Pulmonale Alveolarproteinose – hinter diesem Fachbegriff verbirgt sich eine seltene und für die Betroffenen quälende Lungenerkrankung, unter der größtenteils Kinder leiden. Die Atemwege sind dabei von Fetten und Eiweißen verstopft. Das Atmen fällt den kleinen Patientinnen und Patienten deshalb immer schwerer. Regelmäßige Lungenspülungen unter Vollnarkose sind bislang die einzige Behandlungsmöglichkeit, nach denen die Kinder für eine kurze Zeit wieder frei durchatmen können. (Newsletter 71 / Dezember 2014)
Erste Erfolge aus dem Labor zeigen nun, dass direkt in die Lunge transplantierte Zellen die erkrankten Atemwege über einen längeren Zeitraum frei halten könnten. Die Zellen in unserem Körper sind ständig im Umbau: Muskeln werden größer oder kleiner, Knochen werden dichter oder poröser. Und auch Schleimhäute erneuern sich fast täglich. Dieser Auf- und Abbau hinterlässt unweigerlich Zellmaterial, das nicht mehr gebraucht wird. Es handelt sich hauptsächlich um Fette und Eiweiße. Für die Entsorgung dieser Substanzen hat unser Körper eine ganz eigene Müllabfuhr: die Makrophagen. Diese Zellen fressen den Zellschrott regelrecht auf. Sie werden deswegen auch Fresszellen genannt.
Makrophagen: unsere körpereigene Müllabfuhr
Auf diesem Bild „frisst“ ein Makrophage (rosa) mit seinen fadenartigen Fortsätzen gerade stäbchenförmige Bakterien (lila). In der Lunge laben sich die Makrophagen an übrig gebliebenen Zellbauteilen wie Fetten und Eiweiße. Die Makrophagen entstehen aus Blutvorläuferzellen. Wenn der Reifungsprozess dieser Zellen gestört ist, kann es zu lebensbedrohlichen Situationen kommen. Dies ist der Fall bei der Pulmonalen Alveolarproteinose oder kurz PAP. Hier ist durch einen Gendefekt die Entwicklung einer bestimmten Fresszellenart in der Lunge gestört. Das führt dazu, dass sich Eiweiße und Fette in den Atemwegen der Betroffenen anreichern. Sie bilden eine zähflüssige Schicht, die nicht nur das Atmen erschwert, sondern auch das Risiko für Infektionen erhöht.
Gemeinsam zum Ziel
Forscher aus verschiedenen Institutionen, aber unter einem virtuellen Dach, dem Deutschen Zentrum für Lungenforschung, sind auf der Suche nach neuen Behandlungsmöglichkeiten für diese Krankheit nun einen großen Schritt vorangekommen. Sie haben im Labor aus unreifen Blutzellen Makrophagen gezüchtet und diese Mäusen, die an Alveolarproteinose litten, direkt in die Lungen gegeben. Die Fresszellen reiften in den Lungen der Mäuse weiter zu Makrophagen heran und übernahmen erfolgreich ihre vorgesehene Funktion.
Transplantierte Fresszellen räumen in der kranken Lunge auf
„Es war sehr beeindruckend zu sehen, wie die transplantierten Zellen in den Lungen der kranken Mäuse aufräumten“, erzählt Professorin Dr. Gesine Hansen, Direktorin der Klinik für Pädiatrische Pneumologie, Allergologie und Neonatologie, an der Medizinischen Hochschule Hannover. Gemeinsam mit Professor Dr. Thomas Moritz, der am Institut für Experimentelle Hämatologie die Arbeitsgruppe Reprogrammierung und Gentherapie leitet, hat sie die Experimente durchgeführt. „Wir haben für unsere Versuche unreife Zellen aus Blutproben von Mäusen verwendet.
Den Blutzellen geben wir spezielle Wachstumsfaktoren, die unser Körper auch bei der Bildung von Makrophagen einsetzt. So werden sie zu Makrophagen umprogrammiert“, erklärt Moritz. Hatten die Zellen ein bestimmtes Reifestadium erreicht, wurden sie bei einer Lungenspiegelung in das Organ der Mäuse transplantiert. In den kranken Lungen angekommen, reiften die Zellen weiter und machten das, was Makrophagen machen sollen: Sie entsorgten die Fette und Eiweiße aus den verstopften Atemwegen.
Vom Labor in die Klinik
Forscherinnen und Forscher des DZL sind auf der Suche nach neuen Behandlungsmethoden für die seltene Atemwegserkrankung Pulmonale Alveolarproteinose einen entscheidenden Schritt vorangekommen. Bislang stammen diese Ergebnisse noch aus dem Labor. Doch sie sind Erfolg versprechend. Denn dieLungen der behandelten Mäuse blieben über einen längeren Zeitraum frei, als es nach einer üblichen Lungenspülung der Fall gewesen wäre. „Das möchten wir auch für unsere kranken Kinder möglich machen“, sagt Hansen. Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen vom Deutschen Zentrum für Lungenforschung planen deshalb eine klinische Studie.
Der Zellersatz hätte gleich mehre Vorteile für die kleinen Patienten: „Zum einen könnten körpereigene Blutzellen im Labor zu Makrophagen reifen. Das hieße, Abstoßungsreaktionen, wie sie bei Transplantationen immer gefürchtet werden, würden ausbleiben“, sagt Moritz. „Zum anderen ist der Eingriff, bei dem die Zellen transplantiert würden, wesentlich risikoärmer als eine Lungenspülung. Die Zelltransplantation könnte voraussichtlich sogar ambulant durchgeführt werden. Die Kinder müssten dafür nicht mehrere Tage im Krankenhaus verbringen“, ergänzt Hansen. Eine klinische Umsetzung der Erkenntnisse ist für die nächsten Jahre geplant.
Vorher muss es den beteiligten Forscherinnen und Forschern noch gelingen, das für die Entstehung der PAP verantwortliche kranke Gen in den körpereigenen Blutzellen der Betroffenen durch ein gesundes Gen zu ersetzen. Erste Untersuchungen hierzu laufen bereits. „Hier in Hannover und am DZL vereinen wir alle dafür erforderlichen Expertisen. Wir sind deshalb zuversichtlich, dass es uns gelingen wird, die notwendigen Vorarbeiten für die klinische Studie erfolgreich abzuschließen“, hofft Moritz. Die Forschung der Arbeitsgruppe wurde auch durch die Eva-Luise Köhler und die Else Kröner-Fresenius Stiftung unterstützt.