Abgeschnitten von der Umwelt: Wenn ein Schlaganfall Lesen, Schreiben und Sprechen behindert

Studie geht der Aphasie auf den Grund

Mit dem Begriff Aphasie bezeichnen Mediziner Sprachstörungen, die als Folge einer Erkrankung des Gehirns auftreten. Bei den Betroffenen ist nicht immer nur das Sprechen gestört. Viele haben auch Verständnisschwierigkeiten und können nicht mehr richtig lesen oder schreiben. Sie müssen schwere Einschränkungen in ihrem Leben hinnehmen. Alltägliche Dinge wie Telefonieren oder Einkaufen werden zum Problem. "Die häufigste Ursache für eine Aphasie ist der Schlaganfall. In Deutschland rechnet man mit rund 25.000 neuen Aphasien pro Jahr als Folge von Schlaganfällen", sagt PD Dr. Frank Block, leitender Oberarzt der Neurologie am Universitätsklinikum Aachen. In den meisten Fällen handelt es sich dabei um ischämische Schlaganfälle (siehe Infokasten 1). Hierbei kommt es zum plötzlichen Verschluss eines Hirngefäßes – das betroffene Gehirngebiet wird nicht mehr durchblutet und die Nervenzellen drohen abzusterben. Dr. Block und sein Team untersuchen im Rahmen einer vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Studie, wie bei Aphasiepatienten die für die Sprachfunktion zuständigen Hirnbereiche neu organisiert werden. Ihr Ziel ist es, die Betroffenen in Zukunft noch gezielter behandeln zu können.

Kernspintomografie bietet viele Möglichkeiten
Die Wissenschaftler nutzen für ihre Studie die Kernspintomografie (siehe Infokasten 2). Sie bietet dank neuer Techniken viele Möglichkeiten in der Akutdiagnostik und Verlaufskontrolle von Schlaganfällen. So genannte diffusionsgewichtete (DWI: diffusion weighted imaging) und perfusionsgewichtete (PWI: perfusion weighted imaging) Techniken geben zum Beispiel sehr früh nach einem Schlaganfall Antwort auf die Frage, ob und wie viel Gehirngewebe bereits abgestorben ist. Darüber hinaus können sie klären, welche Gebiete zwar von der Durchblutungsstörung betroffen sind, sich prinzipiell aber noch retten lassen. Eine Variante dieser Methode, die funktionelle Kernspintomografie (fMRT), kann zeigen, welche Gehirnareale bei Schlaganfallpatienten mit einer Aphasie aktiv sind. In Verbindung mit der sprachlichen Leistung der Betroffenen werden so auch Rückschlüsse darüber möglich, wie sich das Gehirn nach einem Schlaganfall erholt.

Verlaufsuntersuchungen sind wichtig
Frühere Studien haben mittels funktioneller Kernspintomografie bereits zwei Mechanismen identifiziert, die nach einem Schlaganfall zur Besserung der Sprachstörung beitragen. Entweder werden Gebiete der gleichen Hirnhälfte in der Nähe der betroffenen Region aktiviert oder spiegelbildliche Areale der anderen Hirnhälfte. Das könnte von Bedeutung für die Prognose der Betroffenen sein. Doch die meisten bisherigen Studien haben ein Problem: Die Patienten wurden nicht im Verlauf untersucht, sondern nur zu einem einzigen Zeitpunkt. Da aber für die Erholungsprozesse des Gehirns eine Dynamik anzunehmen ist, hat eine einmalige Untersuchung wenig Aussagekraft.

Ansprechpartner:
PD Dr. med. Frank Block
Neurologische Klinik des UK Aachen
Pauwelsstraße 30
52074 Aachen
Tel.: 0241/80-8 96 25
Fax: 0241/80-8 25 82
E-Mail: fblock@ukaachen.de

Schlaganfall
Über Blutgefäße erhalten die Nervenzellen unseres Gehirns Sauerstoff und Nährstoffe. Ist die Durchblutung plötzlich gestört, werden die Nervenzellen nicht mehr ausreichend versorgt und sterben ab. Das bezeichnet man als Schlaganfall. Häufigste Ursache ist mit 85 Prozent der plötzliche Verschluss eines Blutgefäßes im Gehirn (ischämischer Schlaganfall). Das kann zum einen durch einen Blutpfropf geschehen, der sich auf einer vorgeschädigten Gefäßwand bildet (Thrombus). Zum anderen ist oft ein Blutgerinnsel der Auslöser, das häufig im Herzen oder in der Halsschlagader entsteht, mit dem Blutstrom in die Gefäße des Gehirns gelangt und dort stecken bleibt (Embolus). 15 Prozent der Schlaganfälle werden durch das Einreißen eines Hirngefäßes verursacht, wobei sich Blut in das Hirngewebe ergießt (hämorrhagischer Schlaganfall).

Was ist eigentlich …
… eine Kernspintomografie?
Die Kernspintomografie wird auch als Magnet-Resonanz-Tomografie (MRT) bezeichnet. Dieses diagnostische Verfahren ermöglicht es, alle Körpergewebe in Form von Schnittbildern darzustellen. Dabei können die untersuchten Körperregionen in verschiedenen Ebenen abgebildet werden. Im Gegensatz zu herkömmlichen Röntgenaufnahmen und der Computertomografie werden keine Röntgenstrahlen verwendet, sondern Magnetfelder und elektromagnetische Signale, die Radiowellen ähnlich sind. Der Patient liegt beim MRT in einer Röhre. Sie enthält einen großen zylinderförmigen Magneten, der ein sehr starkes Magnetfeld erzeugen kann. Das Magnetfeld richtet die Kerne der Wasserstoffatome im menschlichen Körper, die normalerweise ungeordnet sind, in die gleiche Richtung aus. Anschließend werden sie mithilfe von elektromagnetischen Wellen aus dieser aufgezwungenen Position ausgelenkt. Schaltet man die elektromagnetischen Wellen wieder aus, springen die Atomkerne in die vom Magnetfeld vorgegebene Position zurück. Dabei geben sie Signale frei, die von Detektoren gemessen und mithilfe eines Computers zu einem digitalen Schnittbild weiterverarbeitet werden. Da nicht alle Gewebe gleich viel Wasser und damit Wasserstoffatome enthalten, werden sie in unterschiedlicher Helligkeit abgebildet. So können sämtliche Gewebe des Körpers differenziert dargestellt und schon kleinste Veränderungen wie Entzündungsherde oder Tumoren aufgedeckt werden. Wichtig bei der Untersuchung ist, dass der Patient ganz ruhig liegt, damit die Bilder nicht verwackeln. Bei Menschen mit Herzschrittmachern oder künstlichen Herzklappen aus Metall darf eine Kernspintomografie nicht durchgeführt werden, da das starke Magnetfeld ihnen schaden kann.