Partizipation: Patientinnen und Patienten beteiligen
Partizipation: Patientinnen und Patienten beteiligen
Wenn Patientinnen und Patienten an der medizinischen Forschung beteiligt werden, ist dies für alle ein Gewinn: Betroffene können beeinflussen, was und wie geforscht wird, Forschende können sich stärker am tatsächlichen Bedarf orientieren.
Das wichtigste Ziel der medizinischen Forschung ist es, Krankheiten vorzubeugen, neue und bessere Wege zu ihrer Diagnose und Behandlung zu finden und so das Leben und die Gesundheit der Menschen zu verbessern. Neue Verfahren zu Prävention, Diagnose und Therapie, innovative Produkte und Fortschritte in der Digitalisierung finden umso schneller den Weg aus der Forschung in den Versorgungsalltag, wenn sie auch mit den Wünschen der Zielgruppen im Einklang stehen.
Eine starke Gesundheitsforschung greift deshalb unterschiedliche Bedürfnisse auf und liefert praxisnahe, lösungsorientierte, wissensbasierte Ergebnisse, die sich am tatsächlichen Bedarf ausrichten. Ein Beispiel dafür ist die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und weiteren Akteuren im Jahr 2019 initiierte „Nationale Dekade gegen Krebs“ (NDK). Die NDK hat sich zum Ziel gesetzt, die Krebsforschung voranzubringen und Patientinnen und Patienten in allen Phasen der Forschung zu beteiligen.
Voraussetzung dafür ist es, relevante Akteure schon früh in die Forschung einzubeziehen. Damit sind vor allem Betroffene gemeint und ihre Vertretungen: Sie sollten gehört werden, wenn es um Forschung geht. Beteiligte sollen ihre Erfahrungen, Wünsche und Notwendigkeiten direkt in den Forschungsprozess einbringen können – und zwar von der Formulierung des Forschungsbedarfs über die Projektplanung und -durchführung bis hin zur Verbreitung der Ergebnisse.
Partizipation – Patientenbeteiligung ist mehr als eine bloße Anhörung
International werden für die Begriffe Partizipation bzw. Patientenbeteiligung unterschiedliche Bezeichnungen verwendet. Insbesondere im angelsächsischen Raum wird meist von „Patient and Public Involvement“ (PPI), „Engagement in Research“ oder „Patient and Stakeholder Engagement“ (PSE) gesprochen; in allen Fällen ist die aktive Beteiligung Betroffener gemeint. Dafür gibt es ein breites Spektrum an Möglichkeiten, und zahlreiche Modelle beschreiben unterschiedliche Stufen möglicher Partizipation.
Welcher Zeitpunkt und welches Ausmaß der Patientenbeteiligung sinnvoll ist, hängt von der jeweiligen Fragestellung ab. Fest steht: Die Einbindung von Externen, oft sogar von medizinischen Laien, erfordert einen Kulturwandel. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler müssen unter Umständen bereit sein, etablierte Forschungsabläufe zu ändern. Betroffene müssen gegebenenfalls über Workshops oder Schulungen in die Lage versetzt werden, die Bandbreite an Beteiligungsmöglichkeiten auch ausschöpfen zu können. Das BMBF fördert und begleitet diesen Prozess mit unterschiedlichen Maßnahmen.
Ausgerichtet am Förderbedarf: Das Rahmenprogramm Gesundheitsforschung
Die Bundesregierung trägt dem Gedanken der Beteiligung mit dem Rahmenprogramm Gesundheitsforschung Rechnung. Schon die Erarbeitung des Rahmenprogramms selbst war ein partizipativer Prozess, denn zu seiner Ausformulierung bezog das federführende BMBF in einem Agendaprozess Repräsentanten aus Patienten- und Bürgerschaft ein. „Der Mensch im Mittelpunkt“ lautet eine der beiden Leitlinien des Programms; mit ihr macht die Bundesregierung den Zugang zu wirksamen Gesundheitsinnovationen für alle Menschen zur Richtschnur ihrer Forschungsförderung.
