August 2015

| Newsletter 74

Lecker, fetthaltig und gesund: Lebensmittel mit gesunden Fetten anreichern

Fett ist ungesund – so die gängige Meinung. Doch es gibt auch gesunde Fette. Von diesen nehmen die Menschen oft zu wenig zu sich. Forschende und Lebensmittelindustrie entwickelten daher eine Technologie, die Lebensmittel mit gesunden Fetten anreichert.

Manche Menschen kratzen sich die Butter vom Brot und schneiden beim Grillfleisch den Fettrand ab, denn Fett hat einen schlechten Ruf. Aber Fett ist nicht gleich Fett. Der menschliche Körper braucht die Moleküle dringend zum Leben, da Fettsäuren beispielsweise unverzichtbare Bausteine von Zellmembranen sind. Den Verzehr von gesättigten Fetten, wie sie im Fettrand vom Fleisch und der Butter enthalten sind, sollte man jedoch möglichst gering halten. Im Gegensatz dazu sollten Fette mit einfach und mehrfach ungesättigten Fettsäuren, insbesondere langkettigen Omega-3-Fettsäuren, einen höheren Stellenwert in unserer täglichen Ernährung einnehmen, da ihr Verzehr beispielsweise das Herzinfarktrisiko senken und entzündungshemmend wirken kann.

Gesunde Omega-3-Fettsäuren sind in pflanzlichen Ölen wie Echium- und Leinöl und in verschiedenen Fischsorten wie Lachs oder Sardinen enthalten.

Gesunde Omega-3-Fettsäuren sind in pflanzlichen Ölen wie Echium- und Leinöl und in verschiedenen Fischsorten wie Lachs oder Sardinen enthalten.

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Gesundes Fett steckt in Pflanzen und Fischen

Fett ist nicht gleich Fett. Im Vergleich zu gesättigten Fetten, wie sie zum Beispiel in Butter oder im Fettrand von Fleisch enthalten sind, sollten ungesättigte Fettsäuren einen höheren Stellenwert in der täglichen Ernährung einnehmen.

Fett ist nicht gleich Fett. Im Vergleich zu gesättigten Fetten, wie sie zum Beispiel in Butter oder im Fettrand von Fleisch enthalten sind, sollten ungesättigte Fettsäuren einen höheren Stellenwert in der täglichen Ernährung einnehmen.

Thinkstock - olgakr

Enthalten sind die gesunden Omega-3-Fettsäuren in pflanzlichen Ölen wie Echium- und Leinöl oder in verschiedenen Fischsorten wie Lachs oder Sardinen. Die Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit empfiehlt Erwachsenen, täglich langkettige Omega-3-Fettsäuren zu sich zu nehmen, und zwar ein Viertel bis ein halbes Gramm. Um Herz-Kreislauf-Erkrankungen vorzubeugen, ist mindestens ein halbes Gramm nötig. „Aber die Realität unserer Ernährung sieht anders aus“, sagt Professor Gerhard Jahreis. „Im Durschnitt nehmen wir alle deutlich weniger als die empfohlene Menge an langkettigen Omega-3-Fettsäuren zu uns. Der Grund ist, dass die natürlichen Quellen für diese Fette in unserer täglichen Nahrung oft nicht ausreichen, um den empfohlenen Bedarf zu decken.“ Es sind also Alternativen nötig, um die tägliche Zufuhr dieser Fettsäuren zu erhöhen.

Professor Jahreis, Leiter des Lehrstuhls für Ernährungsphysiologie an der Friedrich-Schiller-Universität Jena, hat sich deshalb mit mehreren Kooperationspartnern aus Industrie und Lebensmitteltechnologie zusammengetan, um neuartige Lebensmittel herzustellen. Lebensmittel, in denen die ungesunden gesättigten Fettsäuren durch gesunde Omega-3-Fettsäuren ausgetauscht wurden.

Problem gelöst: Lebensmittel schmecken nicht ranzig und riechen nicht fischig

Was einfach klingt, ist in der Umsetzung eine große Herausforderung. „Denn die eine Schwierigkeit mit ungesättigten Fettsäuren wie Omega-3-Fettsäuren ist, dass sie nicht stabil sind und schnell ranzig werden. Oxidation ist das chemisch präzise Wort dafür“, erklärt Jahreis. „Hinzu kommt, dass Omega-3-Fett­säuren einen charakteristischen fischigen Geschmack haben. Diesen zu maskieren ist nicht einfach.“

Ziel des vom Bundesforschungsministerium unterstützen Projektes „Allipids“ war es deshalb, den Anteil der Omega-3-Fettsäuren in herkömmlichen Lebensmitteln wie Wurst, Brötchen, süßen und herzhaften Brotaufstrichen und Milchprodukten zu erhöhen – ohne den Geschmack nachteilig zu verändern und gleichzeitig die Haltbarkeit und Stabilität der Produkte zu gewährleisten.

