Die molekularen Ursachen von Herzfehlbildungen und Funktionsstörungen des Herzmuskels aufzuklären - dieses Ziel verfolgt Dr. Wolfgang Rottbauer im Nationalen Genomforschungsnetz. Obwohl er an Zebrafischen forscht, sieht sich Rottbauer in erster Linie als Arzt. Denn letztendlich kommen seine Ergebnisse den kranken Menschen zugute.
Naturwissenschaftliche Wissbegierde und das Ziel, die Ergebnisse seiner Studien in der medizinischen Anwendung zu sehen, motivieren Rottbauer zu forschen. Die Mitarbeit im Nationalen Genomforschungsnetz kommt ihm deshalb sehr entgegen. Dort arbeitet er im krankheits-orientierten Genomnetz Herz-Kreislauf-Erkrankungen, das naturwissenschaftliche Grundlagenforschung mit angewandter klinischer Forschung verbindet. Das Projekt soll unter anderem dabei helfen, Erkenntnisse aus der Grundlagenforschung schnellstmöglich in die Patientenversorgung zu übertragen. "Ich möchte einen Bogen schlagen zwischen Forschung und angewandter Medizin", erklärt der 34-jährige Mediziner. "Ein Arbeitsumfeld, das eine ausgewogene Mischung aus klinischer und forschender Tätigkeit bietet, ist für mich deshalb ideal."
14-Stunden-Tag
Nach seinem Medizinstudium in Regensburg, Würzburg und New York arbeitete Rottbauer zunächst als wissenschaftlicher Assistent in Heidelberg und Lübeck. Bereits in Lübeck widmete er sich der Klärung molekularer Ursachen von Herzmuskelerkrankungen, den so genannten Kardiomyopathien. Mit dem Ziel, verschiedene Krankheitsformen schneller beschreiben und besser untersuchen zu können, wechselte er schließlich als Stipendiat der Deutschen Forschungsgemeinschaft nach Boston. Dort gehörte er der Arbeitsgruppe von Professor Mark C. Fishman am Massachusetts General Hospital der Harvard Medical School an. Seit seiner Rückkehr aus den Vereinigten Staaten arbeitet er nun an der Universität Heidelberg. Ausgeprägtes naturwissenschaftliches Interesse wird in seiner Familie groß geschrieben. "Allerdings bin ich bei uns der erste medizinisch tätige Naturwissenschaftler. Trotz meiner Arbeit als Forscher, sehe ich mich jedoch in erster Linie als Arzt." Seine nächsten Ziele sind die Facharztprüfung und die Habilitation. "Das bedeutet einen 14-Stunden-Tag, denn im Moment muss ich mich ums Labor kümmern und gleichzeitig Patienten in der Klinik versorgen. Trotzdem macht mir die Arbeit nach wie vor großen Spaß."
Genetische Ursachen von Herzmuskelerkrankungen
Viel Zeit widmet Rottbauer seiner Forschung an Zebrafischembryonen. Sie leiden unter vererbten Fehlbildungen und Funktionsstörungen des Herzens, denen der Mediziner Namen wie "liebeskummer" oder "reggae" gegeben hat. Fische mit der Mutation "liebeskummer" haben einen schweren Herzfehler, Fehlbildungen des Magen-Darm-Trakts und eine gekrümmte Körperachse. Fische mit der Mutation "reggae" leiden unter Herzrhythmusstörungen. Rottbauer arbeitet nun daran, die Gene zu identifizieren, die für diese Mutationen verantwortlich sind, und ihre Rolle für Herzmuskelerkrankungen beim Menschen zu untersuchen. Bei "liebeskummer" ist ihm das bereits gelungen. Die Forschungsergebnisse wurden in der renommierten Fachzeitschrift "Cell" veröffentlicht.
Schlagen die Herzen von Menschen und Zebrafischen gleich?
Einige Beobachtungen sprechen dafür, dass die an Zebrafischen gewonnenen Erkenntnisse auf den Menschen übertragen werden können. So verursacht zum Beispiel eine Fehlfunktion des Gens "titin" sowohl beim Fisch als auch beim Menschen eine extreme Herzmuskelschwäche. Gene, die beim Zebrafisch identifiziert werden, können demnach wahrscheinlich als "Vorlage" dienen, um krankheitsrelevante menschliche Gene aufzuspüren. "Die Entdeckung solcher Gene und der dazugehörenden Genkaskaden ist der erste Schritt auf dem Weg zu neuen Therapien - das ist unglaublich spannend und motivierend", betont Rottbauer. Ein besonderer Fischliebhaber ist er übrigens nicht. Zwar teilte sich der Mediziner in der Studienzeit das Zimmer mit einem Goldfisch, doch das Aquarium ist längst verwaist. "Es war die Embryonalentwicklung, die mich schon immer fasziniert hat. Darüber bin ich letztlich zu den Zebrafischen gekommen. Und so erfülle ich mir seither meinen Naturwissenschaftler-Traum." - Das nimmt man Rottbauer sofort ab.
Ansprechpartner:
Dr. Wolfgang Rottbauer
Medizinische Klinik der Universität Heidelberg
Abt. Innere Medizin III
Schwerpunkt: Kardiologie, Angiologie und Pulmologie
Bergheimer Straße 58
69115 Heidelberg
Tel.: 06221/56-3 88 51
Fax: 06221/56-55 15
E-Mail: wolfgang.rottbauer@med.uni-heidelberg.de
Internet: http://www.rzpd.de/ngfn
Zum Zebrafisch: http://zfin.org/
BMBF-Förderung:
Nationales Genomforschungsnetz
Laufzeit: 2001-2004
Fördersumme: rund 180 Mio. Euro
Krankheits-orientiertes Genomnetz Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Laufzeit: 2001-2004
Fördersumme: 11,3 Mio. Euro
Weitere Informationen:
Funktionelle Genomforschung
Medizintechnik