Richtlinie zur Förderung von Projekten zu „Medizintechnische Lösungen bei Multimorbidität“

vom 08.08.2013 - Abgabetermin: 30.11.2013

Vom 29. Juli 2013

1 Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

Die Bekanntmachung „Medizintechnische Lösungen bei Multimorbidität“ leitet sich aus den Handlungsempfehlungen des Nationalen Strategieprozesses "Innovationen in der Medizintechnik" ab. In Umsetzung des Nationalen Strategieprozesses ist es das Ziel dieser Fördermaßnahme, einen aktiven Beitrag im Bereich der medizintechnischen Forschung und Entwicklung (FuE) zu leisten, um die Patientenversorgung zu verbessern, die Wettbewerbsfähigkeit der Branche zu steigern, die Leistungsfähigkeit des Gesundheitssystems auszubauen sowie die Innovationskraft der medizintechnischen Forschung zu stärken. Mit dem Thema „Multimorbidität“ greift die Bekanntmachung auch die Forschungsagenda der Bundesregierung zum Thema „demographischer Wandel“, insbesondere das Forschungsfeld „Älter werden bei guter Gesundheit“ auf.

Mit der Fördermaßnahme „Medizintechnische Lösungen bei Multimorbidität" soll hierbei eine anwendungsnahe sowie am Bedarf ausgerichtete Forschung in einem Themengebiet unterstützt werden, das eine der drängendsten gesamtgesellschaftlichen Herausforderungen in den Fokus rückt. Die hierfür notwendige Vernetzung der Akteure soll einen Beitrag zur langfristigen Entwicklung der Medizintechnik als Schlüsselbranche für ein integriertes Versorgungsmanagement leisten.

1.1 Zuwendungszweck

Chronische Krankheiten zählen heute in den Industrie- und Schwellenländern zu den häufigsten und gesundheitsökonomisch bedeutsamsten Gesundheitsproblemen. Insbesondere Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Krebserkrankungen, chronische Lungenerkrankungen, muskuloskelettale Erkrankungen, psychische Erkrankungen und Diabetes mellitus sind weit verbreitet und dominieren inzwischen in weiten Teilen der Welt die Todesursachenstatistik. Sie haben erhebliche sozioökonomische Folgen durch verlorene Lebensjahre, verringerte Arbeitsfähigkeit, erhöhte Pflegebedürftigkeit und eingeschränkte Lebensqualität sowie die entstehenden Krankheitskosten selbst. Mehr noch, das Vorkommen einer Multimorbidität, also einer zumeist chronischen Mehrfacherkrankung, bei der in der Regel mehrere Organsysteme betroffen sind, ist für die gesundheitliche Lage weiter Teile der Bevölkerung charakteristisch. Mit zunehmendem Alter bestehen derartige Mehrfacherkrankungen jedoch nicht mehr unabhängig voneinander, vielmehr greifen Krankheitsfolgen, damit verbundene Funktionseinschränkungen sowie erforderliche pharmazeutische, aber auch akut- und rehabilitationsmedizinische Therapien in komplexer Weise ineinander.

Hieraus resultiert für die Betroffenen ein hohes Risiko, dass die Behandlung einzelner Erkrankungen die Verschlechterung anderer Erkrankungen zur Folge hat und im Ergebnis auftretende Fehl- oder Minderfunktionen von Organsystemen nicht mehr kompensiert werden können. Damit sind Einbußen an unabhängiger Lebensführung, Sozialkontakten, gesundheitlichen Ressourcen und Lebensqualität verbunden, außerdem ergibt sich häufig ein vielschichtiger und ausgesprochen individueller Behandlungsbedarf. Die individuellen Behandlungskonzepte müssen besser koordiniert und aufeinander abgestimmt werden.

Vor diesem Hintergrund müssen effektive Ansätze entwickelt werden, um dem Auftreten neuer Erkrankungen präventiv entgegenzuwirken, das Fortschreiten bestehender Erkrankungen zu vermeiden, das Ausmaß notwendiger akutmedizinischer Eingriffe bestmöglich zu reduzieren und eine effektive frührehabilitations- und rehabilitationsmedizinische Behandlung älterer Patientinnen und Patienten zu gewährleisten. Hierfür bedarf es eines angepassten Zugangs zum Patienten sowohl in medizinischer wie in organisatorischer Sicht.

