Oktober 2015

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Diabetes gezielt vorbeugen – Risikotest und Präventionskonzept

Wer sein Diabetesrisiko kennt und weiß, welche individuellen Maßnahmen helfen, kann gezielt vorbeugen. Dazu stellt das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) einen Risikotest zur Verfügung und entwickelt maßgeschneiderte Präventionskonzepte.

Logo DZD

Eine Lebensstilumstellung kann die Wahrscheinlichkeit, an einem Typ-2-Diabetes zu erkranken, um bis zu 58 Prozent verringern. Daher ist es wichtig, Menschen mit einem hohen Diabetesrisiko frühzeitig zu erkennen. Doch ein leicht erhöhter Blutzucker bereitet keine Schmerzen und fällt daher den Betroffenen nicht auf. Zudem stellt sich die Frage, wie man bereits bei Gesunden erkennen kann, ob ihr Zuckerstoffwechsel in den nächsten Jahren gestört sein wird. Die epidemiologische Forschung des DZD geht dieser Frage auf den Grund. Mit statistischen Methoden analysieren die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler, welche Zusammenhänge bestehen zwischen dem Entstehen des Typ-2-Diabetes und dem Einfluss genetischer und anderer molekularer Marker sowie Umwelt- und Lebensstilfaktoren. Hierfür untersuchen sie große Bevölkerungsgruppen, sogenannte Kohorten.
 

Mit dem DIfE - DEUTSCHER DIABETES-RISIKO-TEST® kann jeder Erwachsene in nur fünf Minuten sein Typ-2-Diabetes-Risiko testen. Abrufbar ist der Test unter www.dzd-ev.de.

Mit dem DIfE - DEUTSCHER DIABETES-RISIKO-TEST® kann jeder Erwachsene in nur fünf Minuten sein Typ-2-Diabetes-Risiko testen. Abrufbar ist der Test unter www.dzd-ev.de.

Till Budde/DIfE

Diabetesrisiko in nur fünf Minuten bestimmen

Die Zusammenarbeit der Partner im DZD ermöglicht, die Daten von Teilnehmerinnen und Teilnehmern der Potsdamer EPIC-Studie (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition) und KORA (Kooperative Gesundheitsforschung in der Region Augsburg) mit identischen Methoden parallel auszuwerten. Dies dient der wissenschaftlichen Validierung der Ergebnisse. Die neuen Erkenntnisse fließen stets zeitnah in den DifE – DEUTSCHER DIABETES-RISIKO-TEST® ein. Dieser Fragebogen erlaubt es jedem Erwachsenen, sein persönliches Risiko einzuschätzen, in den kommenden fünf Jahren an Typ-2-Diabetes zu erkranken. Dafür sind nur fünf Minuten nötig.

Neue Forschungsergebnisse des DZD haben den Test nun optimiert: In der Potsdamer EPIC-Studie wurde bei über 27.000 Personen untersucht, ob bereits ein Diabetes in der Familie aufgetreten ist. „Das Risiko für Typ-2-Diabetes ist fast dreifach erhöht, wenn beide Eltern daran erkrankt sind. Ist nur ein Elternteil erkrankt, steigt das Risiko immerhin noch um das 1,7-fache“, erläutert Professor Dr. Matthias Schulze vom Deutschen Institut für Ernährungsforschung (DIfE) in Potsdam-Rehbrücke und Leiter des Forschungsbereichs Epidemiologie und Versorgungsforschung des DZD.

Ernährung, Bewegung und Familienanamnese beeinflussen das Risiko
 

Eine innovative Schluckimpfung könnte zukünftig die Autoimmunkrankheit Typ-1-Diabetes verhindern.

Eine innovative Schluckimpfung könnte zukünftig die Autoimmunkrankheit Typ-1-Diabetes verhindern.