Hierzu haben die Forscherinnen und Forscher eine Technologie entwickelt, um den natürlichen Fettanteil der Lebensmittel durch Öle, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind, zu ersetzen. „Das Geheimnis sind spezielle Emulsionen, welche die Fette vor Oxidation schützen und den charakteristischen Geruch und Geschmack maskieren. Mithilfe dieser Emulsionen können wir nun problemlos Omega-3-Fettsäuren in verschiedenen Lebensmitteln anreichern“, sagt Jahreis.

Schutz fürs Herz: Blutfettwerte verbessern sich

Wurst, Roggenbrötchen und Knäckebrot mit Schokofüllung – drei Produkte, die für die Studie mit Omega- 3-Fettsäuren angereichert wurden.

Wurst, Roggenbrötchen und Knäckebrot mit Schokofüllung – drei Produkte, die für die Studie mit Omega-3-Fettsäuren angereichert wurden.

Friedrich-Schiller-Universität Jena

Wurst, Roggenbrötchen und Knäckebrot mit Schokofüllung – drei Produkte, die für die Studie mit Omega-3-Fettsäuren angereichert wurden. Anschließend wurden die mit Omega-3-Fettsäuren angereicherten Lebensmittel in einer Studie von Personen mit erhöhtem kardiovaskulären Risiko im Vergleich zu Kontrollprodukten getestet. Letztere hatten einen ähnlich hohen Fettgehalt, aber eine andere Fettsäuren-Verteilung. Im Ergebnis zeigte sich, dass die Studienteilnehmerinnen und -teilnehmer durch den Verzehr der Lebensmittel – angereichert mit Ölen, die reich an Omega-3-Fettsäuren sind (z.B. Leinöl) – tatsächlich deutlich mehr langkettige Omega-3-Fettsäuren im Körper enthielten. Dies führte beispielsweise zu einer nachweisbaren Verbesserung der Blutfettwerte der Probandinnen und Probanden: Das Gesamtcholesterin, das LDL-Cholesterin und das Verhältnis zwischen LDL- und HDL-Cholesterin im Blut nahmen ab. „Das zeigt, dass unsere neuen Lebensmittel einen kardioprotektiven Effekt haben, also die Risikofaktoren für Herz-Kreislauf-Erkrankungen positiv beeinflussen“, beschreibt Jahreis.

Gesunde Fette auch bei Gelenkrheuma hilfreich

In einer weiteren Studie untersuchten Jahreis und sein Team den Einfluss der mit Omega-3-Fettsäuren angereicherten Lebensmittel auf die krankheitsbedingten Beschwerden bei Gelenkrheuma, der rheumatoiden Arthritis. Bei dieser chronisch-entzündlichen Erkrankung leiden die Betroffenen unter druckschmerzhaften Gelenken. Durch den Verzehr der Omega-3-reichen Lebensmittel – bei Weiterführung der verordneten Therapien – konnten diese Beschwerden statistisch signifikant reduziert werden. Auch die Entzündungswerte im Blut der Patientinnen und Patienten nahmen ab. „Diese Studie zeigt, dass die Lebensmittel neben einer kardioprotektiven auch eine entzündungshemmende Wirkung entfalten können. Aus unserer Sicht eignen sich die mit Omega-3-Fettsäuren angereicherten Lebensmittel deshalb zur Prävention kardiovaskulärer und weiterer ernährungsmitbedingter Erkrankungen“, resümiert Jahreis.

Bis die neu entwickelten Lebensmittel als marktreife Produkte für den Konsumenten verfügbar sein werden, wird noch einige Zeit vergehen.

Alternative zum Fischöl

Für die Anreicherung der Lebensmittel nutzen Jahreis und seine Kolleginnen und Kollegen ausschließlich Pflanzenöle wie Leinöl oder Öl aus Mikroalgen. „Wegen der Knappheit der Fischressourcen und der Überfischung der Weltmeere setzen wir bewusst kein Fischöl als Quelle für Omega-3-Fettsäuren ein. Unsere Untersuchungen haben ergeben, dass auch pflanzliche Öle mit einem substanziellen Anteil an hochungesättigten Fettsäuren in Verbindung mit Mikroalgenöl eine ideale Kombination für die Prävention von kardiovaskulären Erkrankungen darstellen“, betont Jahreis.

Ansprechpartner:
Prof. Dr. Gerhard Jahreis
Friedrich-Schiller-Universität Jena
Institut für Ernährungswissenschaften
Dornburger Straße 24
07743 Jena
03641 949-610
03641 949-612
gerhard.jahreis@uni-jena.de