in eine Aktualisierung des Gesetzes einfließen.

In Deutschland ist die Forschung an Säugetierembryonen auf Labormodelle wie Mäuse oder landwirtschaftliche Tiere wie Schweine und Rinder beschränkt, während die Forschung mit überzähligen menschlichen Embryonen aus IVF-Behandlungen verboten ist. Obwohl Deutschland einige der besten Technologien entwickelt und über führende Zell- und Entwicklungsbiologen verfügt, können diese die frühe menschliche Entwicklung nicht erforschen und keinen Beitrag zur Verbesserung der Qualität der Behandlung von Patienten leisten, die eine Fruchtbarkeitsbehandlung wünschen. Wissenschaftler in Deutschland können nicht einmal mit ihren Kollegen in europäischen oder internationalen Ländern zusammenarbeiten, in denen eine solche Forschung nach gründlicher ethischer Prüfung und Genehmigung durch die Behörden rechtlich möglich ist.

Durch unsere Arbeit haben wir diese Einschränkungen sehr direkt erfahren. Die Veröffentlichung des neuen Mikroskops für Embryonen und unserer Entdeckung damit führte zu Aufmerksamkeit in der wissenschaftlichen und populären Presse und löste zahlreiche Anfragen von europäischen Forschungseinrichtungen aus, mit uns für ihre, national legale, Forschung an menschlichen Embryonen zusammenzuarbeiten. Aufgrund der Rechtslage in Deutschland mussten wir diese Anfragen ablehnen und konnten auch keine technische Unterstützung für solche Studien im Ausland leisten. Diese Situation isoliert die Biowissenschaftler in Deutschland von der sich rasant beschleunigenden Forschung auf diesem Gebiet in Europa und in den USA und erschwert es ihnen, sich an der internationalen ethischen Debatte um die Embryonenforschung zu beteiligen. Wir unterstützen daher die Empfehlung der Leopoldina, die Forschung mit überzähligen menschlichen Embryonen für Ziele von herausragendem Interesse in Deutschland nach internationalen Standards zuzulassen und einen neuen gesetzlichen Rahmen zu schaffen, der dies regelt.

(Übersetzung aus dem Englischen)