Wer schon einmal eine 24 Stunden-Blutdruckmessung machen musste, kennt das Gefühl. Alle 15 Minuten wird es unangenehm: Die Manschette am Oberarm pumpt sich auf, klemmt den Blutfluss ab und der Blutdruck wird gemessen. Nachts misst das Gerät jede halbe Stunde. Wer kann dabei ruhig schlafen? Nun wird eine neue Methode für die Langzeitmessung des Blutdrucks entwickelt – das unangenehme Aufpumpen am Arm ist dabei überflüssig. Ein kleines Gerät am Handgelenk misst den Blutdruck per Ultraschall. (Newsletter 59 / Oktober 2012)
Ein Blutdruck von 120 zu 80 mmHg gilt als normal (mmHg steht für Millimeter Quecksilbersäule). Oberhalb eines Wertes von 140 zu 90 mmHg herrscht ein zu hoher Druck in den Blutgefäßen und Herzkammern. Man spricht von Bluthochdruck, der Hypertonie. Nach Schätzungen des Robert Koch-Instituts hat in Deutschland fast die Hälfte der Erwachsenen einen erhöhten Blutdruck. Durch eine einzige Blutdruckmessung lässt sich Bluthochdruck nicht eindeutig feststellen. Hierfür ist meist eine Langzeitmessung über 24 Stunden nötig. Hierbei wird der Blutdruck über einen Zeitraum von 24 Stunden regelmäßig gemessen und so ein Blutdruck- Profil erstellt.
Das Messprinzip: Der Druck des Kissens entspricht stets dem Blutdruck. So misst das neue Blutdruckmessgerät den Gesamtverlauf des Blutdrucks und nicht nur den systolischen und diastolischen Wert.
Viele Patienten empfinden diese 24 Stunden-Messung als äußerst unangenehm. Sie kommen nachts nicht zur Ruhe. „Doch gerade den Tag- Nacht-Rhythmus des Blutdrucks so natürlich wie möglich zu erfassen, ist für das Erkennen von Bluthochdruck wesentlich“, erklärt Dr.-Ing. Ulrich Kertzscher vom Labor für Biofluidmechanik an der Berliner Charité. Ziel eines vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderten Projektes im Innovationswettbewerb Medizintechnik war es deshalb, eine neue Messmethode zu entwickeln, die für die Patientinnen und Patienten angenehmer ist. „Bei unserer Methode sollen die Patienten ihre körperlichen Tätigkeiten während der Messung nicht unterbrechen müssen und nachts auch nicht geweckt werden.“ Gesagt, getan. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen vom Deutschen Herzzentrum Berlin und der Spiegelberg GmbH & Co. KG wurde im Labor für Biofluidmechanik die neue Methode entwickelt.
Kleines Kissen am Handgelenk
So sieht es aus, das Ultraschall-Blutdruckmessgerät – noch als unfunktionales Muster. Das neue Messsystem besteht aus einem kleinen Kissen, das am Handgelenk über einer oberflächlichen Arterie befestigt wird. „Hierbei wird die Arterie nur in einem kleinen Bereich und nicht der ganze Arm abgeklemmt. Das macht die Messung für die Patientinnen und Patienten weniger störend“, erklärt Dipl.-Ing. Sarah Weber, Mitarbeiterin des Projektes. Außerdem befindet sich ein Ultraschallsensor über der Arterie, der die Blutgeschwindigkeit in der Arterie misst. „Die Ultraschallsonde kann hierbei das einströmende Blut viel genauer detektieren als bisherige Methoden.“ Der Trick: Der Druck des kleinen Kissens wird mit Hilfe des Ultraschallsignals exakt so geregelt, dass zu jedem Zeitpunkt der gerade vorhandene Blutdruck herrscht. „So messen wir nicht nur alle 15 Minuten den Maximal- und Minimalwert, also den systolischen und diastolischen Blutdruck, sondern wir erfassen kontinuierlich den Gesamtverlauf der Blutdruckkurve“, beschreibt Weber. „Und das für jeden Herzschlag!“
Ein erstes Muster des Blutdruckmessgerätes gibt es bereits. Aber noch ist es ein weiter Weg, bis man das kleine Gerät tatsächlich kaufen kann. „Jetzt müssen wir die Methode erst noch für den Einsatz im Alltag weiterentwickeln“, so Dr. Kertzscher.
Ansprechpartner:
Dr.-Ing. Ulrich Kertzscher
Charité – Universitätsmedizin Berlin
Labor für Biofluidmechanik
Tel.: 030 450-553838
Fax: 030 450-553938
E-Mail: ulrich.kertzscher@charite.de