Die Medizininformatik-Initiative vernetzt zentrale Forschungsinfrastrukturen der Universitätsmedizin: Biobanken und Datenintegrationszentren. Ein neues Portal soll die Forschung mit diesen Daten und Proben unterstützen und zugleich transparent darstellen.
Seit 2018 baut die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Medizininformatik-Initiative bundesweit 29 Datenintegrationszentren an deutschen Universitätskliniken auf. Diese Zentren sind das Herzstück der vernetzten IT-Infrastruktur für moderne medizinische Forschung in Deutschland. Sie bereiten Patientendaten aus Versorgung und Forschung datenschutzgerecht auf und schaffen damit eine wertvolle Datenbasis für die medizinische Forschung und die Gesundheitsversorgung. Die Datenintegrationszentren sollen helfen, Krankheiten und neue Therapiemöglichkeiten besser zu erforschen und Patientinnen und Patienten gezielter zu behandeln.
Parallel zu diesem Datenschatz lagern in den klinischen Biobanken der deutschen Universitätsmedizin zahlreiche Gewebeproben oder Körperflüssigkeiten – beispielsweise Blutproben – von Patientinnen und Patienten. Diese Bioproben wurden im Versorgungsalltag für diagnostische oder therapeutische Zwecke genommen und sind eine weitere Quelle wertvoller Informationen für die medizinische Forschung. Grundlage für eine Nutzung von Patientendaten und -proben für medizinische Forschungszwecke ist die explizite Einwilligung der Patientinnen und Patienten. Die Medizininformatik Initiative nutzt hierfür einen bundesweit einheitlichen und mit der EU-Datenschutzgrundverordnung konformen Mustertext für eine umfassende Einwilligung („Broad Consent“).
Datenintegrationszentren und Biobanken vernetzen – Synergien für die Forschung nutzten
Diese beiden Informationsquellen – Datenintegrationszentren und Biobanken der Universitätsklinken – soll das im Mai 2021 gestartete Projekt „Aligning Biobank and DIC efficiently“ (ABIDE_MI) im Rahmen der Medizininformatik-Initiative nun miteinander vernetzen. „Unser Ziel ist, dass Informationen und Daten der Bioproben mit weiteren Daten aus der Patientenversorgung verknüpft werden können, um die Forschung zu unterstützen. Das Projekt ABIDE_MI befasst sich daher mit der Anbindung der Biobank eines Universitätsklinikums an das jeweilige Datenintegrationszentrum“, erklärt Prof. Dr. Hans-Ulrich Prokosch, Projektleiter von ABIDE_MI und Leiter des Lehrstuhls für Medizinische Informatik am Institut für Medizininformatik, Biometrie und Epidemiologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg. „Die Kooperation der beiden Infrastrukturen ist sinnvoll, um in den Universitätskliniken eine nachhaltige Dateninfrastruktur zu schaffen und zwischen den Datenintegrationszentren und den Biobank-Aktivitäten Synergien zu erzeugen“, so Prokosch weiter.
„Wir verfolgen mit ABIDE_MI einen interdisziplinären Ansatz, bei dem die Errungenschaften und Erfahrungen der Medizininformatik-Initiative und der Biobanken der German Biobank Alliance in einer nachhaltigen Gesundheits-IT-Infrastruktur zusammengeführt werden“, ergänzt Prof. Dr. Michael Hummel von der Charité – Universitätsmedizin Berlin. Hummel ist Projektleiter von ABIDE_MI und leitet zugleich den German Biobank Node (GBN), die Dachorganisation akademischer Biobanken in Deutschland. Der GBN vertritt die Interessen der deutschen Biobanken im europäischen Biobanken Netzwerk (BBMRI-ERIC). Die von ABIDE_MI aufgebaute Infrastruktur soll eine nahtlose Verbindung mit dem europäischen Portal zur Verwaltung von Bioproben aus dem Bereich Gesundheit ermöglichen. Neben dem GBN beteiligen sich bundesweit 24 Standorte der Universitätsmedizin und die Koordinationsstelle der Medizininformatik-Initiative an ABIDE_MI. Bis Oktober 2022 fördert das BMBF das Projekt mit rund 5 Millionen Euro.
„Deutsches Forschungsdatenportal für Gesundheit“ – zentrale Anlaufstelle für Forschende und interessierte Bürgerinnen und Bürger
ABIDE_MI soll auch das Verfahren zur Beantragung von Forschungsprojekten erleichtern. „Für die Zukunft streben wir an, dass Forschende in den Kliniken einen einzigen Anlaufpunkt in Form eines Abfrage- und Analyseportals haben, das Patientenkohorten und entsprechende Bioproben identifiziert, die für ein bestimmtes Forschungsprojekt geeignet sind, und bei dem sie die Nutzung der Daten und Proben beantragen können“, erläutert Sebastian C. Semler von der TMF – Technologie- und Methodenplattform für die vernetzte medizinische Forschung e.V. und Leiter der Koordinationsstelle der Medizininformatik-Initiative. Dafür richtet die Koordinationsstelle ein zentrales Online-Portal ein, das Deutsche Forschungsdatenportal für Gesundheit. 2022 soll es in Betrieb gehen. Über dieses Portal sollen Forschenden auch Machbarkeitsuntersuchungen durchführen und herausfinden können, welche Daten an den universitätsmedizinischen Standorten der Medizininformatik-Initiative für die Forschung zur Verfügung stehen.
„Das Portal richtet sich aber nicht nur an Forschende, sondern auch an Patientinnen und Patienten. Interessierte können sich über das Portal jederzeit über beantragte und laufende Forschungsvorhaben informieren, die im Rahmen der Medizininformatik-Initiative durchgeführt werden. So schafft das Portal Transparenz über Forschungsvorhaben und deren Ergebnisse“, so Semmler.