Allianz zwischen Herzerkrankungen und Depressionen: Spurensuche zum ACE-Gen

Veränderungen im ACE-Gen erhöhen möglicherweise das Risiko für Depressionen und kardiovaskuläre Erkrankungen. Forschungen der letzten Jahre zeigten bereits, dass zwischen kardiovaskulären Erkrankungen und depressiven Störungen eine unheilvolle Allianz besteht: Koronare Herzerkrankungen (KHE) steigern das Risiko für Depressionen, diese wiederum verschlechtern die Prognose bei KHE.

Eine Schlüsselrolle spielt dabei offensichtlich das Gen für das Angiotensin-Converting-Enzym (ACE-Gen), das die Entstehung von koronaren Herzerkrankungen beeinflusst. Zu diesem Ergebnis kamen Wissenschaftler der Ludwig-Maximilians-Universität München in einem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) geförderten Projekt.


In den letzten Jahren finden sich zunehmend Anhaltspunkte dafür, dass genetische Varianten an der Entstehung von Depressionen beteiligt sind. Dabei hat sich das ACE-Gen als vielversprechender Ansatzpunkt erwiesen. Bekannt war bereits, dass Vatianten im ACE-Gen das Risiko für koronare Herzerkrankungen erhöhen. Diese Krankheiten können ihrerseits schwere Depressionen, sogenannte Major-Depressionen, fördern. Die neuen Ergebnisse zeigen nun, dass genetische Varianten im ACE-Gen auch einen direkten Einfluss auf die Ausbildung einer Depression haben. ACE kommt im gesamten Organismus vor – auch im zentralen Nervensystem. Hier findet es sich in Substanz P-haltigen Nervenzellen, in den Basalganglien und zu einem geringeren Teil auch im Hypothalamus und anderen Hirnregionen. Wie sich bei in-vitro-Versuchen an Nagetieren herausstellte, beeinflusst ACE nicht nur den Blutdruck, sondern auch die Ausschüttung von Hypophysen-Hormonen wie Corticotropin. Interessanterweise zeigt sich bei den meisten Patienten mit schwerer Depression eine erhöhte Konzentration von Corticotropin im Blutplasma.

Enge Assoziationen
Eine Forschergruppe um Dr. Thomas Baghai von der Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie der Ludwig-Maximilians-Universität München hat nun die Rolle von Varianten des ACE-Gens bei der Entstehung einer schweren Depression genauer untersucht. Dazu prüften Baghai und sein Team, inwieweit ein genetischer Zusammenhang zwischen 35 Einzelnukleotidpolymorphismen (Single Nucleotid Polymorphisms, SNP) – bei denen ein Nukleotid im DNA-Molekül verändert ist – und der Wahrscheinlichkeit für eine schwere Depression besteht. Baghai untersuchte insgesamt 843 depressive Patienten und verglich deren Daten mit jenen von 1.479 gesunden Kontrollpersonen. Die gefundenen Assoziationen wurden in einer weiteren Stichprobe bestätigt.

Im ersten Screening waren zwei SNP auf dem ACE-Gen signifikant mit schwerer Depression assoziiert. Für einen der beiden SNP konnten Baghai und sein Team nachweisen, dass dieser auch funktionelle Konsequenzen hat: Er steigert die Aktivität von ACE. Die Daten der Münchner Wissenschaftler deuten sehr darauf hin, dass Varianten des ACE-Gens die Entstehung einer schweren Depression fördern. „Dieses SNP könnte eine pathophysiologische Verbindung von Depressionen und kardiovaskulären Erkrankungen darstellen“, so Baghai. Das würde die unheilvolle Allianz zwischen den Leiden der Seele und jenen des Herzens erklären.

Ansprechpartner:
Dr. Thomas Baghai
Abteilung für Psychiatrie und Psychotherapie
Ludwig-Maximilians-Universität München
Nußbaumstraße 7
80336 München
Tel.: 089 5160-5731
Fax: 089 5160-5738
E-Mail: baghai@med.uni-muenchen.de