James F. Childress ist Fakultätsmitglied des Zentrums für Gesundheitswissenschaften und Ethik an der Universität von Virginia. Er war Professor für Ethik, religiöse Studien, öffentliche Politik und Forschung in der medizinischen Ausbildung.
Nach seiner Promotion an der Yale University schloss sich Childress der Universität von Virginia an, wo er später Gründungsdirektor des Institute for Practical Ethics and Public Life wurde. Außerdem hatte er mehrere Jahre einen Lehrstuhl für Ethik am Kennedy Institute of Ethics der Georgetown University inne Er ist Autor zahlreicher Artikel und mehrerer Bücher zu verschiedenen Bereichen der Ethik. Childress hat gemeinsam mit Tom Beauchamp das „Vier-Prinzipien-Modell“ der Medizinethik entwickelt, in welcher die Prinzipien der Autonomie des Patienten, der Schadensvermeidung, der Fürsorge und der Gerechtigkeit angewendet werden bei der Abwägung für oder gegen bestimmte medizinische Behandlungen.
Childress war 1996-2001 Mitglied der vom Präsidenten ernannten National Bioethics Advisory Commission und ist ein gewähltes Mitglied der National Academy of Medicine. Er hat zahlreiche Stipendien, Preise und Auszeichnungen erhalten, darunter den Thomas Jefferson Award der Universität von Virginia und den Life-time Achievement Award der American Society of Bioethics and Humanities.
Weitere Informationen: James F. Childress - Center for Health Humanities & Ethics (virginia.edu)
Humane Embryonen in der Forschung: Eine Debatte über ethische Grundsätze und den moralischen Status
Dieser Vortrag soll eine öffentliche Debatte ermöglichen, indem die ethischen Argumente für und gegen medizinische Forschung an und mit frühen menschlichen Embryonen und ihren Derivaten untersucht werden. Es werden Schlüsselthemen aus der Perspektive allgemeiner bioethischer Grundsätze analysiert. Das Konzept der Vier Prinzipien beleuchtet (1) Wohltun / Wohltätigkeit (beneficence), das heißt die Generierung von Vorteilen wie der Mehrung medizinischen Wissens und der Entwicklung wirksamer Therapien durch Forschung, und (2) Schadensvermeidung (nonmaleficence), das heißt die Vermeidung schädlicher Eingriffe. Viele unserer Aktivitäten führen neben Aspekten, die das Wohl fördern auch zu schädlichen Eingriffen. In der Folge ist eine ethische Abwägung möglicher Vor- und Nachteile notwendig, um zu einem Nettovorteil zu gelangen, wie er vom Prinzip des Wohltuns gefordert wird.
Bemühungen, Nachteile der humanen Embryonenforschung aufzuzeigen, begegnen Debatten über den moralischen Status des frühen menschlichen Embryos – handelt es sich lediglich um Gewebe, um potenzielles menschliches Leben oder vollständiges menschliches Leben (als Person)? Ist der moralische Status des Embryos statisch oder entwickelt er sich allmählich im Laufe der Zeit? Vor dem Hintergrund des Entwicklungsstadiums der Embryonen, um die es vorliegend geht (nicht älter als 14 Tage, vor der Entwicklung des Primitivstreifens und der Individuation) gibt es Debatten über mögliche Schäden durch Forschung, u.a. Zerstörung, Unwürdigkeit und Respektlosigkeit. Und es gibt Debatten darüber, ob Respekt für den und die Würde des menschlichen Embryos mit Maßnahmen vereinbar sind, die den Embryo zerstören, wie bei der Gewinnung embryonaler Stammzellen. Eine weitere neue Frage ist, wie wir Strukturen, die mit humanen Embryonen vergleichbar sind, z.B. Embryoide aus pluripotenten Stammzellen, betrachten und behandeln sollten.
Es ist außerdem wichtig, Gerechtigkeit (3) und Fairness bei der Verteilung von Vor- und Nachteilen, Lasten und Kosten zu berücksichtigen. Manchmal entsteht ein Spannungsfeld zwischen Fairness und moralischer Distanzierung, zum Beispiel wenn eine Gesellschaft humane Embryonenforschung verbietet, gleichzeitig aber die Vorteile des Wissens oder die Stammzelllinien, die durch die Forschung anderer geschaffen wurden, akzeptiert. In einer solchen Situation wird das Prinzip der Fairness oft angeführt, um moralisches „Trittbrettfahren“ zu kritisieren.
Ein weiteres allgemeines Prinzip ist (4) der Respekt vor der persönlichen Autonomie, der eine freiwillige, informierte Entscheidung untermauert. Eine aktuelle Kontroverse beschäftigt sich damit, welche Optionen Paare haben sollten, wenn sie die nach der IVF vorhandenen Embryos für ihre eigenen reproduktiven Zwecken weder gleich noch künftig nutzen. Insbesondere die Frage, ob sie die Möglichkeit haben sollten, ihre Embryos der Forschung zu spenden, statt sie anderen für deren reproduktive Zwecke zu spenden oder sie einfach zu vernichten.
Dies sind einige der Themen, die dieser Vortrag beleuchtet angesichts verschiedener ethischer Prinzipien und gegensätzlicher Ansichten zum moralischen Status des Embryos.
(Übersetzung aus dem Englischen)