Medizintechnische Lösungen bieten diesbezüglich ein enormes Potenzial. Das Ziel von medizintechnischen Produktinnovationen sollte es im Rahmen dieser Maßnahme sein, das Risiko einer Behandlungsbedürftigkeit einer Mehrfacherkrankung durch präventive Maßnahmen zu senken, den Krankheitsverlauf zu verlangsamen, das therapiebedingte Auftreten weiterer Erkrankungen zu verhindern und insbesondere Wechselwirkungen zwischen einzelnen Erkrankungen zu minimieren. Hierbei sind insbesondere Funktionseinschränkungen so schnell, so minimal-invasiv und so umfassend wie möglich zu beheben oder zumindest hinsichtlich ihres Ausmaßes abzuschwächen. Relevante temporäre oder dauerhafte Funktionseinschränkungen der Patienten betreffen den Bewegungsapparat (z. B. längere Zeiten der Immobilität, der herabgesetzten körperlichen Belastbarkeit, der Instabilität oder Sturzneigung), das Nervensystem (z. B. Kommunikations-, Seh-, Hör-, Angst- oder Kognitionsstörungen), Störungen des Gastrointestinal- oder des Urogenitaltrakts, aber auch Komplikationen, Wunden, Schmerzen nach chirurgischen oder anderen medizinischen Maßnahmen oder Medikationsprobleme.

1.2 Rechtsgrundlage

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu den §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

Diese Förderrichtlinien gelten in Verbindung mit dem Rahmenprogramm Gesundheitsforschung.

Zuwendungen an wirtschaftlich tätige Antragsteller sind in der Regel staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Sie werden in diesem Fall als Einzelbeihilfen nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung – AGVO) (ABl. L 214 vom 9.8.2008, S. 3) gewährt und unterliegen den Beschränkungen nach Artikel 31 AGVO. Dadurch sind sie im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 AEUV mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt.

Eingereichte Projektvorschläge stehen zueinander im Wettbewerb.

2 Gegenstand der Förderung

Gegenstand der Förderung sind unternehmensgeführte, risikoreiche und vorwettbewerbliche FuE-Vorhaben in Form von Verbundprojekten, in denen die Erarbeitung von neuen marktfähigen medizintechnischen Lösungen angestrebt wird. Ein Verbund sollte in der Regel mindestens aus zwei gewerblichen Unternehmen (kleine und mittlere Unternehmen — KMU oder Großunternehmen) zusammengesetzt sein. Forschungsgruppen aus universitären oder außeruniversitären Forschungseinrichtungen, die zur Umsetzung der medizintechnischen Lösung wesentlich beitragen, können ebenfalls Bestandteil eines Verbundes sein. Aus volkswirtschaftlicher Sicht ist ein maßgebliches Ziel der FuE-Verbundprojekte die nachhaltige Stärkung der Unternehmen am Markt durch die standbezogene Umsetzung der FuE-Ergebnisse in innovative Produkte aus dem Bereich der Medizintechnik. Zusätzliches Ergebnis der Verwertung können Dienst­leistungen oder andere Güter der Gesundheitswirtschaft sein.

Ein weiteres Ziel der Verbundprojekte ist es, Unternehmen zur Erarbeitung von komplexen Lösungen miteinander zu vernetzen. Die Vernetzung kann entsprechend des multimorbiden Krankheitsbildes in den Bereichen Diagnose, Therapie, Nachsorge und Rehabilitation entlang der Versorgungskette vorrangig im klinischen Umfeld erfolgen.

Im Zentrum der Förderung stehen medizintechnische Lösungen für multimorbide Patienten. Unter den Begriff „Medizintechnik“ fallen im Sinne dieser Bekanntmachung Produkte, deren Inverkehrbringen dem deutschen Medizinproduktegesetz in der jeweils aktuell gültigen Fassung unterliegt. Unter dem Begriff „Multimorbidität“ im Sinne der Bekanntmachung werden das gleichzeitige Auftreten bzw. Bestehen mehrerer Krankheiten bei einem Patienten verstanden, die im Behandlungsfall sich wechselseitig beeinflussen können. Die Projekte sollen, dem anwendungsnahen und marktorientierten Charakter der Fördermaßnahme entsprechend, vorrangig Produktinnovationen und deren Integration in bestehende Behandlungsprozesse verfolgen. Reine Dienstleistungs- oder Prozessinnovationen können nur dann Ziel eines Projekts sein, wenn ihnen im Rahmen der Verwertung ein skalierbares gewerbliches Geschäftsmodell zugrunde liegt.

