Professor Dr. Olaf Ortmann ist Mitglied des Strategiekreises der Nationalen Dekade gegen Krebs und Vorstandsmitglied der Deutschen Krebsgesellschaft. Er setzt sich für eine wissensgenerierende onkologische Versorgung ein.
Welchen Stellenwert haben Kooperationen von Forschungs- mit Versorgungsakteuren insbesondere in Situationen, in denen schnell gehandelt werden muss?
Die insgesamt 13 onkologischen Spitzenzentren in Deutschland verfügen über sehr gute Möglichkeiten zur Forschung an der Schnittstelle zwischen Labor und Krankenbett. Diese Forschung kann beispielsweise wichtig sein, um die Einführung einer medizinischen Innovation zu begleiten oder Registerstudien durchzuführen. Aber nur durch eine enge Zusammenarbeit mit den Krebszentren, in denen die Betroffenen üblicherweise versorgt werden, profitieren auch jene von diesem Vorteil, die nicht im Einzugsgebiet eines Spitzenzentrums wohnen.
Sie bezeichnen die „wissensgenerierende onkologische Versorgung“ als Schlüssel zum Erfolg der Krebsforschung. Was ist damit gemeint?
Leider gelangen neue Forschungsergebnisse derzeit oft nur schleppend in die Versorgung. Andererseits fehlt es an zielgerichteter Forschung, die uns hilft, die Versorgung für die Patientinnen und Patienten zu verbessern. Das Konzept der wissensgenerierenden Versorgung setzt auf einen Prozess des fließenden Austauschs zwischen Versorgung und Forschung: Offene Fragen aus der Krebsversorgung werden von klinischen Forschern aufgegriffen und bearbeitet. Ihre veröffentlichten Forschungsergebnisse fließen zurück in die Versorgung und müssen sich dort bewähren. Damit der Austausch zwischen Forschungs- und Versorgungssektor funktionieren kann, brauchen wir eine Vielzahl versorgungsnaher Daten von hoher Datenqualität.
Die Corona-Pandemie hat deutlich gemacht, dass hierzulande Ausbaupotenzial bei verfüg- und nutzbaren Versorgungsdaten besteht. Woran liegt das und wie kann das verbessert werden?
Tatsächlich stehen, zumindest in der Onkologie, einige Quellen mit Versorgungsdaten zur Verfügung, die eine retrospektive Analyse erlauben, also eine Auswertung des Versorgungsgeschehens im Nachhinein. Man kann aus einer solchen retrospektiven Analyse viel lernen, wenn die Datenqualität stimmt. Welche Kriterien dafür erfüllt sein müssen und wie diese Daten vernetzt werden können, damit beschäftigen wir uns unter anderem in unserer Arbeitsgruppe „Wissen generieren durch Vernetzung von Forschung und Versorgung“ im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs.
Stellt die Datenqualität aus Ihrer Sicht die größte Hürde dar, um Forschungsergebnisse schnell ans Krankenbett zu bringen?
Ja. Die Qualität versorgungsnaher Daten muss hoch sein. Sie sollten klinische Informationen in anonymisierter Form enthalten und einen möglichst vollständigen Überblick über eine bestimmte Indikation ermöglichen. Darüber hinaus sollten sich die Datensätze verschiedener Datenquellen miteinander verknüpfen lassen. Nicht alle verfügbaren Quellen erfüllen diese Bedingungen. Hier werden Standards benötigt.
Wie kann es gelingen, diese Hindernisse mit Hilfe der Nationalen Dekade gegen Krebs abzubauen?
Die Dekade bringt Fachleute mit unterschiedlicher Expertise und aus unterschiedlichen Disziplinen zusammen, damit sie gemeinsam nach Lösungen suchen. Wir sollten vermeiden, dass jeder gesonderte Lösungen verfolgt, und ein Konzept vorlegen, das breite Zustimmung findet und für viele Fragestellungen nutzbar ist. Durch die Beteiligung der Politik wird es hoffentlich leichter, die Hürden auf dem Weg zu einer wissensgenerierenden onkologischen Versorgung abzubauen.
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Hier informieren Sie sich über die bisherigen Ergebnisse, Akteure und Initiativen in der Nationalen Dekade gegen Krebs.
Ansprechpartnerin:
Katrin Benninghoff
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Kapelle-Ufer 1
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Katrin.Benninghoff@bmbf.bund.de
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