Neue Therapie gegen Hepatitis Delta - Kombination zweier Wirkstoffe heilt jeden vierten Patienten

In Deutschland sind schätzungsweise 30.000 Menschen mit dem Hepatitis Delta-Virus infiziert. Für diese besonders aggressive Form der Hepatitis gibt es bislang keine standardisierte Behandlung. Die weltweit größte klinische Studie zur Therapie von Hepatitis Delta hat nun gezeigt, dass durch die Kombination von zwei Wirkstoffen ein Viertel der Hepatitis Delta-Patienten geheilt werden kann.

Hepatitis ist eine Entzündung der Leber, die oftmals durch eine Infektion mit Hepatitis-Viren ausgelöst wird. Besonders schwerwiegend verlaufen chronische Infektionen mit dem Hepatitis Delta-, kurz Hepatitis D-Virus. Denn die Betroffenen entwickeln sehr schnell eine Leberzirrhose. „In Deutschland sind schätzungsweise 30.000 Menschen an Hepatitis Delta erkrankt“, sagt Prof. Dr. Michael Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover. Bislang gibt es keine standardisierte Behandlung für diese besonders aggressive Form der Hepatitis. Das könnte sich nun ändern. Denn eine große internationale Studie, die vom Kompetenznetz Hepatitis konzipiert und durchgeführt wurde, hat gezeigt, dass eine Behandlung mit dem Wirkstoff Peginterferon alfa-2a alleine sowie in Kombination mit einem zweiten Wirkstoff, Adefovir dipivoxil, eine effektive Therapie bei Hepatitis Delta ist. „Beide Wirkstoffe sind in der Hepatitis-Behandlung bekannt: Peginterferon alfa-2a wird bereits zur Therapie von chronischen Hepatitis B- und Hepatitis C-Infektionen eingesetzt und Adefovir dipivoxil zur Behandlung der chronischen Hepatitis B“, so Professor Manns.

In der Studie, an der neben 15 deutschen Zentren auch türkische und griechische Kliniken beteiligt waren, wurden 90 Hepatitis Delta-Patienten in drei unterschiedlichen Gruppen behandelt. Eine Gruppe erhielt ein Jahr lang sowohl Peginterferon alfa-2a als auch Adefovir dipivoxil. Die zweite Gruppe bekam nur Peginterferon alfa-2a plus ein Placebo-Medikament, die dritte Gruppe ausschließlich Adefovir dipivoxil plus Placebo. „Anschließend haben wir in Hannover das Blut der Patienten untersucht und darin unter anderem die Zahl der Hepatitis Delta-Viren und das Hepatitis B-Oberflächenantigen HBsAg bestimmt“, beschreibt Professor Manns. Die Bestimmung des HBsAg ist besonders wichtig, denn das Delta- Virus braucht dieses vom Hepatitis B-Virus stammende Oberflächenprotein zur Vermehrung. Eine Hepatitis D-Infektion tritt deshalb nur zusammen mit einer Hepatitis B-Infektion auf. Ärzte sprechen bei Hepatitis-D-Patienten erst von einer Heilung, wenn dieser Marker nicht mehr im Blut nachweisbar ist.

Kombinationstherapie ist sicher und wirksam
Das Ergebnis: Am Ende der Studie war jeweils ein Viertel derjenigen Patientinnen und Patienten, die mit Peginterferon alfa-2a alleine oder in Kombination mit Adefovir dipivoxil behandelt wurden, frei von Hepatitis D-Viren. Auch das Hepatitis B-Oberflächenantigen verschwand aus dem Blutbild. „Bei rund einem Drittel der Patienten, die sowohl Peginterferon alfa-2a als auch Adefovir dipivoxil erhalten haben, konnten wir im Blut keine Hepatitis B-Oberflächenantigene mehr nachweisen“, sagt Professor Manns. Die Kombination beider Wirkstoffe war hierbei effektiver als Peginterferon alfa-2a alleine. Die Therapie mit dem Wirkstoff Adefovir dipivoxil hingegen war unwirksam. Mit dieser Studie haben die Wissenschaftler nun eine Standardtherapie zur Behandlung der Hepatitis D etabliert. „Denn eine Behandlung mit Peginterferon alfa-2a und Adefovir dipivoxil ist sicher und wirksam“, betont Professor Manns.

Die Studie war eine Investigator-initiierte Studie, bei der das Kompetenznetz Hepatitis mit seinem HepNet Study- House für die gesamte Konzeption und Studiendurchführung verantwortlich war. Das Kompetenznetz Hepatitis (Hep-Net) wurde 2002 vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) initiiert und bis 2010 gefördert. Seit 2007 ist die Deutsche Leberstiftung, zunächst mit finanzieller Förderung durch das BMBF, Träger des „Kompetenznetz Hepatitis“.

„Eine so umfangreiche Studie wie diese zeigt, wie wichtig nachhaltige Strukturen wie das Kompetenznetz Hepatitis sind“ sagt Professor Manns. „Denn nur in einem solchen Rahmen kann eine Studie in dieser Größenordnung konzipiert und umgesetzt werden.“

Hepatitis Delta
Es gibt verschiedene Formen der Hepatitis, die von unterschiedlichen Hepatitis-Viren ausgelöst werden. Das Hepatitis Delta-Virus ist ein unvollständiges Virus, das für seine Vermehrung stets die Unterstützung des Hepatitis B-Virus benötig. Eine Hepatitis D-Infektion tritt also nur zusammen mit einer Hepatitis B-Infektion auf. Deshalb schützt eine Impfung gegen Hepatitis B auch vor Hepatitis D.

Weltweit sind mindestens zehn Millionen Menschen mit dem Hepatitis D-Virus infiziert. Allein in Deutschland sind schätzungsweise 30.000 Menschen erkrankt. Eine Hepatitis D-Virusinfektion kann durch Blut und Blutprodukte, Drogenkonsum, Sexualkontakte und seltener auch perinatal, also bei Geburt, von der Mutter auf das Kind übertragen werden. „Schätzungen zufolge sterben in Deutschland jedes Jahr mehr Menschen an Hepatitis Delta als an AIDS beziehungsweise an HIV-assoziierten Erkrankungen“, sagt Prof. Dr. Michael Manns von der Medizinischen Hochschule Hannover.

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