Beatmung im Schongang: Forscher der RheinischWestfälischen Technischen Hochschule Aachen (RWTH) entwickeln ein System, das die Lunge nach akutem Versagen schonender unterstützt als herkömmliche Verfahren. Das miniaturisierte Gasaustauschsystem HIMOX soll im Körper das Blut mit lebenswichtigem Sauerstoff anreichern.
Ein hoch integriertes, implantierbares Oxygenierungssystem, kurz HIMOX, soll zukünftig für die zusätzliche Sauerstoffanreicherung bei Menschen mit einem akuten Lungenversagen sorgen. „HIMOX ist nicht nur schonender, sondern in Notfallsituationen auch einfacher zu handhaben und risikoärmer als die bislang eingesetzten Systeme”, erläutert Giorgio Cattaneo, der gemeinsam mit einem wissenschaftlichen Team vom Aachener Kompetenzzentrum Medizintechnik (AKM) das neue Verfahren entwickelt hat. Bei den herkömmlichen Methoden wird das Blut außerhalb des Körpers mit Sauerstoff angereichert, was technisch und personell sehr aufwändig ist und weitere gesundheitliche Risiken, etwa für Infektionen und Thrombosen, birgt. Beim neuen Verfahren wird das miniaturisierte Gasaustauschsystem HIMOX im Körper der Patienten platziert. Die Entwicklung des Verfahrens wurde im Rahmen des Innovationswettbewerbs Medizintechnik gefördert, den das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) jährlich ausschreibt. Für das Verfahren sind mehrere europäische Patente angemeldet. Zurzeit wird die klinische Anwendung von HIMOX an Schweinen getestet.
Ein schonendes Verfahren zur Sauerstoffanreicherung
Das Gasaustauschsystem HIMOX wird mit einem Katheter über eine Beinvene in der herznahen unteren Hohlvene positioniert. Dort angekommen, richtet ein Zugsystem am Katheter die Faserbündel auf, bis sie wiePerlen an einer Schnur hintereinander stehen. Die Faserbündel sind so angeordnet, dass sie die Oberfläche für den Gasaustausch mit dem Blut in der Hohlvene maximieren. Der dafür notwendige Sauerstoff wird über den Katheter in die Faserbündel geleitet. Damit das Blut auch gegen den Widerstand der Fasern gleichmäßig fließt und so viel Sauerstoff wie möglich aufnehmen kann, ist eine Miniaturpumpe in das System eingebaut. Diese Pumpe verhindert eine zusätzliche Belastung des Herzens und erhält den Blutdruck in den übrigen Organen aufrecht. Dadurch lässt sich der notwendige Druck bei der künstlichen Beatmung auf ein normales und nicht schädigendes Maß senken.
Wenn die Lunge nicht mehr arbeitet
Das akute Lungenversagen (ARDS, Adult Respiratory Distress Syndrome) ist ein plötzlich auftretendes, lebensbedrohliches Ereignis, an dem immer noch 50 bis 70 Prozent der betroffenen Patienten sterben. Lungenentzündungen, Vergiftungen, schwere Verletzungen oder Infektionen können das akute Lungenversagen ARDS auslösen, das jedes Jahr rund 25.000 Bundesbürger betrifft. ARDS gilt auch als eine Hauptursache für die hohe Anfangssterblichkeit nach Lungentransplantationen. Bei ARDS entwickelt sich eine unspezifische Entzündungsreaktion in der Lunge. Das Organ füllt sich mit Flüssigkeit, Lungenzellen sterben ab und Entzündungszellen wandern ein. Die Lungenfunktion ist dadurch so beeinträchtigt, dass giftiges Kohlendioxid im Körper verbleibt und nicht durch Sauerstoff ersetzt wird - weitere Körperorgane drohen zu versagen. Bisher werden ARDS-Patienten intubiert und mit hohem Druck und hoher Sauerstoffkonzentration beatmet, um den lebensnotwendigen Gasaustausch sicherzustellen. Beatmet man die Patienten über längere Zeit auf diese Weise, kann das jedoch eine permanente Schädigung des Lungengewebes nach sich ziehen.
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Dr. Christoph Monfeld (Projektmanager)
AKM Innovationsmanagement GmbH
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