Gesundheitsforschung gemeinsam gestalten
„Es ist das Anliegen der Bundesregierung, die Beteiligung der Gesellschaft an der Forschung weiter zu stärken. Dies ist notwendig für einen erfolgreichen Transfer von Forschungsergebnissen. Um besser verstehen zu können, welches Potenzial Innovationen in der Praxis haben können, müssen die Betroffenen einbezogen werden. Sie bringen zusätzliche Perspektiven und Expertisen in die Forschung ein. Dabei muss der gesamte Förderkreislauf in den Blick genommen werden – von der Programm- und Maßnahmenplanung über die Forschung selbst bis hin zur Verbreitung ihrer Ergebnisse und Evaluation.“
Auszug aus dem Rahmenprogramm Gesundheitsforschung
Partizipative Ansätze in der Krebsforschung
Die Krebsforschung ist ein Beispiel für eine Forschungsdisziplin, in der Patientinnen und Patienten sehr stark eingebunden werden. So initiierte das Europäische Ratspräsidentschafts-Trio Deutschland, Portugal und Slowenien 2020/2021 den sogenannten „Principles-Prozess“. In einer Serie von Workshops mit Teilnehmenden aus Patientenschaft, Forschung, Pharmaindustrie und medizinischen Berufen sowie Förderorganisationen wurden Prinzipien für eine gewinnbringende Patientenbeteiligung an der Krebsforschung formuliert.
Diese Prinzipien fördern (und fordern) eine systematische Einbindung von Betroffenen in die Krebsforschung – ein neues Miteinander, das mit der im Februar 2022 verkündeten „Allianz für Patientenbeteiligung“ weiter gestärkt wird. Das Jahr 2022 wurde im Rahmen der vom BMBF initiierten „Nationalen Dekade gegen Krebs“ (NDK) zum Jahr der Patientenbeteiligung erklärt, aber schon seit Beginn der NDK ist die Partizipation Betroffener an der Forschung ein zentraler Bestandteil aller Maßnahmen. Dem Strategiekreis der Dekade, der Ziele und Handlungsfelder der Dekade definiert, gehören zwei Vertreter aus der Patientenschaft an, in den Arbeitsgruppen und in allen weiteren Gremien der NDK sind Patientenvertretende gleichberechtigte Mitglieder.
Auch in den Begutachtungsprozessen der vom BMBF im Rahmen der Dekade geförderten Maßnahmen sind Patientenvertretende von Beginn an auf Augenhöhe eingebunden.
Ein wichtiger Partner der Nationalen Dekade ist das Deutsche Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg. Dort wurde Ende 2018 der „Patientenbeirat Krebsforschung“ gegründet. Über diesen Beirat wird die Perspektive von Patientinnen und Patienten bei der Weiterentwicklung der Forschungsstrategie des DKFZ und seiner klinischen Forschungsnetzwerke berücksichtigt. Darüber hinaus bietet die Umfrage-Plattform www.fragdiepatienten.de eine Möglichkeit für einen einfachen Meinungsaustausch zwischen Betroffenen und Forschenden.
Klinische Forschung: Betroffene bringen spezifische Erfahrungen und Perspektiven ein
In zahlreichen Förderrichtlinien des BMBF gehört die Beteiligung von Patientinnen und Patienten oder deren Vertretungen zu den Voraussetzungen für eine Zuwendung. Sollte eine Patienteneinbindung nicht möglich sein, braucht es eine Begründung. Dies gilt bei der Erforschung von Volkskrankheiten wie Krebs oder Erkrankungen des Gehirns, insbesondere aber auch bei der Erforschung Seltener Erkrankungen.
Auch in der klinischen Forschung ist Partizipation – Patientenbeteiligung ein immer wichtigeres Thema. So wird bei klinischen Studien zunehmend berücksichtigt, welches Potenzial die Erfahrungen und Perspektiven von Betroffenen bieten. Eine aktive Beteiligung von Betroffenen nennt das BMBF beispielsweise in seinem Leitfaden für die Erstellung von Projektskizzen in der „Richtlinie zur Förderung klinischer Relevanz für die Patientenversorgung“ als Voraussetzung für eine Förderung.
Indem Sie zulassen, dass wir Ihre Besuche auf dieser Webseite anonymisiert mitzählen, helfen Sie uns das Angebot für Nutzerinnen und Nutzer zu optimieren. Dafür verwenden wir Cookies. Die erfassten Daten werden nicht an Dritte weitergegeben. Mehr Informationen finden Sie in unserer Datenschutzerklärung. Wer unsere Dienstleister sind, können Sie im Impressum unter folgendem Link nachlesen: Impressum.
Ablehnen
Akzeptieren
Wir sind an Ihrer Meinung zu dieser Website interessiert!