Langes Leiden für Menschen mit psychosomatischen Krankheiten

Psychosomatische Krankheiten wie Angststörungen und Depressionen können mit vielen unklaren Beschwerden einhergehen, zum Beispiel mit ständigen Bauchschmerzen oder Herzrasen. Weil Ärzte den psychischen Hintergrund dieser Beschwerden oft erst spät erkennen, behandeln sie lange nur die körperlichen Symptome – meistens mit wenig Erfolg.

Menschen mit psychosomatischen Krankheiten nehmen deshalb mehr Medikamente ein, fehlen häufiger bei der Arbeit und sind öfter beim Arzt oder im Krankenhaus als andere Patienten. Doch selbst wenn die Mediziner den tatsächlichen Ursachen der Beschwerden auf die Spur gekommen sind, ändert sich daran wenig. Das macht eine durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und die gesetzliche Krankenversicherung geförderte Studie deutlich: Auch nachdem die psychosomatische Diagnose feststeht, fehlen die Betroffenen pro Jahr durchschnittlich etwa zehn Tage mehr am Arbeitsplatz als andere Berufstätige. Außerdem werden bei ihnen weiterhin psychische Krankheitsaspekte zu wenig berücksichtigt und zu oft rein organische Diagnosen gestellt. Das gilt offensichtlich sogar für Patienten, die wegen ihrer psychosomatischen Krankheit mit Antidepressiva behandelt werden.
„Dieses Ergebnis hat uns überrascht“, so Dr. Thomas Grobe vom Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie und Gesundheitsforschung (ISEG) in Hannover, der die Studie mitbetreute. „Bisher ging man davon aus, dass sich nach der Diagnose einer psychosomatischen Krankheit die Behandlung der Patienten verbessert und deshalb langfristig weniger medizinische Leistungen in Anspruch genommen werden. Wir müssen jetzt klären, warum das offensichtlich nicht der Fall ist und dafür sorgen, dass die Betroffenen in Zukunft gezielter therapiert werden.“
Die ISEG-Wissenschaftler hatten für ihre Studie anonymisierte Patientendaten zweier Krankenkassen ausgewertet. Die Datensätze deckten einen Zeitraum ab, der drei Jahre vor der Diagnose einer psychosomatischen Erkrankung begann und vier Jahre danach endete. Die Forscher verglichen die Daten betroffener Patienten mit einer Kontrollgruppe von Personen, die nicht an einer psychosomatischen Krankheit litten.

Ansprechpartner:
Dr. Thomas Gerhard Grobe
ISEG – Institut für Sozialmedizin, Epidemiologie
und Gesundheitssystemforschung e.V.
Lavesstraße 80
30159 Hannover
Tel.: 05 11 / 5 30 91-10
Fax: 05 11 / 5 30 91-14
E-Mail: grobe@iseg.org