Aus medizinischer Sicht sollten die avisierten medizintechnischen Lösungen eines oder mehrere der nachfolgenden Merkmalkomplexe bei multimorbiden Patienten signifikant positiv beeinflussen:

  • akute oder chronische Immobilisierung durch Akutereignis (z. B. Frakturen), Akuteingriff (z. B. Strahlen- oder Chemotherapie bei Krebs) oder Akutverschlechterung degenerativer Erkrankungen (z. B. Niereninsuffizienz)
  • akut herabgesetzte Belastbarkeit und/oder verminderte Immunlage angesichts einer akuten Verschlechterung einer internistischen Grundkrankheit (z. B. Herzinsuffizienz) oder einer akuten schweren Infektion (z. B. Pneumonien)
  • motorische Instabilität als Folge einer neurologischen Grunderkrankung oder einer akuten Erkrankung oder hieraus resultierende Gangunsicherheit und/oder Sturzneigung
  • multimorbiditäts-assoziierte Komplikationen nach operativen Eingriffen oder anderen medizinischen Maßnahmen
  • kognitive Störungen sowie Einschränkungen der Kommunikationsfähigkeit als Folge einer internistischen Grunderkrankung
  • chronische Wunden, postoperative Wundkomplikationen sowie neuropathische Schmerzen infolge einer internistischen Grunderkrankung
  • multimorbiditäts-assoziierte Störungen des Gastrointestinal- oder des Urogenitaltrakts

Eine weitergehende indikationsbezogene Einschränkung besteht nicht.

Die erarbeiteten Lösungen sollten eine Antwort auf den besonderen Bedarf bei mehrfach erkrankten Patienten bereitstellen. Dieser ergibt sich auf der Behandlungsebene, wenn Standardmethoden auf multimorbide Patienten nicht anwendbar sind und weniger effektive Methoden verwendet werden müssen oder wenn mit der Behandlungsmethode das Risiko einer Verschlechterung eines weiteren Krankheitsbildes erhöht wird.

Besonderer Handlungsbedarf für medizintechnische Lösungen wird entlang der gesamten Versorgungskette von multimorbiden Patienten insbesondere auf folgenden Bereichen gesehen:

Prävention einer Mehrfacherkrankung

Ziel ist es, bei einem erkrankten Patienten das Risiko durch eine Mehrfacherkrankung frühzeitig zu erkennen und zu beeinflussen, bevor eine therapeutische Behandlung einer Zusatz- oder Folgeerkrankungen notwendig wird oder die Behandlung auf eine Mehrfacherkrankung ausgerichtet werden muss. Ausgeschlossen sind Lösungen zur allgemeinen Prävention von chronischen Erkrankungen.

Diagnose

Das Ziel liegt in der möglichst schnellen und umfassenden Erfassung der Krankheitsbilder zum Beispiel bei Aufnahmefall in ein Krankenhaus, im Notfall oder in der Therapie vorbereitenden Ambulanz. Lösungen sollten vorrangig auf die Erstellung eines umfassenden Morbiditätsprofils des Patienten ausgerichtet sein, wobei insbesondere das Vorhandensein und der Schweregrad von Ko-Erkrankungen möglichst präzise und schnell diagnostiziert werden sollte.

Therapie

Hauptschwerpunkt ist die Bereitstellung von neuen therapeutischen Ansätzen für multimorbide Patienten. Folgende Ziele werden vorrangig verfolgt:

  • Reduktion des Risikos einer Übermedikation, der kurzfristige Wiedereinweisung oder der Revisionsoperation nach operativem Eingriff
  • Vermeidung einer Dauermedikation durch langfristige Behandlungseffekte
  • möglichst weitreichende oder langanhaltende Selbstversorgung des Patienten
  • Verwendung von Techniken mit geringen Wechselwirkungen zu anderen Indikationen
  • Reduktion systemischer Effekte
  • Verwendung von minimal- oder nicht-invasiven Methoden
  • Reduktion von Verweildauern im Krankenhaus
  • Verfahren, die insbesondere auch beim multimorbiden Patienten, z. B. mit Herz- oder Niereninsuffizienz, eingesetzt werden können.

