Mediziner und Ingenieure entwickeln in Aachen gemeinsam den intelligenten OP-Saal der Zukunft. Dazu gehört unter anderem ein computergestütztes Assistenzsystem, welches das Operieren für Chirurgen weniger belastend und damit für Patienten sicherer macht. Der neue OP-Tisch ermöglicht eine ergonomische Körperhaltung der Operateure, damit sie präziser und effizienter arbeiten können.
Die chirurgische Arbeitsstation ist ein Schwerpunkt des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekts OrthoMIT. Dessen Ziel ist es, Innovative Techniken für schonende und sichere Operationsverfahren zu entwickeln. Im Mittelpunkt stehen dabei orthopädische und traumatologische Eingriffe wie
Hüft-, Knie- und Wirbelsäulenoperationen.
Der OP-Tisch als Assistent
Gerade bei stundenlangen Operationen und schwer zugänglichen Körperregionen kann der neue Assistent den Chirurgen körperlich entlasten und dadurch den Eingriff effizienter machen. Die Forscher kombinierten OP-Tisch und Röntgengerät mit einem intelligenten Navigationssystem zu einer computergestützten OP-Einheit, die dem Chirurgen wie ein Assistent zur Seite steht. Mithilfe der Navigation kann der Operateur den Tisch steuern und für jeden Operationsschritt in die optimale Position bringen. Dabei denkt der Hightech-Assistent mit: Das System kennt den Operationsablauf genau und schlägt dem Chirurgen die jeweils beste Einstellung vor. Per Knopfdruck entscheidet der Chirurg, ob sich der Tisch in die empfohlene Position bringen soll. Außerdem koordiniert der Assistent die Bewegungen von Tisch und Röntgengerät, sodass während der OP, einfacher als bisher, exakte Röntgenaufnahmen angefertigt werden können und „Probeschüsse“ entfallen. Um mindestens 30 bis 40 Prozent lässt sich so die Strahlenbelastung für Patient und OP-Team reduzieren.
Sein „Wissen“ verdankt der rechnergestützte Assistent einer aufwendigen Analyse. Mit Videoaufnahmen aus drei verschiedenen Blickwinkeln studierten die Wissenschaftler die Bewegungen und Körperhaltungen der Operateure bei verschiedenen Eingriffen ganz genau. Anschließend fütterten die Forscher den Computer mit Strategien, mit denen sich Haltungsdefizite und Arbeitsabläufe verbessern lassen. „Die Arbeitsposition der Chirurgen ist ergonomisch häufig sehr ungünstig. Bei industriellen Tätigkeiten - etwa bei der Automontage oder ähnlichem - wären sofortige Umstrukturierungen die Folge, um Gesundheitsschäden zu vermeiden“, erklärt Projektleiter Professor Klaus Radermacher vom Lehrstuhl für Medizintechnik der RWTH Aachen.
Bequemer für den Operateur, sicherer für den Patienten
Während die Narkoseärzte den Patienten für die Operation vorbereiten, kann die OP-Schwester bereits die Körpermaße von Patient und Operateur sowie den geplanten Eingriff in das System eingeben. Zukünftig soll die chirurgische Arbeitsstation diese Daten automatisch direkt über das Krankenhaus-Informationsnetzwerk erhalten. Der virtuelle Assistent empfiehlt dann die optimale Einstellung des OP-Tisches sowie die Lagerung des Patienten für jede Phase der Operation. Solch ein neuer Arbeitsplatz kommt Operateuren und Patienten zugute, weil er die Chirurgen bei ihrer Arbeit entlastet und so die Sicherheit für den Patienten erhöht. „Wenn der Arzt beispielsweise über lange Zeit hinweg eine unbequeme Körperhaltung einnehmen muss, beeinträchtigt dies auch die Präzision und Effizienz seiner Arbeit“, sagt Radermacher.
Vision: der anpassungsfähige Operationssaal nach dem Baukastenprinzip
Der Ingenieur und sein Team testen derzeit den ersten Prototypen des rechnergesteuerten Operationstischs gemeinsam mit Medizinern und Industriepartnern. 2010 soll das System in die klinische Prüfung gehen. „Der wissensbasierte OP-Tisch ist nur der Anfang“, so Radermacher. Weitere Planungs- und Navigationssysteme und Techniken wie Sprach- und Gestenerkennung oder sensorgesteuerte Miniaturroboter sollen den OP-Saal der Zukunft ganz den Bedürfnissen von Arzt und Patient anpassen. Die einzelnen Module können dann nach dem Baukastenprinzip zusammengesetzt werden.
Ansprechpartner:
Dr. Christoph Monfeld
OrthoMIT-Geschäftsstelle
Aachener Kompetenzzentrum Medizintechnik (AKM)
Dennewartstraße 25–27
52068 Aachen
Tel.: 0241 963-2422
Fax: 0241 963-2421
E-Mail: c.monfeld@akm-aachen.de
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