Februar 2019

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Krebs im Kindesalter erhöht das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen

Viele Kinder, die an Krebs erkranken, können dauerhaft geheilt werden. Einer aktuellen Studie zufolge sollten bei ihnen allerdings der Blutdruck und die Fettwerte bereits ab dem jungen Erwachsenenalter überwacht werden.

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Rund 80 Prozent der Kinder und Jugendlichen, die an Krebs erkranken, können heute erfolgreich geheilt werden. Allerdings erhöht sich ihr Risiko, im Erwachsenenalter eine Herz-Kreislauf-Erkrankung zu entwickeln.

DLR Projektträger / BMBF

Menschen, die als Kind oder Jugendliche an Krebs erkrankt waren, entwickeln als Erwachsene sehr früh einen hohen Blutdruck und Fettstoffwechselstörungen. Als Folge davon ist ihr Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen doppelt so hoch. Das ist das Ergebnis der ersten Langzeitstudie, die systematisch die Gesundheit und insbesondere die Langzeitfolgen für das Herz und das Kreislaufsystem nach einer Krebserkrankung im Kindes- und Jugendalter untersucht und mit der deutschen Allgemeinbevölkerung verglichen hat.

Die CVSS-Studie („Cardiac and vascular late sequelae in long-term survivors of childhood cancer“) konnte zeigen, dass Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen bei diesen Patientinnen und Patienten häufiger und früher als in der allgemeinen Bevölkerung auftreten. Herz-Kreislauf-Erkrankungen zeigten sich bei 4,5 Prozent der Langzeitüberlebenden – in der Mehrzahl bereits bei unter 40-jährigen. Dies ist beinahe acht Jahre früher als in der übrigen Bevölkerung.

In der Studie untersuchten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus Mainz zwischen Oktober 2013 und Februar 2016 insgesamt 951 Erwachsene, die als Kind oder Jugendlicher an Krebs erkrankt waren. Die Personen wurden ausführlich untersucht und befragt. So gaben sie Auskunft über die damalige Krebstherapie, ob sie rauchen und ob es in der Familie bereits Herz-Kreislauf-Erkrankungen gab. Die Studienteilnehmer waren zum Zeitpunkt der Untersuchung zwischen 23 und 48 Jahre alt. Deren Untersuchungsergebnisse wurden mit denjenigen von 15.000 Menschen aus der übrigen Bevölkerung verglichen.

Professor Dr. Jörg Faber, Leiter des Kinderonkologischen Zentrums im Universitären Centrum für Tumorerkrankungen (UCT Mainz), einer von drei Studienleitern unterstreicht: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass frühere Krebspatienten ein substantiell höheres Risiko haben, schon relativ früh, also im jungen Erwachsenenalter, klassische Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen wie Bluthochdruck und Fettstoffwechselstörungen zu entwickeln.“ Professor Dr. Philipp Wild, Leiter der Abteilung Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention, ebenfalls CVSS-Studienleiter ergänzt: „Hinzu kommt, dass bei fast 80 Prozent der Betroffenen – nämlich 207 von 269 – erhöhte Fettwerte erst im Rahmen der mit der Studie assoziierten klinischen Untersuchungen festgestellt wurden und zuvor unerkannt geblieben waren.“ Ein ähnliches Bild habe sich bei Bluthochdruck ergeben.

Auf der Grundlage der gewonnenen Erkenntnisse gilt es nun, diese Spätfolgen möglichst zu vermeiden. „Und das ist möglich“, ist Faber überzeugt: „Frühe Screening-Programme, die insbesondere Bluthochdruck und erhöhte Fettwerte im Fokus haben, sollten fester Bestandteil der Krebsnachsorge werden – unabhängig davon, um welche Krebsart es sich handelt.“ Dass sich aus einem Bluthochdruck eine Herz-Kreislauf-Erkrankung entwickelt, könnte dann frühzeitig etwa durch Umstellung des Lebensstils oder mittels Blutdruck-Medikamenten verhindert werden.

