HEROS: Sofortige Hilfe, wenn die Lunge versagt

Bei akutem Lungenversagen muss sofort gehandelt werden. Jede Sekunde entscheidet über Leben und Tod. In solchen Notfallsituationen ist bislang die maschinelle Beatmung üblich.

Die Standardtherapie bei akutem Lungenversagen birgt allerdings manche Risiken, die den ohnehin kritischen Zustand des Patienten noch weiter verschlechtern können. Alternativ zur maschinellen Beatmung ist es heute möglich, das Blut auch in einem Kreislauf außerhalb des Körpers über Membranen mit Sauerstoff anzureichern. Diese sogenannte extrakorporale Membranoxygenation, kurz ECMO, hat bisher jedoch keine wirklichen Fortschritte in der Behandlung des akuten Lungenversagens gebracht. Auch mit der Herz-Lungen-Maschine ist das Risiko für die Patienten weiterhin hoch und die Sterblichkeit nicht nennenswert zurückgegangen.


Aachener Wissenschaftler entwickeln nun ein System zur Blutoxygenation außerhalb des Körpers, das von jeder äußeren, stationären Energiequelle unabhängig ist. Die Energie liefert ein batteriebetriebener Motor oder sogar nur eine integrierte Sauerstoffkartusche. Damit ist das Oxygenatorsystem komplett autark, es kann schnell und überall eingesetzt werden. Dieses HEROS-System (Highly Integrated Extracorporeal Rescue Oxygenation System) erlaubt es, im akuten Notfall früher eingreifen zu können als bisher. Denn HEROS ist viel kleiner als die traditionellen ECMOSysteme, es benötigt keine Kabel oder externe Verbindungen zur Energieversorgung. Entsprechend können Patienten mit akutem Lungenversagen schon deutlich früher – nämlich vor und beim Transport in das Krankenhaus – behandelt werden. Diese umgehende Behandlung bietet mehrere Vorteile zugleich: Die Prognose der Patienten verbessert sich deutlich, der Aufenthalt im Krankenhaus wird verkürzt und somit sinken auch die Behandlungskosten erheblich.

Das Projekt wird vom Helmholtz-Institut für Biomedizinische Technik der RWTH Aachen in Kooperation mit der Novalung GmbH (Hechingen) im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Verbundvorhabens Aachener Kompetenzzentrum Medizintechnik (AKM) durchgeführt.

Autarke Sauerstoffanreicherung
Anliegen der Aachener Wissenschaftler war es, ein Oxygenatorsystem zu entwickeln, das in Notfallsituationen und beim Transport völlig autonom eingesetzt werden kann. „Der extrakorporale Membranoxygenator erfüllt als unabhängige Einheit sowohl die Funktion der Blutoxygenation als auch die der Blutförderung“, erklärt Dr. Christoph Monfeld, der Projektmanager vom AKM. Kernstück von HEROS ist ein Zylinder aus gasaustauschfähigen Fasern. Er wird in Rotation versetzt, die dadurch entstehende Zentrifugalkraft befördert das Blut innerhalb des extrakorporalen Kreislaufs. Aktuell arbeiten die Aachener Wissenschaftler am Antrieb und dessen Energieversorgung. „Unsere Idealvorstellung wäre es, zukünftig die benötigte Antriebsenergie über die integrierte Sauerstoffkartusche zu erzeugen“, erläutert der wissenschaftliche Projektleiter Dr. Ullrich Steinseifer die technischen Herausforderungen. Zurzeit wird der Antrieb noch über einen akkubetriebenen Motor realisiert. Aber auch damit kann HEROS sofort und überall in allen Situationen zum Einsatz kommen. Es unterstützt die Lunge über einen Zeitraum von wenigen Tagen bis zu drei Monaten, bis die natürlichen Lungenfunktionen vollständig wiederhergestellt sind.

Jede Sekunde zählt
Das akute Lungenversagen (acute respiratory distress syndrom, ARDS) kann sowohl durch Infektionen als auch durch Verletzungen verursacht werden. Die Standardtherapie bei ARDS ist derzeit die maschinelle Beatmung. Der hier notwendige hohe Gasdruck verhindert eine schnelle Heilung der geschädigten Lungenareale, teilweise schädigt er sogar gesunde Lungenbereiche. Der Therapieprozess kann damit zu einem Teufelskreis werden, der den ohnehin kritischen Zustand des Patienten weiter verschlechtert. Als Alternative zur maschinellen Beatmung kann das Blut auch in einem Kreislauf außerhalb des Körpers direkt über Membranen mit Sauerstoff angereichert werden. Die heute dazu eingesetzten Systeme basieren auf dem Konzept einer Herz-Lungen-Maschine, die den Kreislauf über wenige Stunden hinweg ersetzt. Bei längerem Einsatz kann es jedoch zu einem Thrombozytenmangel und in vielen Fällen auch zu Infektionen und Blutvergiftungen kommen. Daher konnte mit der extrakorporalen Membranoxygenation (ECMO) bisher keine wesentliche Reduzierung der Sterblichkeit beim akuten Lungenversagen erreicht werden.

Ansprechpartner:
Dr. Christoph Monfeld
Aachener Kompetenzzentrum Medizintechnik (AKM)
Technologiezentrum am Europaplatz
52068 Aachen
Tel.: 0241 963-2422
Fax: 0241 963-2421
E-Mail: c.monfeld@akm-aachen.de