Ethische Prinzipien rücken bei der Bewältigung der Corona-Pandemie immer stärker in den Fokus – bei klinischen Studien zu COVID-19 und Forschungsprojekten mit Menschen sind sie besonders wichtig. Forschende im Projekt PRECOPE entwickeln Empfehlungen.
Die Corona-Krise fordert heraus: Entscheidungsträger in der Politik und im Gesundheitswesen, aber auch jeden Einzelnen und die Wissenschaft. Es gilt wichtige Abwägungen zu treffen – aus medizinischer und wirtschaftlicher, aber auch aus sozialer und ethischer Sicht. Auch für die wissenschaftliche Forschung wirft die SARS-CoV-2 Pandemie Fragen nach angemessenen Reaktionen und Bewältigungsstrategien auf. Ethik-Forschende tragen dazu bei, notwendige Debatten über relevante moralische Fragen anzustoßen und Orientierungshilfen für konkretes Handeln zu liefern. Was dabei wichtig ist, analysiert das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderte Projekt PRECOPE.
„Der Ausbruch von SARS-CoV-2 hat die internationale Forschungsgemeinschaft vor die verantwortungsvolle Aufgabe gestellt, ihre Anstrengungen nach besten wissenschaftlichen Standards auf die rasche Erforschung von Therapie-, Diagnostik- und Präventionsansätzen zu richten“, erläutert Professor Daniel Strech, Leiter des Vorhabens. Sein Team am QUEST-Center des Berlin Institute of Health (BIH) analysiert, wie es um die Ethik dieser klinischen Forschung bestellt ist, die in kürzester Zeit geplant, gefördert, begutachtet, durchgeführt und publiziert wird.
Im April 2020 richtete die Arbeitsgruppe zunächst eine Anfrage an alle 52 deutschen Ethikkommissionen, die sich an der gesetzlich vorgeschriebenen Bewertung klinischer Prüfungen beteiligen und zugleich dem Arbeitskreis der Medizinischen Ethik-Kommissionen (AKEK) angehören. 42 Prozent der angeschriebenen Ethikkommission beteiligten sich an der Befragung; aufbauend auf diesen Informationen, einer Literaturrecherche und anhand zusätzlicher Interviews sollen im Verlauf des Forschungsvorhabens praxisnahe Empfehlungen für Ethikkommissionen und Antragstellende erarbeitet werden. In diesen Prozess werden externe Experten einbezogen und wird die PRECOPE-Arbeitsgruppe eng mit dem AKEK als Kooperationspartner zusammenarbeiten.
Ein erster Bericht zeigt die besonderen Herausforderungen bei der Begutachtung und Bewilligung klinischer Studien im Zusammenhang mit COVID-19 auf: „Zu den zentralen Stichpunkten gehören die wissenschaftliche Validität der Studien und die informierte Einwilligung der Studienteilnehmenden“, beschreibt Strech. „Bedingt durch Zeitdruck und fehlende nationale Koordinierung zu Beginn der Pandemie wiesen viele Anträge methodische Schwächen auf und es war schwer, eine stets hohe Qualität der Beratung und Prüfung zu gewährleisten.“ Zudem handele es sich bei den Studienteilnehmenden – in vielen Fällen Patientinnen und Patienten, die einen schweren Verlauf einer COVID-19-Erkrankung durchmachen – um eine besonders verletzliche Personengruppe. Hier gelte es, Risiko und Nutzen abzuwägen, besondere Standards beim Datenmanagement und beim Datenschutz zu beachten und zugleich die medizinische Forschung als wichtiges Mittel der Pandemiebekämpfung zu fördern.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung öffnete zu Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie das Rapid Response Modul der „Richtlinie zur Förderung eines Nationalen Forschungsnetzes zoonotische Infektionskrankheiten“ für einen Förderaufruf zur Erforschung von COVID-19. Ab dem 3. März 2020 konnten Forschende Anträge stellen, um zum Verständnis des Virus und dessen Ausbreitung beizutragen sowie um therapeutische und diagnostische Ansätze gegen COVID-19 zu entwickeln und um ethische, rechtliche und sozio-ökonomische Implikationen (ELSA) im Zusammenhang mit der Pandemie zu erforschen.