Die bisherige Nachsorge erfolgt lediglich für fünf bis zehn Jahre – und zielt hauptsächlich darauf ab, das erneute Auftreten der Krebserkrankung zu vermeiden. Darüber hinaus empfehlen aktuelle Leitlinien regelhafte Herz-Kreislauf-Untersuchungen nur bei ganz bestimmten Tumorarten. „Um eine optimale Nachsorgestrategie zu entwickeln, bedarf es aber noch weiterer Studien“, betont Professorin Dr. Maria Blettner, Direktorin des Instituts für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI). Sie leitet ebenfalls die Studie.

Auch die genauen Mechanismen, nach denen sich bei ehemaligen Krebspatienten Herz-Kreislauf-Symptome entwickeln, wollen die Forschenden nun verstärkt untersuchen. Bekannt ist beispielsweise, dass Chemotherapie oder Bestrahlung im Rahmen einer Krebsbehandlung Herzzellen sowie Blutgefäße temporär oder gar dauerhaft schädigen können. Die Vermutung ist, dass hier auch bestimmte genetische Faktoren eine Rolle spielen. „Dies gelte es nun mithilfe detaillierter weiterer Untersuchungen auf der molekularen Ebene näher zu beleuchten“, so die Autoren der Studie.

Über die CVSS Studie

Aufgrund intensiver Forschung in den vergangenen Jahrzehnten liegen die Heilungschancen bei Krebserkrankungen im Kindes- und Jugendalter heutzutage bei über 80 Prozent. Allerdings zeigen wissenschaftliche Untersuchungen, dass Langzeitüberlebende einer Krebserkrankung ein erhöhtes Risiko für eine Herz-Kreislauf-Erkrankung haben. Um dies genauer zu beleuchten, untersuchten die an der CVSS-Studie beteiligten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler insgesamt knapp 1.000 Erwachsene, die im Zeitraum von 1980 bis 1990 an Krebs erkrankt waren.

Die CVSS-Studie ist ein interdisziplinäres Projekt, das, u.a. vom Bundesforschungsministerium und der Deutschen Forschungsgemeinschaft gefördert wird. Sie wird gemeinsam von verschiedenen Einrichtungen der Universitätsmedizin Mainz und vom Zentrum für Kinder- und Jugendmedizin mit seinem Kinderonkologischen Zentrum (Professor Dr. Jörg Faber), dem Institut für Medizinische Biometrie, Epidemiologie und Informatik (IMBEI, -Professorin Dr. Maria Blettner) und der Abteilung Präventive Kardiologie und Medizinische Prävention am Zentrum für Kardiologie (Professor. Dr. Philipp Wild) geleitet. Wild ist zudem Principal Investigator im Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK) und Sprecher des DZHK-Standortes Mainz.

Bisherige Erkenntnisse zu den Spätfolgen von Krebs im Kindes- und Jugendalter speisen sich hauptsächlich aus Daten von Befragungen oder der Untersuchung von kleineren Patientenkohorten. Im Gegensatz dazu führen die Forschenden in der CVSS-Studie ausführliche klinische Untersuchungen durch. Auf Basis dieser Untersuchungen lassen sich auch subklinische – also vom Patienten noch nicht bemerkbare – Erkrankungen erkennen. Für die Durchführung des Projektes nutzen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Studienzentrum und die Logistik der Gutenberg-Gesundheitsstudie (GHS).

Im Deutschen Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung, kurz DZHK, bündeln 28 universitäre und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen an sieben Standorten in ganz Deutschland ihre Kräfte, indem sie eine gemeinsame Forschungsstrategie verfolgen. Das vom Bundesforschungsministerium initiierte DZHK bietet ihnen einen Rahmen, um Forschungsideen gemeinsam, besser und schneller als bisher umsetzen zu können. Wichtigstes Ziel des DZHK ist es, neue Forschungsergebnisse möglichst schnell für alle Patientinnen und Patienten verfügbar zu machen und Therapien sowie die Diagnostik und Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verbessern. Neben dem DZHK gibt es fünf weitere Deutsche Zentren, welche die wichtigsten Volkskrankheiten erforschen.

Mehr Informationen: www.dzhk.de.

Pressekontakt
Christine Vollgraf
Deutsches Zentrum für Herz-Kreislauf-Forschung (DZHK)
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