Asthma bronchiale ist eine chronische Lungenerkrankung, bei der sich die kleinsten Atemwege in der Lunge, die Bronchiolen, so verengen, dass die Betroffenen zeitweise unter extremer Atemnot leiden. Zusätzlich verstopft zu dickflüssiges Sekret die verengten Atemwege. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen des Deutschen Zentrum für Lungenforschung aus Heidelberg und Hannover haben nun entdeckt, dass ein bestimmter Baustein, ein sogenannter Chloridkanal, in der Lunge bei Asthma-Patienten genetisch verändert ist. Die Fehlfunktion dieses Chloridkanals ist dafür verantwortlich, dass das Sekret zu dickflüssig ist. (Newsletter 61 / Februar 2013)
Asthma bronchiale gehört zu den häufigsten chronischen Erkrankungen in Deutschland: Rund zehn Prozent aller Kinder und fünf Prozent der Erwachsenen sind betroffen. Auslöser der Krankheit sind oftmals Allergene, welche eine Entzündung und dadurch bedingt eine Verengung der Bronchien hervorrufen. Die gängigsten Therapien bei Asthma zielen bislang darauf, die verkrampfte Muskulatur in den verengten Bronchien akut durch Medikamente zu lockern. Allerdings kommt bei den meisten Patienten erschwerend hinzu, dass die Schleimhäute der Atemwege anschwellen und zu viel Schleim bilden, welcher die Atemwege verstopft und so zur Atemnot beiträgt. Eine typische Entzündungsreaktion, die für Patienten mit Asthma aber einen Teufelskreis darstellt. Denn der Schleim ist bei ihnen so dickflüssig, dass er nicht mehr durch die feinen Flimmerhärchen, welche die Atemwegsoberfläche auskleiden, abtransportiert werden kann und so die eh schon engen Atemwege noch mehr verstopft.
Kanäle regulieren die Zusammensetzung des Sekrets
Normalerweise sorgen bestimmte Bausteine in den Zellen der Lungenschleimhaut dafür, dass der Schleim ausreichend verdünnt wird. Es handelt sich hierbei um sogenannte Ionenkanäle, die in bestimmten Situationen für geladene Teilchen durchlässig sind. Ein solcher Kanal, der auch in der Lunge vorkommt, gehört zur Familie der Chlorid-Kanäle. SLC26A9 ist sein eindeutiger biologischer Name. Geladene Chlorid-Ionen können durch diesen Kanal vom Zellinneren ins Zelläußere gelangen. Hierdurch wird ein Prozess angestoßen, der sich Osmose nennt: Wasser strömt nach und führt dazu, dass das von der Schleimhaut gebildete Sekret auf der Atemwegsoberfläche ausreichend befeuchtet und verdünnt wird und von den Flimmerhärchen abtransportiert werden kann.
Asthma bronchiale – kleiner Unterschied mit großen Folgen
Inhalieren ist zurzeit die einzige Möglichkeit, damit kleine Asthmapatienten besser atmen können.Die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vom Deutschen Zentrums für Lungenforschung (DZL), das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) gefördert wird, haben nun herausgefunden, dass genau dieser Kanal, SLC26A9, bei Asthma-Patienten häufiger verändert ist als bei gesunden Menschen: Eine kleine Abweichung in seinem Gen, also seinem Bauplan, führt offensichtlich dazu, dass die Zellen weniger SLC26A9-Kanäle herstellen können. Dadurch kann der Schleim nicht mehr ausreichend befeuchtet werden, sammelt sich in den Atemwegen an und trägt zur Atemnot bei. Könnte eine gesteigerte Produktion von SLC26A9 beziehungsweise eine höhere Aktivierung der Kanäle bewirken, dass der Schleim von Asthma-Patienten dünnflüssiger wird und besser abtransportiert werden kann? Vieles deutet darauf hin.
„Wir haben hier einen ganz gezielten Angriffspunkt für neue Wirkstoffe gefunden“, sagt Professor Dr. Marcus Mall aus Heidelberg, der die Studie leitet. Ein solches Medikament könnte auch Menschen helfen, die an Mukoviszidose erkrankt sind. Mukoviszidose, auch zystische Fibrose genannt, ist eine unheilbare seltene Erkrankung, von der in Deutschland schätzungsweise 10.000 Menschen betroffen sind. Auch hier verstopft zähflüssiger Schleim die Atemwege und führt zu immer wiederkehrenden Infektionen, von denen sich die Betroffenen oft nicht mehr erholen.
Die Forscher und Forscherinnen konzentrieren sich nun darauf, die Veränderungen des Chloridkanals bei Asthmatikern und Patienten mit Mukoviszidose genauer zu untersuchen, sodass neue Wirkstoffe entwickelt werden können, die dieser Fehlregulation entgegenwirken.