Rehabilitation und Nachsorge

In diesen Phasen gilt es, die Mobilität und Autonomie der Patienten möglichst schnell wieder herzustellen, um dem Patienten eine ambulante Behandlung, z. B. anhand mobiler Therapiesysteme, zu erlauben. Ein weiteres Ziel ist die Prävention bzw. die Früherkennung von Rückfällen sowie das Therapie-Monitoring über mobile Systeme im Anschluss an die Behandlungsphase.

Informationsmanagement

Die Diagnose und Behandlung von Mehrfacherkrankungen setzt vermehrt die Erfassung einer Vielzahl medizinischer Daten voraus. Diese Daten müssen zudem indikationsübergreifend und über einen langen Zeitraum verfügbar gemacht werden. Nutzer sind Patienten, Hausärzte und Kliniken mit unterschiedlichen Spezialitäten, die zum Zeitpunkt der Erstellung des Datensystems noch nicht einbezogen oder erkennbar sind. In begrenztem Umfang gefördert werden daher Modellprojekte zur intelligenten Erfassung, Verarbeitung und Fusion von medizinischen Daten aus unterschiedlichen Quellen zwecks Vernetzung von Akteuren, die in der Versorgung von multimorbiden Patienten entscheidend sind. Ebenso wichtig sind Lösungen zur Aufbereitung von Daten aus unterschiedlichen Quellen in einer Weise, die allen Beteiligten ein Verständnis ermöglicht und sie bei Entscheidungen unterstützen kann (Dashboard-Konzepte).

Die Auflistung ist beispielhaft und nicht als vollständig anzusehen. Es können auch Projekte in nicht explizit genannten Indikationsfeldern, Behandlungspfaden oder Anwendungsfeldern gefördert werden, solange die den Projekten zugrunde liegenden Produktideen einen Beitrag zur Realisation medizintechnischer Lösungen für die Behandlung multimorbider Patienten leisten.

Entscheidend für die Zielstellung des jeweiligen Projekts ist eine für eine erfolgreiche Markterschließung geeignete Vorgehensweise. Im Rahmen der vorzulegenden Verwertungspläne sollen die Antragsteller ihre Konzepte für die anschließende Produktentwicklung einschließlich eines skalierbaren Herstellungsprozesses, Marktzulassung bzw. Zertifizierung und Markteintritt darlegen. Letztbezüglich sollte der Verwertungsplan auch die Einbettung der Produktinnovation in das zugrundeliegende Behandlungs- und/oder Versorgungsszenario geeignet darlegen.

Gegenstand der Förderung können neben technologischen Fragen auch präklinische Untersuchungen sowie frühe klinische Machbarkeitsstudien sein. Derartige klinische Studien sind im Umfang nachvollziehbar zu begrenzen und nur zulässig, sofern die Ergebnisse nicht im Rahmen geeigneter präklinischer Untersuchungen erarbeitet werden können. Sie sollen die Effizienz des Entwicklungsprozesses von Medizinprodukten erhöhen und sind nicht dazu vorgesehen, die Sicherheit und Leistungsfähigkeit des finalen Designs eines Medizinprodukts zu belegen. Klinische Prüfungen im Rahmen der klinischen Bewertung als zentraler Bestandteil des Konformitätsbewertungsverfahrens (Richtlinie 93/42/EWG in Verbindung mit 2007/47/EG, sogenannte „Zulassungsstudien“) sind nicht Gegenstand der Förderung.

Medizintechnische Lösungen bei Multimorbidität treffen auf einen sehr komplexen Versorgungsalltag. Diesen Versorgungsalltag gilt es für alle Beteiligten innerhalb der Verbundprojekte problembezogen transparent zu machen. Im Rahmen dieser Bekanntmachung wird daher den Forschungskonsortien die Möglichkeit zur Durchführung von Aktivitäten zur projektbegleitenden Versorgungsforschung gewährt, um frühzeitig im Entwicklungsprozess eine Abbildung der Versorgungsrealität zu ermöglichen. Diese Begleitaktivitäten sollen über alle Verbundprojekte hinweg vernetzt werden, um das Bedarfsfeld Multimorbidität und das diesbezügliche Potenzial der Medizintechnik gebündelt aufzuzeigen.

