Allgegenwärtig und in unterschiedlichen Formen und Varianten begegnet uns die Volkskrankheit Krebs im Alltag. Doch es gibt Hoffnung: Neue Therapien, Medikamente und Untersuchungsmöglichkeiten machen immer häufiger eine Heilung möglich.
Jahrhundertelang wurden Krebserkrankungen vornehmlich durch Ausbrennen oder durch eine operative Entfernung des betroffenen Gewebes behandelt. Erst gegen Ende des 19. Jahrhunderts wurde die sogenannte Strahlentherapie zur Eindämmung von Tumoren im menschlichen Körper eingesetzt. Seit den 1950er Jahren wird auch die Chemotherapie genutzt – vornehmlich, um die Teilungsgeschwindigkeit von Tumorzellen zu bremsen. Bis heute sind weiterentwickelte und präzisere Strahlen- und Chemotherapien und deren Kombination die Standardtherapien zur Behandlung von Krebspatientinnen und -patienten.
Der Durchbruch kam im Jahr 2000: Durch die Entschlüsselung des menschlichen Genoms wurde es möglich, Krankheiten auf Basis einer Erbgutanalyse zu prognostizieren, zu diagnostizieren und individuell zu behandeln.
Was eine gute Krebsmedizin ausmacht
Der US-amerikanische Biomediziner Leroy Hood prägte das Konzept der so genannten P4-Medizin, um die Ziele einer modernen Krebsmedizin zu beschreiben: Präventiv, personalisiert, partizipativ und präzise soll in Zukunft mit dem Thema Krebs umgegangen werden, um Krankheiten zu vermeiden und Erkrankte bestmöglich zu versorgen.
Kooperation, Information, Kommunikation, Partizipation
Die Kooperation von Forschenden über Ländergrenzen hinweg ist entscheidend im gemeinsamen Kampf gegen Krebs. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) trägt dem durch die Beteiligung an großen internationalen Forschungsprojekten Rechnung. Gute Patienteninformation und Kommunikation sind ein weiterer Schlüssel zu einer erfolgreichen Krebsbehandlung. Nur wenn Betroffene verstehen, was passiert, warum sie zuverlässig ihre Medikamente einnehmen müssen, und sie sich zeitnah bei Problemen melden, kann die Behandlung erfolgreich sein.
Ein elementares Ziel der Krebsforschung ist es, das Leben der an Krebs Erkrankten und ihrer Angehörigen zu verbessern. Dieses Ziel kann nur erreicht werden, wenn Betroffene über konkrete Angebote stärker als bisher in die Krebsforschung einbezogen werden. Damit dies gelingt, hat das BMBF im Rahmen der Nationalen Dekade gegen Krebs (NDK) die „Allianz für Patientenbeteiligung in der Krebsforschung“ ausgerufen. Als Teil der Allianz setzen sich alle aktuellen und zukünftigen Unterzeichnenden dafür ein, dass aktive Patientenbeteiligung in der Krebsforschung in Deutschland umgesetzt und langfristig zu einem neuen Standard wird.
Aktuelle Forschungsthemen machen Hoffnung auf neue Therapien
Im Folgenden werden vier Perspektiven der Krebsmedizin vorgestellt, die in Zukunft die Behandlung von Krebserkrankungen entscheidend verbessern könnten. Das BMBF fördert in verschiedenen Maßnahmen Forschungsarbeiten zu diesen Themen. In der im Jahr 2019 ins Leben gerufenen Nationalen Dekade gegen Krebs hat das BMBF gemeinsam mit dem Bundesministerium für Gesundheit und weiteren Partnern alle relevanten Akteure Deutschlands gebündelt.
Mit auf die Patientinnen und Patienten individuell zugeschnittenen Therapien erhalten Betroffene die Behandlung, die notwendig ist, um den Krebs mit minimalen Mitteln und maximalem Effekt zu bekämpfen.
Möglich gemacht wird eine personalisierte Therapie – gerade auch bei Betroffenen, bei denen die herkömmliche Therapie nicht mehr anwendbar ist – durch moderne molekularbiologische Verfahren, die das Erbgut eines Tumors genau durchleuchten. Die genetischen Ursachen von Krebserkrankungen und Rückfällen rücken dabei immer mehr in den Vordergrund, sodass die Hintergründe eines Krebsleiden besser analysiert und neue Therapien entwickelt werden können.
