Blutkrebs kann oft nur durch eine Knochenmarkspende behandelt werden. Ein internationales Forschungsteam mit deutscher Beteiligung hat einen Test entwickelt, der hilft, den Erfolg dieser Behandlung frühzeitig zu messen.
Für viele Menschen, die an Blutkrebs erkrankt sind, beginnt nach der erfolgreichen Knochenmarktransplantation eine ungewisse Zeit des Wartens. Denn bei einem Drittel der Betroffenen kehrt der Krebs trotzdem zurück – man spricht von einem Rezidiv. „Für den Therapieerfolg ist es wichtig, dieses erneute Aufflammen der Erkrankung möglichst früh zu erkennen. Denn dann können die behandelnden Ärzte die Krebszellen effektiv bekämpfen, bevor sie sich im Körper ausgebreitet haben“, erläutert Professorin Katharina Fleischhauer. Die Krebsforscherin leitet das Institut für Zelltherapeutische Forschung am Universitätsklinikum Essen. Gemeinsam mit Professor Dietrich Beelen, dem Direktor der Klinik für Knochenmarktransplantation am Universitätsklinikum Essen, hat sie in einem vom Bundesforschungsministerium geförderten Forschungsprojekt ein neues Verfahren entwickelt, das dieses Ziel näherbringt.
Der Erfolg der Knochenmarktransplantation für die Therapie von Blutkrebs beruht darauf, dass die Krebszellen ein bestimmtes Eiweiß in ihrer Membran haben. Fachleute sprechen auch von HLA, dem humanen Leukozyten Antigen. Tragen Krebszellen dieses Antigen in ihrer Hülle, werden sie von den gesunden Blutzellen des Knochenmarkspenders erkannt und zerstört. Die Knochenmarktransplantation ist also eine Immuntherapie des Blutkrebses. Einige Krebszellen bauen dieses Eiweiß nach der Transplantation allerdings nicht mehr in ihre Hülle ein und unterlaufen somit die Gegenwehr der gesunden Spenderblutzellen: Der Krebs flammt erneut auf. Diese Art des Krankheitsrückfalls ist als HLA-Verlust Rezidiv bekannt.
Bisher konnten HLA-Verlust Rezidive erst in einem späten Stadium erkannt werden, da das Vorliegen einer sehr hohen Anzahl von Krebszellen in der Blutprobe für die Diagnose erforderlich war. Das von der Gruppe um Professorin Fleischhauer und Professor Beelen – in Zusammenarbeit mit Kolleginnen und Kollegen aus Dresden sowie internationalen Experten – entwickelte neue Testverfahren macht nun eine frühe Diagnose des HLA-Verlust Rezidivs möglich.
Eine Blutprobe – ein Test – ein Ergebnis
Der Test basiert auf einer etablierten Methode der Molekularbiologie, der quantitativen Polymerase Kettenreaktion, kurz qPCR, mit der im Labor das Erbgut von Zellen analysiert wird. Mittels einer einfachen Blutprobe können patienten- und spenderspezifische HLA-Gene untersucht und charakterisiert werden.
„Wir haben mit diesem Test die Möglichkeit geschaffen, schnell und zuverlässig zu bewerten, ob sich ein HLA-Verlust Rezidiv entwickelt hat oder nicht“, sagt Professorin Katharina Fleischhauer. „Unser Institut erhält bereits heute wiederholt Anfragen von Kollegen aus anderen Kliniken, die unser Testverfahren nutzen möchten“, so Fleischhauer. Denn für den behandelnden Arzt ist diese Information wichtig, da sie bei der Wahl für die beste Behandlungsmöglichkeit des Rezidivs eine wichtige Rolle spielt.
Internationale Zusammenarbeit
„Hervorzuheben ist die hervorragende nationale und internationale Kooperation, ohne die wir diese Ergebnisse nicht erzielt hätten“, betont Fleischhauer. Bei dem Projekt waren neben dem Universitätsklinikum Essen auch das Universitätsklinikum Dresden sowie eine Uniklinik aus Italien, zwei aus Frankreich und eine aus Israel beteiligt. Außerdem haben die Forscherinnen und Forscher fachübergreifend mit Biologen und Bioinformatikern der Deutschen Knochenmarkspenderdatei (DKMS) in Dresden zusammengearbeitet, um das Verfahren für den Hochdurchsatz anzupassen. Das ist nötig, um Labortests automatisiert für viele Proben gleichzeitig durchführen zu können. Die Methode steht bereits für die klinische Routine zur Verfügung.
Risikofaktoren bestimmen
„Wir wollen jetzt Risikofaktoren bestimmen, die zu einem HLA-Verlust Rezidiv führen“, sagt Fleischhauer. Dafür untersucht ihre Forschungsgruppe die Leukämie-Rezidivproben von mehreren Hundert transplantierten Patientinnen und Patienten, die die Kooperationspartner gesammelt haben, und wertet insbesondere die klinischen Behandlungsdaten aus.
„Die genauere Kenntnis der Abwehrmechanismen unseres Immunsystems und wie sie zu einem HLA-Verlust Rezidiv beitragen, kann in den kommenden Jahren die Krebstherapie verbessern“, ist sich Fleischhauer sicher. „Denn diese treffen nicht nur auf Leukämien zu, sondern sind auch auf viele andere Krebserkrankungen übertragbar.“
Warum helfen Knochenmarkspenden bei Blutkrebs?
Patientinnen und Patienten, die an Blutkrebs erkranken, sind oft auf Knochenmarkspenden angewiesen. Sie bieten manchen von ihnen die einzige Möglichkeit auf vollständige Heilung ihrer Erkrankung. Denn der Stoffwechsel ihrer weißen Blutzellen ist so gestört, dass sie sich ungebremst vermehren. Mit dem gesunden Spenderknochenmark kann diese Vermehrung eingedämmt werden. Denn die gesunden Zellen erkennen die Krebszellen und zerstören sie.
Ansprechpartnerin:
Professorin Katharina Fleischhauer
Institut für Zelltherapeutische Forschung (IZTF)
Institutsgruppe 1 (IG1), 11. Etage
Hufelandstraße 55
45122 Essen
katharina.fleischhauer@uk-essen.de