Neues Tiermodell zur Erforschung von Diabetes

Forscher der Universität München haben ein neues Tiermodell entwickelt, das wichtige Informationen zum Verständnis des Diabetes mellitus liefern kann.

Sie untersuchten eine neuartige diabetische Mausmutante mit einer Mutation im Insulingen, die eine Funktionsstörung der Insulin produzierenden Betazellen der Bauchspeicheldrüse verursacht. Diese kann dazu führen, dass Betazellen zu wenig Insulin ausschütten oder zugrunde gehen. So liegt der Nüchternglukosespiegel im Blut bereits ab dem ersten Lebensmonat über dem Normalwert.
Bei diesen Vorgängen zeigen sich interessante Geschlechterunterschiede. So lässt sich bei weiblichen Mäusen kein Verlust von Betazellen verzeichnen.
Entsprechend entwickeln sie keinen so schweren Diabetes wie die männlichen Nager und bleiben auf dem gleichen Niveau wie im Alter von einem Monat. Zudem werden die männlichen Mäuse resistent gegen Insulin. Ihre Zellen sprechen also nur vermindert auf das Hormon an. Damit ist die Wirkung von körpereigenem wie auch von gespritztem Insulin beeinträchtigt. Da die weiblichen Mäuse keine Insulinresistenz ausbilden, vermuten die Wissenschaftler, dass hier Östrogene als Schutzfaktoren wirken. Die Untersuchungen der Münchner Veterinärmediziner fanden im Rahmen des vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geförderten Nationalen Genomforschungsnetzes (NGFN) statt.


Bislang einzigartige Untersuchungen
Die Ergebnisse des Teams um Dr. Nadja Herbach vom Institut für Veterinärpathologie der Ludwig-Maximilians-Universität München erlauben Rückschlüsse auf mögliche Therapieansätze: „Unsere diabetische Mausmutante ist ein exzellentes Studienobjekt, um herauszufinden, was sich hinter den gestörten Funktionen der Betazellen verbirgt“, so Herbach.

Für ihre Untersuchungen wurden Mausmutanten für klinische und pathomorphologische Analysen gezüchtet. Den Mäusen wurde regelmäßig Blut zur Bestimmung des Blutglukosegehaltes und der Seruminsulinkonzentration entnommen. „Zudem haben wir orale Glukosetoleranztests gemacht und die Mäuse morphologisch untersucht“, erklärt Herbach. Ihr Interesse galt dabei vor allem der endokrinen Bauchspeicheldrüse, in der die Betazellen gebildet werden.

Das Münchner Mausmodell ist laut Herbach weltweit einzigartig: „Bislang gab es nur Ergebnisse aus in-vitro-Untersuchungen.“ Nun jedoch fanden die Forschungen am lebenden Tier - in vivo - statt. Sie lassen darauf schließen, dass die Ursache für die gestörten Funktionen der Betazellen ein erhöhter Insulinbedarf durch den hohen Blutzuckerspiegel sein könnte. Die Münchner Wissenschaftler wollen nun prüfen, ob eine Insulintherapie bei männlichen Mäusen den Betazellverlust verhindern kann. Zudem soll untersucht werden, ob eine Kastration bei weiblichen Mäusen zur Entwicklung eines Diabetes wie bei männlichen Mäusen führt.

Betazellen, Hauptdarsteller bei Diabetes
Das Hormon Insulin wird in den Betazellen der Bauchspeicheldrüse gebildet. Die wichtigste Funktion des Insulins ist die Regulation der Konzentration von Traubenzucker (Glukose) im Blut. Steigt der Blutzuckerspiegel nach der Nahrungsaufnahme an, schütten die Betazellen Insulin ins Blut, um den Spiegel wieder zu normalisieren. Auch andere Hormone wie Glucagon, Adrenalin, Kortison und Schilddrüsenhormone beeinflussen den Blutzucker. Doch Insulin ist das einzige Hormon, das den Blutzuckerspiegel senken kann. Wird vom Körper zu wenig Insulin produziert oder kann er nicht adäquat darauf reagieren, entsteht Diabetes mellitus (Zuckerkrankheit). Die Betazellen spielen deshalb eine Schlüsselrolle bei der Entstehung der Volkskrankheit. Sind sie in ihren Funktionen gestört oder gehen sie zugrunde, steht zu wenig Insulin zur Verfügung und der Weg zum Diabetes ist geebnet.

Die Erforschung der Betazellen hat herausragende Bedeutung im Kampf gegen die Zuckerkrankheit. Wenn es gelingt, die zerstörten Zellen zu ersetzen, könnte der bis heute unheilbare Diabetes mellitus heilbar werden. Weltweit leiden über 170 Millionen Menschen in den Industrieländern an Diabetes mellitus und die Zahl wird weiter wachsen. Doch bisher ist nicht völlig geklärt, wie Diabetes entsteht.

Ansprechpartnerin:
Dr. Nadja Herbach
Institut für Veterinärpathologie
Veterinärstraße 13
80539 München
Tel.: 089 2180-2590
Fax: 089 2180-2544
E-Mail: herbach@patho.vetmed.uni-munechen.de