Helmholtz Zentrum München

Durch die entsprechende Aktualisierung des Fragebogens ist die Vorhersagekraft des Diabetes-Risiko-Tests nun noch präziser geworden. Neben der Familienanamnese werden auch beeinflussbare Risikofaktoren wie Ernährung, Bewegung, Rauchverhalten und Taillenumfang erfasst. Dadurch lassen sich individuelle Möglichkeiten zur Senkung des Diabetesrisikos erkennen. „Je höher die ermittelte Punktzahl und damit das individuell berechnete Risiko, desto dringender ist der Handlungsbedarf“, betont Schulze.
Der Test ist abrufbar unter www.dzd-ev.de. Er ist schnell und einfach durchzuführen. Jeder Erwachsene kann damit selbstständig sein individuelles Risiko für eine Typ-2-Diabetes-Erkrankung bestimmen. Eine weitere Version, die zusätzlich Laborwerte berücksichtigt, steht Ärztinnen und Ärzten zur Verfügung.

Innovative, individuelle Prävention
Eine Lebensweise mit gesunder Ernährung und ausreichend Bewegung ist ein erster wichtiger Schritt, um Typ-2-Diabetes vorzubeugen. Doch bisherige Präventionsprogramme haben gezeigt, dass es sowohl Menschen gibt, die gut auf eine Lebensstil-Änderung ansprechen (= „Responder“), als auch Personen, die hiervon nur wenig profitieren (= „Nonresponder“). Warum das so ist, untersucht die Prädiabetes Lebensstil-Interventions-Studie, kurz PLIS. „Ziel unserer Studie ist, personalisierte Präventionsstrategien zu entwickeln“, erklärt Professor Dr. Andreas Fritsche, Leiter der Abteilung Ernährungsmedizin und Prävention am Universitätsklinikum Tübingen.

Denn der Erfolg einer Lebensstil-Intervention kann beeinträchtigt werden, wenn eine Insulinsekretionsstörung oder die Kombination von Fettleber und Insulin-Resistenz vorliegen. Fritsche: „In der PLIS-Studie werden diese individuellen Faktoren berücksichtigt: Wird noch ausreichend Insulin vom Körper produziert? Wie gut wirkt es? Liegt eine Fettleber vor? So können wir Menschen identifizieren, die trotz Bemühungen um einen gesunden Lebensstil ein erhöhtes Risiko für einen Typ-2-Diabetes haben.“ Diese Personen führen in der Studie eine intensivierte Lebensstilintervention mit ausgewogener Ernährung und mehr körperlicher Betätigung durch. Ziel ist, dass auch diese sogenannten Nonresponder von einer Veränderung ihres Lebensstils profitieren. Den Teilnehmerinnen und Teilnehmern wird somit ganz gezielt der für sie wirksamste Weg gesucht und eine praktische Unterstützung zur Prävention geboten: Sie werden über ein Jahr sehr intensiv individuell betreut und beraten.

Die Teilnehmenden der PLIS-Studie werden ein Jahr lang intensiv zur individuellen Vorbeugung des Typ-2-Diabetes betreut.

Die Teilnehmenden der PLIS-Studie werden ein Jahr lang intensiv zur individuellen Vorbeugung des Typ-2-Diabetes betreut.

shutterstock_Goodluz

Marker werden Risikoeinschätzung und Prävention erleichtern

Das Angebot stößt auf großes Interesse. Inzwischen konnten schon insgesamt 700 der 1000 geplanten Teilnehmerinnen und Teilnehmer für die Studie gewonnen werden. Die PLIS-Studie wird deutschlandweit an sieben Standorten des DZD durchgeführt, in Berlin/Potsdam, Dresden, Düsseldorf, Heidelberg, Leipzig, München und Tübingen. Schon jetzt zeichnet sich ab, dass zukünftig Marker für spezielle Subgruppen des Typ-2-Diabetes die Risikoeinschätzung und individuelle Prävention in der Praxis erleichtern werden. So kann für alle Patientinnen und Patienten die für sie geeignete Intervention zur Vorbeugung des Typ-2-Diabetes gefunden werden.

