Mai 2024

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Die kleinste Nanny der Welt: Sensortechnologie für Neugeborene

Gerade 15 Gramm wiegt der Sensor am Kopf der Neugeborenen – und ist doch ein Lebensretter, denn er überwacht wichtige Vitalfunktionen. Forschende untersuchten nun in Kenia, ob das System dabei helfen kann, Babys besser zu versorgen.

Baby

Teilweise müssen in Ländern mit geringem Einkommen sehr viele Neugeborene von nur wenigen Pflegenden versorgt werden – kann eine neue, kostengünstige Technologie die Situation verbessern?

neopenda

Pulsschlag, Atemfrequenz, Sauerstoffsättigung im Blut und Körpertemperatur – eine kontinuierliche Kontrolle dieser vier Lebenszeichen ist wichtig, um gefährdete Neugeborene medizinisch zu überwachen. Doch in ärmeren Regionen fehlt es häufig an der technischen Ausrüstung und an ausreichend Personal, um Neugeborene in Not schnell zu erkennen und rechtzeitig einzugreifen. „Es sterben zu viele Kinder, die bei optimaler Versorgung eine Chance gehabt hätten“, fasst die Wissenschaftlerin Assumpta Nantume zusammen. Sie ist Leiterin der Forschungsabteilung bei Neopenda, einem Medizintechnik-Start-up, das erschwingliche und geeignete Technologien für die Neugeborenenversorgung in ressourcenarmen Gebieten entwickelt. „Vorangegangene wissenschaftliche Studien gehen davon aus, dass eine effektive Überwachung der Vitalparameter dazu beitragen kann, bis zu 75 Prozent der Todesfälle bei Neugeborenen in Ländern mit geringem Einkommen zu verhindern.“

Der Wunsch der Pflegenden: zur richtigen Zeit am richtigen Ort sein

Mit ihrem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Forschungsprojekt COCEFIN möchten Nantume und ihr Team dazu beitragen, die Situation zu verbessern. Sie untersuchten in einer klinischen Studie, ob der kleine, türkisfarbene Vitalsensor der Firma Neopenda dazu beitragen kann, viele Neugeborene gleichzeitig besser zu überwachen und so die Dauer von Krankenhausaufenthalten, die Zahl der Todesfälle und auch Kosten zu reduzieren.

Davon profitieren die betroffenen Familien und das Klinikpersonal – aber auch das Gesundheitssystem eines Landes insgesamt, denn die neuen Geräte sind häufig kostengünstiger und robuster als herkömmliche Überwachungsgeräte. Ein weiterer entscheidender Vorteil: Die Sensortechnologie funktioniert mit wiederaufladbaren Akkus und via Bluetooth und lässt sich daher auch in Regionen ohne verlässliche Stromversorgung und WLAN einsetzen.

Muss der Untersuchungszeitraum verlängert werden?

Die Vitalparameter der Babys werden von der Technologie parallel auf einen tragbaren Monitor übertragen – gerät eines von ihnen in Not, wird auf dem Tablet ein Warnsignal ausgelöst, sodass die Pflegenden gezielt eingreifen können. Die COCEFIN-Studie untersuchte als erste Studie die Anwendbarkeit und die Kosteneffizienz eines tragbaren Vitalsensors für Neugeborene in einem afrikanischen Land südlich der Sahara. Die Forschenden untersuchten die Versorgung von insgesamt 3.100 Neugeborenen in zwei Krankenhäusern Kenias und bezogen das betreuende Klinikpersonal in ihr Projekt ein. Von den Säuglingen wurden 2.499 kontinuierlich oder mit Unterbrechungen mit dem neoGuard-Sensor überwacht und 601 zur Kontrolle mit herkömmlichen Monitoren. Untersucht wurde beispielsweise die Häufigkeit von Komplikationen, die Dauer des Aufenthaltes und die Sterblichkeit im Krankenhaus.

Es zeigte sich: Die neuartige Sensortechnologie überwacht die Babys genauso zuverlässig wie herkömmliche Methoden. Eine längere Studiendauer könnte nachweisen, inwiefern sich die mithilfe der kabellosen Sensoren einfachere Überwachung auch positiv auf die Sterblichkeit der Kinder auswirkt. Erste Hinweise geben die Rückmeldungen der 37 in der Anwendung des neoGuard-Systems geschulten Klinikangestellten: Die Betreuerinnen und Betreuer der Säuglinge meldeten verbesserte Arbeitsabläufe und höhere Effizienz. „Die Erfahrungsberichte der beteiligten Expertinnen und Experten zeigen uns, dass die neue Technologie die Überwachung der Kinder vereinfacht – bei vergleichbarer Sicherheit wie mit konventionellen Systemen. Das Feedback der Pflegenden ist außerdem sehr wichtig für die Weiterentwicklung der Technologie“, so Nantume. „So konnten wir beispielsweise aufzeigen, dass es wichtig ist, das Kopfband zu verkleinern, damit es auch Neugeborenen mit sehr kleinem Kopfumfang passt.“ In Bezug auf die Kosten sind die Untersuchungen noch nicht abgeschlossen.

Entscheidungsunterstützung durch Künstliche Intelligenz

In einem nächsten Schritt planen die Forschenden, den Monitor des neoGuard-Systems mit einer Künstlichen Intelligenz (KI) auszustatten, die das Gesundheitspersonal in Echtzeit unterstützen kann, falls sehr schnell eine Entscheidung gefällt werden muss oder es Unklarheiten beim Einsatz der Geräte gibt. Assumpta Nantume: „Wir glauben, dass die Integration eines sogenannten Large Language Modells (LLM) in das System die klinische Entscheidungsfindung und die Kompetenz der Anwendenden bei der Versorgung von Neugeborenen weiter verbessern wird.“ Die kleine Nanny könnte eines Tages also sogar sprechen lernen.

Grand Challenges Afrika

Im Rahmen der Fördermaßnahme „Grand Challenges Afrika – Forschung für die Gesundheit von Müttern, Neugeborenen und Kindern“ finanzierte das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) neun Forschungsprojekte – unter anderem auch das Projekt „COCEFIN – Clinical outcomes and cost-effectiveness for the implementation of a wireless vitals signs monitor for hospitalized newborns in Kenya“. Die Durchführung dieser klinischen Studie wurde von 2021 bis 2023 mit rund 100.000 Euro unterstützt.

Ansprechpartnerin:
Jean Avaala
Neopenda
P. O. Box 409227
Chicago, IL, USA 60640
E-Mail: jean@neopenda.com