Die Laufzeit der Verbundprojekte beträgt in der Regel drei Jahre. Abweichungen von dieser Laufzeit sind gesondert zu begründen.

3 Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft (mit Sitz und überwiegender Ergebnisverwertung in Deutschland), Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen.

Die Beteiligung von KMU im Sinne der Definition der Europäischen Kommission wird ausdrücklich unterstützt und bei der Projektbegutachtung berücksichtigt.

Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen ergänzend zu ihrer Grundfinanzierung eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

Das BMBF ist bestrebt, den Anteil der Fachhochschulen in der Forschungsförderung zu erhöhen. Fachhochschulen sind deshalb besonders aufgefordert, sich an den Verbundprojekten zu beteiligen.

4 Zuwendungsvoraussetzungen

Die Förderung zielt ab auf FuE-Verbundprojekte, die von Unternehmen initiiert und koordiniert werden. Die Vorhaben sollen entlang der Wertschöpfungskette strukturiert sein. Eine Förderung von Einzelvorhaben sowie von Verbundvorhaben allein zwischen wissenschaftlichen Partnern ist nicht beabsichtigt.

Gefördert werden Vorhaben der industriellen Forschung und experimentellen Entwicklung, die gekennzeichnet sind durch ein signifikantes wissenschaftlich-technisches Risiko und eine überwiegende Verwertung am Standort. Förderungswürdig sind hierbei insbesondere Verbundprojekte mit einem oder mehreren nachfolgenden Charakteristika:

  • Verbundprojekte mehrerer Unternehmen, die an verschiedenen Stufen eines konkreten klinischen Behandlungs­pfades aufeinander abgestimmte Lösungsansätze verfolgen
  • Verbundprojekte mehrerer Unternehmen, die ihre Expertise in unterschiedlichen Indikationsfeldern zusammenführen, um gezielt Innovationen in diesbezüglichen Fällen von Komorbidität zu adressieren
  • Verbundprojekte mehrerer Unternehmen, die die gemeinschaftliche Verwertung eines medizintechnischen Systems oder einer Prozesslösung innerhalb eines Behandlungspfades anstreben
  • Verbundprojekte, die die Grundlagen für eine spätere Produktentwicklung legen.

In die Projekte sind in aller Regel klinische Anwender entsprechend der Nähe zur klinischen Anwendung geeignet einzubinden. Im Hinblick auf die Förderung klinischer Studien sind die nationalen rechtlichen Vorgaben (u. a. MPG, MPKPV) sowie die durch internationale Standards (u. a. Deklaration von Helsinki, ICH-Leitlinie zur Guten Klinischen Praxis) vorgegebenen Maßstäbe zugrunde zu legen.

Die Verbundprojekte sollen das Versorgungsszenario, zu dessen Lösung sie maßgeblich beitragen wollen, den diesbezüglichen Forschungsgegenstand und die hieraus resultierende Produktinnovation vollständig beschreiben. Hierbei sind isolierte Einzellösungen zugunsten von Ansätzen zu vermeiden, bei denen die medizintechnische Lösung nachvollziehbar in einen konkreten Behandlungspfad integriert wird. Hierzu können Versorgungsforscher mit dem Ziel einer projektbegleitenden prognostischen Versorgungsforschung geeignet in die Verbünde eingebunden werden.

Antragsteller sollen sich – auch im eigenen Interesse – im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden.

Die Partner eines „Verbundprojekts“ haben ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln. Vor der Förderentscheidung muss eine grundsätzliche Übereinkunft über bestimmte vom BMBF vorgegebene Kriterien nachgewiesen werden. Einzelheiten können einem BMBF-Merkblatt – Vordruck 0110/10.08 entnommen werden.

5 Art und Umfang, Höhe der Zuwendung

Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden.

Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die in der Regel – je nach Anwendungsnähe des Vorhabens – bis zu 50 % anteilfinanziert werden können. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung – grundsätzlich mindestens 50 % der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten – vorausgesetzt.

Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft – FhG – die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die individuell bis zu 100 % gefördert werden können.

Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche Beihilfen für Forschung, Entwicklung und Innovation (FEuI-Beihilfen) berücksichtigen. Dieser Gemeinschaftsrahmen lässt für KMU differenzierte Aufschläge zu, die gegebenenfalls zu einer höheren Förderquote führen können.