Impfung zur Vorbeugung des Typ-1-Diabetes

Im Gegensatz zum Typ-2-Diabetes, der früher auch Altersdiabetes genannt wurde, manifestiert Typ-1-Diabetes sich häufig bereits in der Kindheit. Aktuelle wissenschaftliche Ergebnisse deuten darauf hin, dass in einigen Fällen eine Autoimmunreaktion die Ursache sein kann. Dabei greift das eigene Abwehrsystem der betroffenen Kinder die Zellen an, die das Insulin herstellen. In der Prävention des Typ-1-Diabetes ist Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern des DZD gemeinsam mit internationalen Forscherinnen und Forschern bereits ein wichtiger Durchbruch gelungen: Das Team um Professorin Dr. Anette-Gabriele Ziegler vom Helmholtz Zentrum München, Leiterin des Forschungsbereichs Typ-1-Diabetes im DZD, und Professor Dr. Ezio Bonifacio vom Paul-Langerhans-Institut Dresden konnte im Rahmen der Pre-POINT-Studie durch orale Gabe von Insulin eine positive Immunreaktion bei Kindern mit erhöhtem Diabetesrisiko erzielen. Das Besondere ist: Das Insulin wurde den Kindern prophylaktisch als Impfstoff zu einem Zeitpunkt verabreicht, an dem sie noch keine Autoimmunreaktion – also noch keine Autoantikörper – entwickelt hatten. Dabei traten keine unerwünschten Nebenwirkungen wie Unterzuckerung auf. Ziel dieser Insulin-Impfung ist, eine Immuntoleranz gegen körpereigene Proteine zu entwickeln. Dadurch soll eine Autoimmunreaktion, die zum Typ-1-Diabetes führen kann, verhindert werden. In den nun folgenden Studien wird eine größere Anzahl von Kindern behandelt. Sollte der Impfstoff die Autoimmunerkrankung dauerhaft verhindern, wäre zukünftig eine flächendeckende Vorsorgeimpfung möglich.

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung

Das Deutsche Zentrum für Diabetesforschung (DZD) ist eines der sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung, die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung und den Ländern gefördert werden. Es bündelt deutschlandweit Expertise auf dem Gebiet der DiabetesforschunMitglieder des DZD sind das Helmholtz Zentrum München – Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit und Umwelt, das Deutsche Diabetes-Zentrum DDZ in Düsseldorf, das Deutsche Institut für Ernährungsforschung DIfE in Potsdam-Rehbrücke, das Institut für Diabetesforschung und Metabolische Erkrankungen des Helmholtz Zentrum München an der Eberhard-Karls-Universität Tübingen und das Paul-Langerhans-Institut Dresden des Helmholtz Zentrum München am Universitätsklinikum Carl Gustav Carus der TU Dresden, assoziierte Partner an den Universitäten in Heidelberg, Köln, Leipzig, Lübeck und München sowie weitere Projektpartner.

Ansprechpartner/-in:
Prof. Dr. Matthias Schulze
Abt. Molekulare Epidemiologie
Deutsches Institut für Ernährungsforschung
Potsdam-Rehbrücke
Arthur-Scheunert-Allee 114–116
14558 Nuthetal
033200 88-2434
033200 88-2444
mschulze@dife.de

Prof. Dr. Andreas Fritsche
Innere Medizin IV
Universitätsklinikum Tübingen
Otfried-Müller-Straße 10
72076 Tübingen
07071 29-80590
07071 29-5974
Andreas.Fritsche@med.uni-tuebingen.de

Prof. Dr. Anette-Gabriele Ziegler
Institut für Diabetesforschung
Helmholtz Zentrum München
Deutsches Forschungszentrum für Gesundheit
und Umwelt (GmbH)
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
089 3187-2896
089 3187-3144
anette-g.ziegler@helmholtz-muenchen.de

Pressekontakt:
Dr. Silvia Grote
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit
Deutsches Zentrum für Diabetesforschung
Geschäftsstelle am Helmholtz Zentrum München
Ingolstädter Landstraße 1
85764 Neuherberg
089 3187-3971
089 3187-2223
grote@dzd-ev.de