Die klinische Forschung in Deutschland soll international konkurrenzfähig werden. Deshalb fördert das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) seit 1998 den Aufbau von Koordinierungszentren für klinische Studien (KKS). Nun ließ das Ministerium die Arbeit der Zentren von externen Fachleuten detailliert beurteilen. Sie bescheinigten den KKS hohe Fachkompetenz und die Durchführung multizentrischer klinischer Studien nach international anerkannten Qualitätsstandards.
Die klinische Forschung ist in Deutschland lange vernachlässigt worden. Ein Großteil der an deutschen Kliniken durchgeführten Studien entspricht nicht den internationalen Qualitätsstandards. Es fehlen nicht nur effiziente Strukturen zur Etablierung einer anerkannten Studienkultur, oft mangelt es auch an Kooperationsbereitschaft unter den Klinikpartnern. Ein weiteres Problem ist die geringe Akzeptanz klinischer Untersuchungen in der Bevölkerung. Obwohl die Studien strengen ethischen Richtlinien unterliegen, befürchten viele Menschen, als "Versuchskaninchen" missbraucht zu werden. In den USA ist die Situation ganz anders. Dort begeben sich Patienten oft selbst auf die Suche nach einer geeigneten klinischen Studie, um die modernste Therapie zu erhalten.
Dienstleister für klinische Studien
Die vom BMBF initiierten KKS sollen dazu beitragen, die unbefriedigende Situation in Deutschland zu ändern. Seit 1998 und bis 2006 unterstützt das BMBF die KKS mit insgesamt 17 Millionen Euro. Mittlerweile wurden an zwölf ausgewählten medizinischen Fakultäten Zentren geschaffen, die Studien initiieren, koordinieren und Fachwissen vermitteln, um die international geforderten Qualitätsrichtlinien zu erfüllen. Als zentrale Dienstleistungseinrichtungen an den Hochschulen können die KKS den Medizinern ausreichende personelle und logistische Ressourcen zur Verfügung stellen, um klinische Studien zu planen, durchzuführen und auszuwerten. Auf Wunsch übernehmen die Zentren das komplette Studienmanagement. Außerdem werden Studien im Auftrag Dritter, etwa industrieller Partner, betreut.
Die Einhaltung hoher Qualitätsstandards bei klinischen Studien ist nicht nur für den Schutz der Studienteilnehmer unerlässlich, sondern insbesondere auch für die Verlässlichkeit der erhobenen Daten und damit für die Sicherheit der neuen Therapien. Um hohe Qualitätsstandards der KKS zu fördern, hat das BMBF erstmals eine unabhängige Überprüfung, ein so genanntes externes Audit, durchführen lassen. Die nun vorliegenden Ergebnisse bestätigen den KKS eine hohe fachliche Kompetenz auf weltweit anerkanntem Niveau. Besonders hervorgehoben werden die Aus- und Weiterbildungsprogramme, die hochqualifiziertes Studienpersonal hervorbringen. Ziel müsse es nun sein, die schon vorhandene Akzeptanz der KKS weiter auszubauen. Gegenüber studienerfahrenen Kliniken und industriellen Partnern sollen sich die Koordinierungszentren verstärkt als kompetente, leistungsfähige und entlastende Partner etablieren. Dazu könnte die von den zwölf KKS angestrebte, engere Zusammenarbeit der einzelnen Zentren beitragen. Ein solcher Zusammenschluss bringt auch Auftraggebern von Studien viele Vorteile, beispielsweise eine hohe und garantierte Patientenzahl.
Wirksamkeit der Akupunktur
Ein Beispiel für die gelungene Vernetzung der KKS sind die weltweit größten Akupunkturstudien "gerac" (german acupuncture trials), die von mehreren Krankenkassen finanziert werden. Insgesamt vier KKS (Marburg, Mainz, Heidelberg und Düsseldorf) beteiligen sich an den von der Ruhr-Universität Bochum initiierten Untersuchungen. Sie sollen die Wirksamkeit und Sicherheit der Akupunktur bei chronischem Rückenschmerz, chronischem Schmerz als Folge einer Kniegelenksarthrose, Migräne und chronischem Spannungskopfschmerz im Vergleich zur Standardtherapie untersuchen. Die teilnehmenden KKS übernehmen unter anderem die regionale Überwachung der Studien und leisten damit einen wichtigen Beitrag zur Qualitätssicherung. Erste Ergebnisse einer Kohortenstudie mit über 40.000 Patienten, die Basisdaten zur Akupunktur in Deutschland ermitteln sollte, liegen bereits vor. Es zeigt sich, dass die Akupunktur bei den beschriebenen Erkrankungen eine sichere Behandlung ist. Nebenwirkungen wurden nur sehr vereinzelt festgestellt. Um die Wirksamkeit der Akupunktur wissenschaftlich beweisen zu können, sind jetzt randomisierte Studien notwendig. Etwa 4.000 Patienten werden hierfür zufällig in Gruppen mit unterschiedlichen Behandlungsarten eingeteilt. Erste Ergebnisse werden für 2004 erwartet.
Weitere Informationen:
http://www.gerac.de/
Ansprechpartnerin für die gerac-Studien in den KKS:
Carmen Schade-Brittinger
Koordinierungszentrum für Klinische Studien Marburg
Robert-Koch-Straße 7a
35037 Marburg
Tel.: 06421/28-6 65 09
Fax: 06421/28-6 65 17
E-Mail: kks@mailer.uni-marburg.de
Internet: http://www.kks-mr.de/
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