Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des vom BMBF geförderten Forschungsverbundes ESCAPE wollen ein neues Testverfahren für SARS-CoV-2 entwickeln und Medikamente finden, die schwere COVID-19 Verläufe abmildern.
Dringt ein Virus in eine Wirtszelle ein, so verändert sich der Stoffwechsel der Zelle. Das führt unter anderem auch dazu, dass die Zellen andere Proteine in ihr Umfeld abgeben. Diesen Umstand wollen sich die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler des Forschungsprojektes ESCAPE zunutze machen: Ihr Ziel ist es, jene Proteine zu erfassen, die nur dann auftreten, wenn die Zelle zuvor mit SARS-CoV-2 infiziert wurde. Sie sollen als Grundlage für ein Testverfahren dienen, mit dem eine SARS-CoV-2- Infektion von Allergien unterschieden werden kann. „Bei diesem Testverfahren wird nicht das Virus selbst nachgewiesen. Dadurch können wir bereits bei einer sehr geringen Viruskonzentration – also beispielsweise schon zu Beginn einer Infektion – zuverlässig bestimmen, ob sich die getestete Person infiziert hat“, erläutert Prof. Carsten Schmidt-Weber von der Technischen Universität München, der Koordinator des ESCAPE-Projektes.
Der Test auf SARS-CoV-2 soll zukünftig ein Verfahren erweitern, welches das Forschungsteam um Schmidt-Weber derzeit in Zusammenarbeit mit einem industriellen Partner entwickelt. Anhand von Abstrichen der Nasensekrete soll es eine Diagnose von Allergien ermöglichen. Die einfache Probengewinnung ist auch beim angestrebten SARS-CoV-2-Test von Vorteil: Sie kann zu Hause selbst durchgeführt werden und anschließend beispielsweise per Post in ein Testzentrum geschickt werden. So wird das Risiko minimiert, dass ein Infizierter beim Arzt oder im Testzentrum weitere Personen ansteckt.
Schwere COVID-19-Verläufe vermeiden
Das ESCAPE-Projekt verfolgt noch einen weiteren Ansatz: SARS-CoV-2 dringt über bestimmte Proteine in die Wirtszellen ein, den ACE-2-Rezeptor sowie den Co-Rezeptor TMPRSS2. Die Vermutung der Forschenden ist, dass das Virus dann selbst die vermehrte Bildung dieser Rezeptoren anstößt, damit mehr Viren in diese und weitere Zellen eindringen können. Mit Medikamenten, die eine von SARS-CoV-2-Erregern ausgelöste Bildung des Rezeptors unterbinden, ließe sich daher möglicherweise auch die Vermehrung des Virus kontrollieren. Aktuell überprüfen die Forschenden entsprechende Wirkstoffe in Zellkulturen. „Wir testen ausschließlich Medikamente, die bereits zugelassen sind. Dadurch ist bereits bekannt, in welcher Dosierung diese Medikamente effektiv und sicher eingesetzt werden können. Das erspart uns viel Zeit und macht es möglich, dass wir das Medikament im Erfolgsfall schnell auch bei COVID-19-Patientinnen und -Patienten einsetzen könnten, um schwere oder intensivmedizinische Verläufe zu verkürzen oder zu vermeiden“, so Schmidt-Weber.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) öffnete zu Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie das Rapid Response Modul der „Richtlinie zur Förderung eines Nationalen Forschungsnetzes zoonotische Infektionskrankheiten“ für einen Förderaufruf zur Erforschung von COVID-19. Ab dem 3. März 2020 konnten Forschende Anträge stellen, um zum Verständnis des Virus und dessen Ausbreitung beizutragen sowie um therapeutische und diagnostische Ansätze gegen COVID-19 zu entwickeln.