April 2019

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Hautkrebs – Früherkennung per Bluttest

Nach erfolgreicher Operation leben Melanom-Patientinnen und -Patienten jahrelang mit der Angst, dass der Krebs wiederkommt. Ein neuer Bluttest soll schnell Klarheit bringen, ob ein Rückfall droht. Er soll auch für die Früherkennung anderer Krebsarten geeignet sein.

Reagenzgläser im Labor

Der neue Bluttest soll den Krebs aufspüren, bevor andere Diagnosemethoden greifen.

angellodeco/Adobe Stock

Krebs wird oft erst entdeckt, wenn er bereits viele Monate im Körper wachsen konnte. Die Heilungschancen sind dann deutlich schlechter. Forscherinnen und Forscher suchen daher weltweit fieberhaft nach Tests, die Tumorwachstum bereits im Frühstadium im Blut der Patientinnen und Patienten nachweisen können. Liquid Biopsy heißt diese Diagnosemethode.

Das Team rund um den Grundlagenforscher und Dermatologen Professor Andreas Baur vom Universitätsklinikum Erlangen hat nun einen Bluttest entwickelt, mit dem Ärztinnen und Ärzte das Rückfallrisiko von Hautkrebspatienten individuell voraussagen können. Der Test soll sich auch für die Früherkennung diverser anderer Tumorarten eignen. Sogar für die Diagnose von Alzheimer könnte er künftig zum Einsatz kommen. „Das ultimative Ziel unserer Forschung ist ein datenbankbasiertes Screening, das schon bei gesunden Menschen als Diagnoseinstrument angewendet werden könnte“, sagt Baur. Das Bundesforschungsministerium unterstützt das Forschungsprojekt.

„Wir greifen bisher relativ spät ein“

Im Fokus der Forschung steht zunächst das Rückfallrisiko bei Melanom-Patienten. Wird ein Tumor entfernt, bleiben immer einzelne Tumorzellen im Körper zurück. Diese können über Jahre unentdeckt bleiben oder aber Mikrometastasen bilden und innerhalb kürzester Zeit eine gefährliche Größe erreichen. Beim Melanom hängt das Rückfallrisiko entscheidend von der Dicke des Primärtumors ab. Es reicht von 5 bis zu 80 Prozent innerhalb von zehn Jahren. Die Betroffenen kommen daher alle drei bis sechs Monate zur Tumornachsorge in die Klinik. „Leider können wir oft erst etwas feststellen, wenn der neue Tumor schon eine signifikante Größe erreicht hat“, sagt Baur. „Das heißt, wir greifen dann relativ spät ein.“

Das Problem: Wiederkehrende Tumore lassen sich mit bisherigen Diagnosemethoden nur nachweisen, wenn man sie sehen oder ertasten kann, etwa auf einem Röntgenbild, beim Ultraschall oder auf der Haut. Auch die Diagnose mittels Tumormarkern im Blut hat deutliche Schwächen. „Diese Marker lassen sich erst nachweisen, wenn der Tumor bereits eine gewisse Größe erreicht hat. Und manchmal werden sie gar nicht gebildet“, erklärt Baur.

Jeder Tumor hinterlässt spezifische Muster im Blut

Der neue Test ermittelt bestimmte Muster im Blut. Sie geben Aufschluss über die Art des Tumors und das Rückfallrisiko.

Der neue Test ermittelt bestimmte Muster im Blut. Sie geben Aufschluss über die Art des Tumors und das Rückfallrisiko.

Universitätsklinikum Erlangen

Das neue Testsystem soll viel früher greifen. Eine entscheidende Rolle dabei spielt die Leber. Sie entgiftet nicht nur das Blut, sondern ist auch das größte Immunorgan des menschlichen Körpers. Alle drei Minuten kontrolliert sie die gesamte Blutmenge von bis zu sieben Litern. Wenn etwas nicht stimmt, übermittelt sie Gefahrensignale an das Immunsystem. Die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler haben festgestellt, dass die Leber sehr schnell auf Tumorzellen im Blut reagiert. Bereits in der frühen Phase des Tumorwachstums werden Krebszellen ins Blut abgegeben. Diese zirkulieren im Körper und werden von der Leber wie in einem Filter aufgefangen.

Wenn dies geschieht, schüttet die Leber sogenannte extrazelluläre Vesikel mit Warnbotschaften aus. „Sie sehen aus wie Viren und sind auch so groß“, sagt Baur. „Die Vesikel verteilen sich im ganzen Körper. Sie sollen die Immunzellen informieren, aktivieren und gleichzeitig die Aktivität der Tumorzellen hemmen.“ Mithilfe ihres neuen Tests können Baur und sein Team „mitlesen“, welche verschlüsselte Nachricht die Vesikel für die Immunzellen enthalten. „Die Botschaften in den Vesikeln sind je nach Tumorart verschieden“, erklärt der Krebsforscher. Das heißt: Jede Tumorart provoziert ihre eigene spezifische Vesikel-Antwort.

Datenbank für die Mustererkennung

Dass ihre Methode funktioniert, konnten die Forscherinnen und Forscher bereits anhand von Patientendaten aus dem Klinikalltag nachweisen. Im nächsten Schritt wollen sie ihr Testsystem mit Proben von mehr als 1.000 Patientinnen und Patienten abgleichen und validieren. Zeitgleich bauen sie eine Datenbank für die Erkennung der Vesikel-Muster auf. Sie soll künftig eine automatisierte Diagnose möglich machen.

Patientinnen und Patienten müssten dann gar nicht erst zu aufwendigen Untersuchungen in die Klinik kommen. Ein regelmäßiger Bluttest beim Hausarzt wäre ausreichend. Ein Abgleich mit der neuen Datenbank würde schnell Klarheit bringen. Bei ungünstiger Prognose würden sich dann die Ärztinnen und Ärzte in der Klinik einschalten und den neuen Tumor so früh wie möglich bekämpfen. Wenn alles nach Plan läuft, könnte der Test schon bald zum Einsatz kommen. Und irgendwann auch den Weg in die Vorsorge finden, auch für zahlreiche andere Erkrankungen. Krebsforscher Baur ist überzeugt: „Das ist die Medizin der Zukunft.“

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Andreas Baur
Hautklinik am Universitätsklinikum Erlangen
Hartmannstraße 14
91052 Erlangen
andreas.baur@uk-erlangen.de