Forscherinnen und Forscher aus Gießen prüfen, ob die Inhalation eines künstlich hergestellten Botenstoffs schwere Krankheitsverläufe von COVID-19 lindern kann. Die Substanz moduliert die Bildung und Aktivierung bestimmter Immunzellen.
Bei der Suche nach Medikamenten gegen neue Krankheitserreger wie SARS-CoV-2 bietet es sich an, in dem bereits vorhandenen Wirkstoff-Arsenal zunächst vielversprechende Kandidaten zu identifizieren. Im nächsten Schritt analysieren Forschende dann das Potenzial ausgewählter Substanzen für die Therapie von COVID-19. Genau diese Strategie verfolgen auch die Lungenforscherin Prof. Dr. Susanne Herold und ihr Team. An der Justus-Liebig-Universität Gießen leitet Herold den Schwerpunkt Infektiologie des Gießener Universitätsklinikums. „Unser Ansatzpunkt ist ein natürlicher Botenstoff, der die Bildung und Aktivierung bestimmter Immunzellen beeinflusst und gleichzeitig die Reparatur der geschädigten Lunge beschleunigt. Wir wissen aus präklinischen Studien, dass dieser Botenstoff – ein kleines Protein – eine wichtige Rolle bei der Abwehr von Erregern in der Lunge spielen und Gewebeschäden verhindern kann“, so Herold. In dem vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Projekt GI-COVID wollen die Gießener Forscherinnen und Forscher jetzt prüfen, ob der Wirkstoff Molgramostim – eine gentechnisch hergestellte Form des Botenstoffs – schwere Krankheitsverläufe von COVID-19 lindern oder gar verhindern kann.
Das Ziel: Immunabwehr und Regenerationsfähigkeit der Lunge stärken
In ihrer klinischen Studie untersuchen Herold und ihr Team, ob die Inhalation von Molgramostim einer Verschlechterung der Lungenentzündung bei COVID-19-Patientinnen und -Patienten vorbeugen und ein akutes Lungenversagen verhindern kann. „Wir hoffen, dass der Wirkstoff die Immunabwehr der Lunge verbessert, die Regenerationsfähigkeit des Lungengewebes beschleunigt und damit die Notwendigkeit einer künstlichen Beatmung verhindern kann“, so Herold. Ein dem Molgramostim ähnliches Präparat ist in den USA für die Behandlung immungeschwächter Patientinnen und Patienten bereits zugelassen. Erste Anwendungen bei Personen mit schweren Lungeninfektionen lieferten vielversprechende Ergebnisse.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung öffnete zu Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie das Rapid Response Modul der „Richtlinie zur Förderung eines Nationalen Forschungsnetzes zoonotische Infektionskrankheiten“ für einen Förderaufruf zur Erforschung von COVID-19. Ab dem 3. März 2020 konnten Forschende Anträge stellen, um zum Verständnis des Virus und dessen Ausbreitung beizutragen sowie um therapeutische und diagnostische Ansätze gegen COVID-19 zu entwickeln.