Jochen Taupitz ist Seniorprofessor für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung in Mannheim. Er gilt als einer der renommiertesten Experten für Medizinethik und ist Träger des Bundesverdienstkreuzes.
Taupitz studierte Jura und war von 1990 bis 2019 Ordinarius für Bürgerliches Recht, Zivilprozessrecht, internationales Privatrecht und Rechtsvergleichung an der Universität Mannheim. Er ist dort weiterhin als Seniorprofessor aktiv. In seiner Forschung beschäftigt er sich mit dem Medizin- und Gesundheitsrecht, legt dabei Wert auf Interdisziplinarität und bezieht Medizin, Medizinethik und Naturwissenschaften mit ein. Taupitz war bis 2022 Direktor des Instituts für Deutsches, Europäisches und Internationales Medizinrecht, Gesundheitsrecht und Bioethik der Universitäten Heidelberg und Mannheim. Er war und ist in Ethikkommissionen tätig und war u.a. von 2012 bis 2016 stellv. Vorsitzender des Deutschen Ethikrates. Für sein gesellschaftliches Engagement wurde er 2018 mit dem Bundesverdienstkreuz geehrt. Er bezieht Stellung in öffentlichen Diskussionen z. B. zur Stammzellforschung und als Mitglied der Nationalen Akademie der Wissenschaften Leopoldina in der AG „Embryonenschutz in Deutschland“.
Weitere Informationen: https://www.jura.uni-mannheim.de/abteilung/lehrende/emeriti/taupitz/
Einführung – die deutsche Rechtslage
Das Embryonenschutzgesetz von 1990 (ESchG) sieht einen weitreichenden Schutz des Embryos in vitro vor, der durch das Stammzellgesetz von 2002 (StZG) ergänzt wird.
Das Embryonenschutzgesetz verbietet u.a. die Forschung mit Embryonen sowie die Herstellung von embryonalen Stammzellen. Das Stammzellgesetz erlaubt lediglich den Import und die Verwendung embryonaler Stammzellen für hochrangige Forschungszwecke, die im Ausland vor dem 01. Mai 2007 hergestellt wurden. Stammzellen aus genetisch geschädigten Embryonen, die nach einer Präimplantationsdiagnostik (PID) nicht mehr zu Fortpflanzungszwecken verwendet werden, dürfen nicht importiert werden, obwohl die PID seit 2011 auch in Deutschland erlaubt ist.
ESchG und StZG tragen dem wissenschaftlichen Fortschritt nur unzureichend Rechnung. Neue Verfahren wie die künstliche Erzeugung von Keimzellen oder von embryoähnlichen Strukturen sind nicht erfasst. Zudem sind die Regelungen des ESchG wenig konsistent. So ist Forschung mit Embryonen selbst dann verboten, wenn diese (z.B. nach einer PID) keine Überlebenschance haben. Hingegen sind das Absterbenlassen und auch das aktive Verwerfen (Töten) von Embryonen erlaubt. Verbotswidrig erzeugte Klone dürfen nicht auf eine Frau übertragen werden, was auf ein Tötungsgebot hinausläuft. Mit der Erlaubnis, bis zu drei Embryonen auf eine Frau zu übertragen, legitimiert das Gesetz die Aufopferung von Embryonen; denn die Nidationschancen bezogen auf den einzelnen Embryo sinken.
Eine Novellierung bzw. die Ablösung der vorhandenen Gesetze durch ein breiter gefasstes Fortpflanzungsmedizingesetz wird seit Jahren vielfach angemahnt. Dem Gesetzgeber steht dabei ein großer Entscheidungsspielraum offen.