Es wird erwartet, dass sich Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft im Hinblick auf die Umsetzungsnähe ent­sprechend ihrer Leistungsfähigkeit an den Aufwendungen der Hochschulen und öffentlich finanzierten Forschungseinrichtungen angemessen beteiligen, sofern letztere als Verbundpartner mitwirken. Als angemessen gilt in der Regel, wenn in Summe über den Verbund eine Eigenbeteiligung der Verbundpartner in Höhe von mindestens 50 % an den Gesamtkosten/-ausgaben des Verbundprojekts (zuzüglich gegebenenfalls zu gewährender Boni für KMU und gegebenenfalls in den Aufwendungen von Hochschulen enthaltener Projektpauschalen sowie gegebenenfalls Aufwendungen für projektbegleitende Versorgungsforschung bis zu 10 % der Gesamtkosten/-ausgaben des Verbundprojekts) angestrebt wird.

6 Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil eines Zuwendungsbescheids auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF98).

Bestandteil eines Zuwendungsbescheids auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF98).

Die eingereichten Projektvorschläge stehen untereinander im Wettbewerb.

7 Verfahren

Die Vorlage der Projektskizzen ist in zwei Ausschreibungsrunden vorgesehen, wobei der zweite Ausschreibungstermin noch bekannt gegeben wird.

7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen

Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme „Medizintechnische Lösungen bei Multimorbidität“ hat das BMBF seinen Projektträger Gesundheitswirtschaft, Bereich Medizintechnik

VDI Technologiezentrum GmbH
Stichwort „Multimorbidität“
Dr. Régis Cartier
Johannisstraße 5 – 6
10117 Berlin

Telefon: 0 30-2 75 95 06-49
Telefax: 0 30-2 75 95 06-59
E-Mail: pt_gesundheitswirtschaft@vdi.de

beauftragt. Das VDI Technologiezentrum ist außerdem Ansprechpartner für alle Fragen zur Abwicklung der Bekanntmachung. Es wird empfohlen, zur Antragsberatung mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Weitere Informationen und Erläuterungen sind dort erhältlich.

Vordrucke für Förderanträge, Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können im Internet abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden.

Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen (siehe unter Nummer 7.2.2) wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen.

7.2 Zweistufiges Förderverfahren

Das Förderverfahren ist zweistufig angelegt.

7.2.1 Vorlage und Auswahl von Projektskizzen

In der ersten Stufe sind zunächst dem Projektträger Gesundheitswirtschaft, Bereich Medizintechnik, angesiedelt an der VDI Technologiezentrum GmbH, Berlin, Projektskizzen vorzulegen. Die Vorlagefrist für die erste Ausschreibungsrunde endet am

30. November 2013

Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Projektskizzen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden. Aus der Vorlage einer Projektskizze kann ein Rechtsanspruch nicht abgeleitet werden.

Die Verbundpartner reichen, vertreten durch den Koordinator, eine gemeinsame, begutachtungsfähige Projektskizze im Umfang von maximal 15 DIN-A4-Seiten (ohne Deckblatt und die beiden Tabellenanlagen, Schriftgrad 12) beim Projektträger über das Internetportal Medizintechnik-Multimorbidität online ein. Die für eine Beteiligung an der Bekanntmachung benötigten Informationen sind dort verfügbar. Es wird empfohlen, bereits bei der Erstellung der Projektskizze Kontakt mit dem zuständigen Projektträger aufzunehmen.

Projektskizzen müssen einen konkreten Bezug zu den Kriterien dieser Bekanntmachung aufweisen und alle wesent­lichen Aussagen zur Beurteilung und Bewertung enthalten. Sie dürfen nicht mehr als 15 Seiten (Schriftart Arial, Schriftgröße mindestens 11 pt, Zeilenabstand mindestens einfach) umfassen. Damit die Onlineversion der Projektskizze Bestandskraft erlangt, muss diese zusätzlich spätestens fünf Werktage nach den oben genannten Terminen unterschrieben beim beauftragten Projektträger unter der oben angegebenen Anschrift vorgelegt werden. Projektskizzen, die diese Vorgaben nicht erfüllen, können von der Bewertung ausgeschlossen und ohne weitere Begründung abgelehnt werden.

