Februar 2016

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Ebola-Forschung für die Zukunft – Internationale Zusammenarbeit verbessern

Das Deutsche Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) arbeitete bereits während der Epidemie 2014 an einem Impfstoff gegen das Virus. Parallel dazu initiierte es ein Konsortium, das die internationale Ebola-Forschung stärken und Forschungslücken schließen soll.

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Wie kann das Ebola-Virus gehemmt werden? Wie können Erreger und ihre Ausbreitung jetzt und zukünftig besser überwacht werden? Wie lassen sich schnell sichere Impfstoffe entwickeln und zum Einsatz bringen? „Dies waren die dringendsten Fragen, die im Rahmen von EBOKON beantwortet werden sollten“, erklärt der EBOKON-Koordinator Professor Dr. Stephan Becker an der Philipps-Universität Marburg.

Impfstoffe gegen Ebola

Eine Impfung ist oft der wirksamste Schutz vor einer Infektion. Üblicherweise wirkt eine Impfung über eine Aktivierung unseres Immunsystems. Abgetötete Viren oder Virenbestandteile täuschen dem Körper eine Infektion vor und regen so die Produktion von wichtigen Abwehrzellen und Antikörpern an. Man nennt diese Art der Impfung auch aktive Impfung. Ihr Vorteil: Sie kann ein Leben lang vor der Erkrankung schützen.

Ein neu entwickelter Ebola-Impfstoff, ein sogenannter VSV-Impfstoff, wird unter Koordination der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bereits klinisch getestet (siehe blaue Infobox auf Seite 13). Der VSV-Impfstoff wirkt gegen einen speziellen Virusstamm, das Zaire-Ebola-Virus. Da es mehrere Ebola-Virenstämme gibt, die an Ausbrüchen beteiligt sein können, arbeiten die Wissenschaftler im Rahmen von EBOKON auch daran, eine „Plattform“ zu entwickeln, auf der Impfstoffe gegen verschiedene Ebola-Stämme bei Bedarf in kurzer Zeit produziert werden können.

We have survived Ebola: eine Wand, die die Dankbarkeit vieler Überlebender zeigt.

We have survived Ebola: eine Wand, die die Dankbarkeit vieler Überlebender zeigt.

Günter Fröschl

Professor Dr. Gerd Sutter, der am Institut für Infektionsmedizin und Zoonosen an der Ludwig-Maximilians-Universität München an diesem Projekt arbeitet, erklärt: „Diese Impfstoffe werden den Vorteil haben, dass sie breiter wirksam sind und ein höheres Sicherheitsprofil haben.“ „Der Impfstoff basiert nämlich auf rekombinanten Vacciniaviren. Das sind Viren, die sich beim Menschen nicht vermehren können, die im Körper aber trotzdem die Produktion der für die Immunabwehr erforderlichen Substanzen ankurbeln“, so Sutter. Theoretisch lassen sich die Informationen mehrerer Ebola-Stämme in diese Trägerviren einbringen, um so einen multivalenten Impfstoff zu produzieren, also einen Impfstoff, der gegen mehrere Virustypen wirksam ist. Die Versuche haben bisher gezeigt, dass diese Impfstoffe eine gute Immunantwort auslösen.

mögBessere Kontrolle im Ernstfall: Über eine Handy-App soll es möglich sein, Daten von Erkrankten schnell an ein zentrales Register zu übermitteln.

Bessere Kontrolle im Ernstfall: Über eine Handy-App soll es möglich sein, Daten von Erkrankten schnell an ein zentrales Register zu übermitteln.

DZIF

Immunsystem und Impfung

Für die Entwicklung von wirksamen Impfstoffen und den weiteren Kampf gegen Ebola ist es dabei unerlässlich, die Immunantwort des Organismus auf eine Virusinfektion und die Pathogenese besser zu verstehen. In Hamburg konnte erstmals der Verlauf der Immunantwort auf eine Ebola-Infektion wissenschaftlich untersucht werden kann. „Bisher war das für Ebola nicht möglich, weil wir kein geeignetes Untersuchungsmodell hatten, um Anhaltspunkte für mögliche Abwehrmechanismen zu bekommen“, erklärt Dr. Cesar Munoz-Fontela vom Heinrich-Pette-Institut.

Bei einer ersten Testung an gesunden Menschen, einer sogenannten klinischen Phase-I-Studie, verfolgen Forscher am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE), wie das angeborene Immunsystem auf die Immunisierung reagiert und die Impfwirkung anstößt. Erste Daten weisen darauf hin, dass bereits 24 Stunden nach einer Impfung Zytokine produziert werden. Zytokine sind wichtige Botenstoffe des Immunsystems. Zudem stellt der Körper innerhalb von drei Tagen eine Vielzahl von Abwehrzellen her, die zum angeborenen Immunsystem gehören. Das sind Monozyten, Dendritische Zellen und Natürliche Killerzellen, die im Falle einer Infektion einen unspezifischen Sofortschutz leisten. „Wir wollen nun herausfinden, inwiefern diese Aktivierung die spätere adaptive, also erworbene Antwort beeinflusst, die für eine langfristig wirksame Impfung entscheidend ist“, erklärt Dr. Anne Rechtien vom UKE.