Seit der Entwicklung des Konzeptes von Immun-Checkpoint-Inhibitoren (ICI) in den 1990er Jahren ist klar, dass das körpereigene Immunsystem maßgeblich zu der Bekämpfung von Krebs beitragen kann. Die ICI verhindern, dass Signale von Krebszellen die Funktion von Immunzellen hemmen. So kann das Immunsystem Krebszellen weiter erkennen und bekämpfen. Immuntherapien ergänzen damit klassische Verfahren wie chirurgische Eingriffe, Strahlen- oder Chemotherapien. Ein Ziel der Zukunft ist es, durch innovative zielgerichtete Immuntherapien auf klassische Verfahren verzichten zu können und so unerwünschte Nebenwirkungen weiter zu reduzieren.
Die Nutzung von gentechnisch veränderten körpereigenen Abwehrzellen ist ein weiterer vielversprechender Ansatz, der schon heute erste Erfolge bei der Behandlung von Krebs verbuchen kann. Bei der CAR-T-Zelltherapie wird ein CAR – ein sogenannter chimärer Antigenrezeptor – in Abwehrzellen des Menschen integriert. Der neue Rezeptor ist in der Lage, gezielt an Tumorzellen zu binden und ihren Zelltod auszulösen. Den zellulären Immuntherapien darf in Zukunft ein hoher Stellenwert zur Behandlung von Krebserkrankungen beigemessen werden.
Ein Thema, welches auch in den Medien spätestens seit der Corona-Pandemie präsent ist, sind die mRNA-Wirkstoffe, eine weitere Gruppe von Immuntherapien. Ihr Ziel ist es, spezifische gegen den Tumor gerichtete Immunantworten auszulösen. Bisherige Ergebnisse zu „Impfstoffen gegen Krebs“ waren jedoch noch nicht überzeugend, denn Krebszellen verfügen über die Fähigkeit, sich einer Erkennung durch das Immunsystem zu entziehen. Medikamente, die imstande wären diesen Mechanismus zu blockieren, werden jedoch potenziell diese Therapieform mehr in den Fokus rücken.
Durch roboterassistierte Chirurgie können Operationen mit zunehmender Präzision durchgeführt werden. Digitalisierung und Künstliche Intelligenz (KI) werden in den OP-Sälen eine immer größere Rolle spielen – und neue Möglichkeiten eröffnen, um präzise und schonende Methoden zur Entfernung von Tumoren in der Klinik anzuwenden.
Eine entscheidende Weichenstellung für neue Perspektiven in der Krebsmedizin ist die Digitalisierung medizinischer Daten. So bieten beispielsweise neue bildgebende Verfahren und die Analyse von kompletten Genomen mithilfe von Künstlicher Intelligenz (KI) ein großes Potenzial. Entscheidend dabei ist die Qualität der Daten, die hochauflösend und qualitätsgesichert, real und interoperabel sein und den gesamten Versorgungspfad abdecken müssen.
Wie kann das funktionieren? Die Macht der „Big-Data“ entfaltet sich, wenn Daten aus klinischer Praxis, klinischen Studien, Verlaufsdaten und idealerweise auch aus der Grundlagenforschung zusammengebracht und analysiert werden. Diese Zusammenführung von Daten wird nicht nur auf nationaler Ebene, sondern international stattfinden. Die 2016 gestartete, vom BMBF geförderte umgesetzte Medizininformatik-Initiative (MII) entwickelt einen bedeutenden Schub zur Digitalisierung des Gesundheitsbereichs in Deutschland. Davon erhoffen sich Forschende, Ärztinnen und Ärzte Erkenntnisse, die dabei helfen, neue Therapien und Behandlungskonzepte zu entwickeln.
Das Ziel der modernen Krebsmedizin ist klar: Die Heilung der Erkrankung. Bis dahin sind noch viele Herausforderungen zu bewältigen. Doch schon heute profitieren Patientinnen und Patienten von erhöhter Wirkung, besserer Verträglichkeit und mehr Lebensqualität durch die Fortschritte der Forschung in den vergangenen Jahren.