Den Projektskizzen ist eine Darstellung mit folgender Gliederung beizufügen:

  1. Thema und Zielsetzung des Vorhabens
  2. Stand der Wissenschaft und Technik, Neuheit des Lösungsansatzes, eigene Vorarbeiten zur Fragestellung des Vorhabens, Patentlage mit Bewertung im Hinblick auf die Verwertung der Ergebnisse
  3. klinische und sozioökonomische Bedeutung, relevanter Versorgungsbedarf, Marktpotenzial, wirtschaftliche Konkurrenzsituation
  4. Notwendigkeit der Zuwendung: Wissenschaftlich-technisches und wirtschaftliches Risiko mit Begründung der Notwendigkeit staatlicher Förderung
  5. Kurzdarstellung der beantragenden Unternehmen (Mitarbeiterzahl, Jahresumsatz, Anzahl der Schutzrechte, die das Unternehmen hält, Anzahl der in den letzten zwei Jahren beantragten Schutzrechte), konkrete Darlegung der Geschäftsmodelle, des Marktzugangs und der Marktperspektiven mit Zeithorizont und Planzahlen, Darstellung des aufzubringenden Eigenanteils, Darstellung der Kompetenzen der Projektpartner
  6. Verbundstruktur und Arbeitsplan mit Arbeitspaketen aller beteiligten Partner, Definition von Meilensteinen mit messbaren bzw. nachprüfbaren Kriterien, Definition von Übergabepunkten
  7. rechtliche und ethische Rahmenbedingungen
  8. Finanzierungsplan
  9. Verwertungsplan (wirtschaftliche und wissenschaftlich-technische Erfolgsaussichten, Nutzungsmöglichkeiten und Anschlussfähigkeit), kurzer Geschäftsplan inkl. einer Vermarktungsstrategie, Aussagen zur standortbezogenen Verwertung
  10. gilt nur bei geplanter Klinischer Studie: Antragskizze für eine klinische Studie muss vorgelegt werden.

Aus der Vorlage einer Projektskizze kann kein Rechtsanspruch abgeleitet werden.

Die eingegangenen Projektskizzen werden nach folgenden Kriterien bewertet:

  • Bedeutung des Forschungsziels: gesellschaftlicher und versorgungsseitiger Bedarf, Produktrelevanz, Relevanz für die Gesundheitswirtschaft
  • wissenschaftlich-technische Qualität des Lösungsansatzes und der Arbeitsplanung
  • Innovationshöhe des wissenschaftlich-technischen Konzepts
  • technologisches und wirtschaftliches Potenzial
  • Qualifikation der Partner, Kompetenzen der Partner im Innovationsmanagement
  • Qualität des Projektmanagements und der Verbundstruktur, substanzielle Beteiligung von technischen Entwicklern und Anwendern der Gesundheitsversorgung
  • Qualität und Umsetzbarkeit des Verwertungsplans, Kommerzialisierungsperspektive, Marktpotenzial, Vermarktungsstrategie
  • Beitrag des Projekts zur zukünftigen Positionierung des Unternehmens am Markt
  • Abschätzung der mit den wissenschaftlich-technischen Innovationen verbundenen sozioökonomischen und wirtschaftlichen Chancen und Risiken
  • Qualität und Umsetzbarkeit der Klinischen Studie (gilt nur bei geplanter klinischer Studie)

Auf der Grundlage der Bewertung werden die für eine Förderung geeigneten Projektideen ausgewählt. Die eingereichten Projektvorschläge stehen untereinander im Wettbewerb. Das BMBF behält sich vor, sich bei der Förderentscheidung unter Verwendung der eingereichten Unterlagen durch unabhängige Experten beraten zu lassen.

Der Antragsteller hat keinen Rechtsanspruch auf Rückgabe einer eingereichten Projektskizze.

7.2.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

In der zweiten Verfahrensstufe werden die Interessenten bei positiv bewerteten Projektskizzen vom Projektträger aufgefordert, einen förmlichen Förderantrag vorzulegen, über den nach abschließender Prüfung entschieden wird.

Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen.

Hier können auch Vordrucke für Förderanträge, Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen abgerufen werden. Alternativ können diese auch unmittelbar beim Projektträger angefordert werden.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheids und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie die §§ 48 bis 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8 Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinie tritt nach dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.

Berlin, den 29. Juli 2013

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag
Dr. Obele