Krankheit und Therapie beeinflussen die Lebensqualität junger Krebspatienten nachhaltig. Das Fazit einer Studie zu diesem Thema lautet: Krebskranke Kinder und Jugendliche benötigen eine intensive Betreuung für die Aussicht auf umfassende körperliche und psychische Heilung sowie soziale Integration.
70 Prozent aller krebskranken Kinder und Jugendlichen überleben ihre Erkrankung. Doch wie stark beeinflussen die Krankheit und die eingeleitete Therapie das weitere Leben dieser Patienten? Ein Forscherteam unter der Leitung von Dr. Gabriele Calaminus von der Klinik für Kinderonkologie in Düsseldorf ging dieser Frage nach. Gemeinsam mit Kollegen aus Erlangen untersuchte sie die Entwicklung von Kindern und jungen Erwachsenen, die an einer speziellen Form der Leukämie (ALL = akute lymphatische Leukämie) erkrankt waren oder einen bösartigen Kleinhirntumor entwickelt hatten. Die Wissenschaftler kommen zu dem Schluss: Junge Krebspatienten, die an einem Hirntumor erkrankt sind oder eine intensive Therapie bekommen, benötigen eine umfassende körperliche, psychische und soziale Betreuung. Denn ihre Leistungsfähigkeit ist verringert, sie haben weniger Kontakt zu Altersgenossen und ihre schulische oder berufliche Ausbildung ist durch die Therapie beeinträchtigt.
Körper und Geist - Krankheit macht keinen Unterschied
Calaminus und ihr Team untersuchten 252 Patienten im Alter von vier bis 18 Jahren zu unterschiedlichen Zeitpunkten: bei Diagnosestellung, vor Beginn der Therapie, zu deren Ende und zwei Jahre danach. Die Therapie eines Hirntumors beinhaltete in der Regel sowohl eine Strahlentherapie als auch eine Chemotherapie - zwei Verfahren, die dem Körper viel abverlangen. Mithilfe standardisierter Testverfahren beurteilten die Wissenschaftler Intelligenz, Konzentration und Aufmerksamkeit, Verhalten und körperliche Entwicklung der Patienten. Außerdem beurteilten die Betroffenen und ihre Eltern die Lebensqualität anhand von Fragebögen. Der Erlanger Kollege, Professor Jörn Beck, untersuchte parallel dazu die Spätfolgen der Therapie für Herz, Nieren und andere Organe.
Die Wissenschaftler stellten deutliche Unterschiede zwischen den Untersuchungsgruppen fest. ALLPatienten zeigten während des Untersuchungszeitraums unverändert gute intellektuelle Fähigkeiten. In der Folge traten jedoch therapiebedingte körperliche Einschränkungen wie Abgeschlagenheit und verminderte Leistungsfähigkeit auf. Die Lebensqualität schätzten die Eltern der ALLPatienten in der Regel positiver ein als ihre betroffenen Kinder. Gegen Ende der Therapie beurteilten Kinder und Jugendliche ihre Lebensqualität wieder etwas besser.
Die Ergebnisse der Patienten mit Hirntumoren sahen hingegen anders aus: „Die Handicaps der Hirntumor-Patienten waren aufgrund der tumorbedingten Schädigung des Nervensystems häufig schon bei der Diagnose deutlich zu erkennen und verstärkten sich durch die Therapie oft noch. Die Einschränkungen ließen sich nicht mehr ausgleichen, was die insgesamt eher negative Einschätzung der Lebensqualität durch Eltern und Kinder erklärt“, so Calaminus.
Empfehlungen für die Versorgung
Die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen des Kompetenznetzes Pädiatrische Onkologie und Hämatologie geförderte Untersuchung stützt die Einschätzung der Wissenschaftler, dass erkrankungs- und therapiebedingte Veränderungen nicht nur zu einer vorübergehenden körperlichen Einschränkung führen. Um jedoch die Folgen der Erkrankung und ihrer Therapie sicher abschätzen zu können, sollte nach Ansicht der beteiligten Forscher die Erfassung und Beurteilung der entstandenen Handicaps mithilfe standardisierter Messverfahren Einzug in die allgemeine Therapieplanung und -begleitung krebskranker Kinder und Jugendlicher finden. Auf Grundlage der Ergebnisse können dann Empfehlungen für die langfristige Versorgung gegeben werden.
Ansprechpartnerin:
Dr. Gabriele Calaminus
Klinik für Kinderonkologie, -hämatologie,
und -immunologie
Universitätsklinikum Düsseldorf
Moorenstraße 5
40225 Düsseldorf
Tel.: 0211 811-9108
Fax: 0211 811-6206
E-Mail: calaminus@med.uni-duesseldorf.de