Wie lässt sich die Krebsforschung in Deutschland zukunftsfähiger gestalten? Mario Brandenburg, Vorsitzender des Strategiekreises der Nationalen Dekade gegen Krebs, beschreibt im Interview innovative Strategien des BMBF im Kampf gegen Krebs.
Herr Brandenburg, im Februar hat die Nationale Dekade gegen Krebs ihren vierten Geburtstag gefeiert. Wie blicken Sie auf dieses Jubiläum?
Diesen Geburtstag haben wir zusammen mit allen begangen, die sich unter dem Dach der Dekade gegen Krebs engagieren. Mehr als 120 Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben sich bei unserem Zukunftsforum „Future X Change“ eingebracht, Ideen beigesteuert, sich vernetzt und ausgetauscht. Es war toll, die große Vielfalt des Bündnisses zu spüren. Daher blicke ich mit Stolz und mit Freude darauf. Und mit Vorfreude: auf alles, was wir in Zukunft noch gemeinsam bewegen werden.
Sie sind Parlamentarischer Staatssekretär bei der Bundesministerin für Bildung und Forschung – was macht das Ministerium konkret, um die Krebsforschung voranzubringen?
Wir setzen in der Dekade auf innovative und kreative Wege, um Krebs noch besser zu erforschen. Ein gutes Beispiel dafür ist die „Grand Challenge“, die das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Dekade gegen Krebs gerade veröffentlicht hat: Wir suchen kreative Köpfe aus unterschiedlichen Disziplinen, die ihre Kompetenzen und Ressourcen bündeln, um die drängendsten medizinischen Herausforderungen der Onkologie gemeinsam zu überwinden. Wir suchen auch explizit nach Ideengebern außerhalb der Krebsforschung. Im Wettbewerb um die Förderung stehen nicht nur die sich bewerbenden Teams, sondern auch die Forschungsfragen.
Ein zweites Beispiel: Im Bereich der Krebsprävention kooperieren wir mit der Deutschen Krebshilfe – eine ungewöhnliche öffentlich-private Partnerschaft in der Forschungsförderung. Wir haben uns entschieden, unsere Ressourcen zu bündeln und Forschung zu unterstützen, die hilft, das Krebsrisiko individuell abzuschätzen.
Welche Verbesserungen sollen damit erreicht werden?
Aktuell sind Vorsorgemaßnahmen ausschließlich alters- und geschlechtsspezifisch ausgerichtet. Wenn wir das individuelle Krebsrisiko besser einschätzen können, können wir die Vorsorge entsprechend anpassen. Wer ein hohes Risiko hat, an Krebs zu erkranken, nimmt dann früher und engmaschiger Vorsorgeuntersuchungen wahr. So könnten in Zukunft mehr schwere Krebserkrankungen als bisher verhindert werden.
Aber damit nicht genug: Mit dem Ausbau des Nationalen Centrums für Tumorerkrankungen bringen wir Forschung und Versorgung enger zusammen. Damit Forschungsergebnisse schneller bei den Patientinnen und Patienten ankommen. Das ist „ein Transfer, der Leben rettet“, wie es Bundesforschungsministerin Bettina Stark-Watzinger auf den Punkt gebracht hat.
Welche weiteren Schwerpunkte setzt die Dekade?
Großes Potenzial für die Krebsforschung steckt in Daten. Diesen Schatz müssen wir heben, um mehr Wissen über die Krankheit zu erhalten. Dafür braucht es eine Kultur des Datenteilens.
In von uns geförderten Forschungsverbünden erhalten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler einen niederschwelligen Zugang zu hochqualitativen Daten aus der translationalen, biomedizinischen Krebsforschung und der onkologischen Versorgung. In den Projekten werden neue Methoden der Datenanalyse entwickelt und erprobt. Dies ist die Basis für neue Erkenntnisse.
Sie sind Vorsitzender des Strategiekreises der Nationalen Dekade gegen Krebs. Was ist das Einzigartige dieses Bündnisses?
Mich beeindrucken vor allem die Menschen in dieser Bewegung. Die Einmaligkeit dieses Kreises wird uns auch von außen bestätigt. Vernetzung und Kooperation werden unter dem Dach der Dekade wirklich gelebt, und das motiviert viele Akteure, zusätzliche eigene Maßnahmen zu ergreifen. Der Kreis trägt die Ziele in die ganze Republik und in alle Bereiche: Wissenschaft, Medizin, Gesundheitswirtschaft, Gesellschaft, Politik und Verbände. Dies ist schon jetzt ein einmaliger Erfolg der Dekade.
Hier informieren Sie sich über die bisherigen Ergebnisse, Akteure und Initiativen in der Nationalen Dekade gegen Krebs.