Internationale Kooperation zur Impfstoffprüfung

Im Oktober 2014 hat das DZIF offiziell den Antrag zur Genehmigung einer klinischen Phase-I-Studie für den Impfstoffkandidaten rVSV-ZEBOV gestellt. Exakt einen Monat danach wird der erste Versuchsteilnehmer am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf geimpft. Die DZIF-Professorin Dr. Marylyn Addo hat die Studie in Hamburg geleitet. Parallel dazu wurden Tests am DZIF-Partnerinstitut in Lambaréné (Gabun) sowie in Genf (Schweiz) und Kilifi (Kenia) durchgeführt. „Wir standen fast täglich im Kontakt mit der WHO, die den Impfstoff zur Verfügung stellte und die Vorbereitung koordinierte“, erklärt Addo. Die Ergebnisse waren gut: Der Impfstoff hatte das Potenzial, zum Schutz vor Ebola eingesetzt zu werden. Weitere Studien, in denen viele Menschen geimpft werden, sind in den afrikanischen Ländern sehr erfolgreich angelaufen. Mit weiteren Ergebnissen ist im kommenden Jahr zu rechnen.

Antivirale Medikamente gegen Ebola

Vorbeugung gegen Ebola durch Impfung ist eine von zwei Zielen. Wichtig ist aber auch die Entwicklung von antiviralen Medikamenten, die den Krankheitsverlauf beeinflussen können. Wie könnte beispielsweise das Virus am Eintritt in die Wirtszelle gehemmt werden? Bekannt ist, dass ein bestimmtes Eiweiß, ein Glykoprotein des Ebola-Virus, den Eintritt in die menschlichen Zellen vermittelt. Wäre das ein möglicher Angriffspunkt für ein Medikament? Im Primatenzentrum in Göttingen wird untersucht, welche Zellfaktoren beteiligt sind und wie die Viren ihr zentrales Ziel im Körper, die Makrophagen, entern. Professor Dr. Stefan Pöhlmann vom Primatenzentrum konnte Faktoren identifizieren, die bei verschiedenen Ebola-Virusstämmen gleichermaßen eine wichtige Rolle spielen: sowohl beim Eintritt der Viren als auch bei einer Hemmung. Auch passive Impfstrategien, wie Antikörpercocktails, werden von EBOKON getestet. Ein Beispiel dafür ist ZMAPP, ein Wirkstoff der in der Ebola-Epidemie eingesetzt wurde.

Die Ausbreitung der Viren nachverfolgen

Wie lässt sich die Ausbreitung der Viren überwachen und rechtzeitig stoppen? Diese entscheidende Frage hat verschiedene Forschungsprojekte angestoßen. Eines untersucht die Übertragungskette des Ebola-Virus. Wie wird das Virus vom Flughund auf den Menschen übertragen, und spielen vielleicht noch andere Tiere eine Rolle bei der Ausbreitung? Dieser Frage geht Professor Dr. Christian Drosten nach. Er leitet das Institut für Virologie am Universitätsklinikum Bonn. Drosten untersucht vorhandene Proben von Flughunden und Schweinen, aber auch von Menschen. Die Proben stammen aus Ghana, einem relativ stark industrialisierten westafrikanischen Land. Die Ergebnisse der Studie werden Hinweise geben, wie man zukünftig eine vergleichbare Epidemie besser verhindern kann.

Entscheidend wird auch sein, ob bei einem erneuten Ausbruch die medizinische Versorgung und Kontrolle von Erkrankten und ihren Kontaktpersonen besser funktioniert. Bei der jüngsten Epidemie mussten tausende Menschen in oft weit entfernten Orten aufgesucht werden, um sie betreuen zu können. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung (HZI) entwickelten im Rahmen eines EBOKON-Projektes ein neuartiges IT-System, das zukünftig helfen soll, die Ausbreitung einer Infektion einzudämmen. Über zentral vernetzte Mobiltelefone können die Daten von Betroffenen schnell an ein zentrales Register übermittelt werden. Eine Handy-App ermöglicht es dann, dass vor Ort Symptome und Verdachtsfälle sowie Personendaten einfach erfasst werden können. Das Projekt ist in Zusammenarbeit mit Partnern in Nigeria, am Hasso-Plattner-Institut in Potsdam und mit dem Softwarehersteller SAP entwickelt worden. „Wir haben auch schon Hinweise darauf, dass dieses System funktionieren kann“, freut sich Professor Dr. Gérard Krause vom HZI. Nun gelte es, ein tragfähiges Marktmodell zu entwickeln.

Nach wie vor sind viele Fragen zu Ebola offen; doch durch die fachübergreifende Zusammenarbeit innerhalb des EBOKON-Verbundes konnten Erkenntnisse gewonnen werden, die im Falle einer neuen Infektionswelle hilfreich sein werden. Das DZIF wird im Rahmen seines Schwerpunktes „Neu auftretende Infektionskrankheiten“ intensiv an weiteren Impfstoffen und Strategien gegen Ebola arbeiten

Deutsches Zentrum für Infektionsforschung (DZIF)

Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) entwickeln bundesweit rund 300 Wissenschaftler aus 35 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Ziel ist die sogenannte Translation: die schnelle, effektive Umsetzung von Forschungsergebnissen in die klinische Praxis. Damit bereitet das DZIF den Weg für die Entwicklung neuer Impfstoffe, Diagnostika und Medikamente gegen Infektionen. Das DZIF wird vom BMBF und den Ländern gefördert. Mehr Informationen finden Sie unter www.dzif.de.

Ansprechpartner:
Professor Dr. Stephan Becker
Philipps-Universität Marburg
06421 28-66253
06421 28-68962
becker@staff.uni-marburg.de

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