Dem Vorhofflimmern auf der Spur – Patientenregister gibt neue Erkenntnisse

Das Vorhofflimmern ist eine ernst zu nehmende Herzrhythmusstörung, die zwar nicht lebensbedrohlich ist, jedoch mit einem erhöhten Schlaganfallrisiko einhergehen kann. Um die Erkrankung genauer zu analysieren, fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 2003 das Kompetenznetz Vorhofflimmern, das auch ein umfassendes Patientenregister zum Vorhofflimmern erstellt hat. Dessen Ziel ist es, die Versorgung und Behandlung von Vorhofflimmern in Deutschland zu verbessern.

Die bisher ausgewerteten Daten zeigen, dass die Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern noch verbessert werden kann. Demnach erhalten knapp drei Viertel der Patienten mit hohem Schlaganfallrisiko die richtige Therapie. Bei Patienten mit niedrigem Schlaganfallrisiko wird oft von der empfohlenen Behandlung abgewichen.


Herzrasen, Kurzatmigkeit oder Schwindel - die Symptome erscheinen auf den ersten Blick harmlos, allerdings kann sich dahinter die häufigste Herzrhythmusstörung verbergen: das Vorhofflimmern. Vorhofflimmern ist zwar nicht lebensbedrohlich, allerdings kann es für die Betroffenen ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko bedeuten. Seit 2003 fördert das BMBF das Kompetenznetz Vorhofflimmern, das neben vielen Forschungsprojekten ein Patientenregister zum Vorhofflimmern eingerichtet hat. In dieses bundesweite Register sind rund 10.000 Patienten aus Kliniken und Praxen eingetragen. Ziel des Registers ist es, die Versorgung und Behandlung von Patienten mit Vorhofflimmern in Deutschland zu verbessern.

Vorhofflimmern besonders bei Älteren verbreitet
Insbesondere ältere Menschen leiden unter dieser Herzrhythmusstörung: Etwa zehn Prozent der über 80-Jährigen erkranken an Vorhofflimmern. Allein in Deutschland sind rund eine Million Menschen von Vorhofflimmern betroffen. Als häufigste Grunderkrankung gilt nach ersten fundierten Erkenntnissen Bluthochdruck. Experten rechnen damit, dass sich die Patientenzahl aufgrund der demografischen Entwicklung bis 2050 verdoppelt. Wird bei einem Patienten Vorhofflimmern diagnostiziert, ist eine gezielte und individuelle Therapie geboten. Denn bei einem unregelmäßigen Herzschlag kann es zur Verlangsamung des Blutstroms kommen. Die Folge: Es können sich kleine Blutgerinnsel bilden und vom Herzen in das Gehirn gelangen. Bei über 90 Prozent der Patienten liegt daher ein erhöhtes Schlaganfall-Risiko vor. So sind in Deutschland etwa 40.000 Schlaganfälle jährlich auf Vorhofflimmern zurückzuführen.

Versorgungsqualität ist verbesserungswürdig
Heutzutage kann den meisten Patienten eine medikamentöse Behandlung angeboten werden, die eine nahezu normale Lebensweise ermöglicht. Die Daten des Registers zeigen allerdings, dass die diagnostische und therapeutische Praxis bei Patienten mit Vorhofflimmern noch verbessert werden kann.
„Knapp drei Viertel der Patienten mit hohem Schlaganfall-Risiko erhalten bereits die richtige Therapie mit Blutverdünnungsmedikamenten“, erklärt Professor Gerhard Steinbeck, München, der wissenschaftliche Leiter des Registers. „Das ist zwar ein sehr hoher Wert. Allerdings zeigt er auch, dass die restlichen Hochrisikopatienten nicht ausreichend behandelt wurden. Mehr als jeder Zehnte erhält sogar überhaupt keine antithrombotische Therapie.“ Und das kann zu schwerwiegenden Folgen führen, da das Risiko für die Bildung von gefährlichen Blutgerinnseln (in der Fachsprache Embolie genannt) steigt.
„Das ist ein deutliches Zeichen dafür, wie wichtig eine genaue Analyse der Versorgungsrealität in Deutschland ist, um dem Arzt konkrete Anhaltspunkte für Therapie- und Präventionsempfehlungen zu geben“, so Professor Steinbeck weiter. Auch bei Patienten mit niedrigem Schlaganfall-Risiko wird oft von der empfohlenen Behandlung abgewichen: Fast die Hälfte dieser Patienten erhielt unnötigerweise Medikamente zur Blutverdünnung - eine klare Überbehandlung.
„Die Therapiemethoden werden ständig weiterentwickelt“, erläutert Steinbeck, „eine ideale Behandlungsstrategie gibt es indes nicht. Viele offene Fragen zu Vorhofflimmern können nur durch eine Langzeitbeobachtung, wie sie das Patientenregister vorsieht, beantwortet werden.“

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Gerhard Steinbeck
Medizinische Klinik und Poliklinik I, Klinikum der Universität
Marchioninistraße 15
81377 München
Tel.: 089 70952371
E-Mail: gerhard.steinbeck@med.uni-muenchen.de



Wie kann man Vorhofflimmern vorbeugen?

Bei Patienten mit Vorhofflimmern muss die Rhythmusstörung behandelt werden, um unter anderem einen Schlaganfall zu vermeiden. Dem Vorhofflimmern selbst kann man vorbeugen, indem begünstigende Erkrankungen wie Bluthochdruck oder Diabetes mellitus rechtzeitig behandelt werden. Zudem sollten Anzeichen wie Luftnot oder Kurzatmigkeit ernst genommen werden. In einigen Fällen ist Alkohol ein Auslöser für Vorhofflimmerepisoden.

Das Kompetenznetz Vorhofflimmern
Das vom BMBF geförderte Kompetenznetz Vorhofflimmern forscht für eine bessere Behandlung und Versorgung von Vorhofflimmerpatienten in Deutschland. Für das Patientenregister des Kompetenznetzes werden seit 2004 rund 10.000 Patienten beobachtet. Über einen Zeitraum von fünf Jahren werden mindestens einmal jährlich Daten zum Krankheitsverlauf und zur Behandlung von jedem Patienten erhoben. Durch eine Verteilung der Registerpatienten über das gesamte Bundesgebiet ergibt sich ein repräsentatives Bild von Patientencharakteristika und derzeitiger Behandlungssituation.

Weitere Informationen:
http://www.kompetenznetz-vorhofflimmern.de/