Das durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Konsortium ProHEAD stärkt die psychische Gesundheit und das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen. Während der Corona-Pandemie ist die Nachfrage nach Hilfsangeboten deutlich gestiegen.
Jugendliche durchlaufen in der Pubertät eine sensible Lebensphase, die durch viele Herausforderungen geprägt ist. Einige von ihnen leiden während dieser Zeit zum ersten Mal unter psychischen Problemen, die sich – wenn sie nicht rechtzeitig erkannt und behandelt werden – in den folgenden Jahren verstärken können. Ein wichtiges Ziel des Konsortiums ProHEAD („Promoting help-seeking using e-technology among adolescents“) ist es daher, das Wohlbefinden von Kindern und Jugendlichen auch über Online-Angebote zu fördern und der Entwicklung psychischer Erkrankungen entgegenzuwirken. Darüber hinaus helfen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern ihnen dabei, bei Bedarf professionelle Hilfe zu bekommen.
Um möglichst viele junge Menschen erreichen zu können, haben die ProHEAD-Forschenden eine Online-Studie auf den Weg gebracht. Nach einer Erstanalyse, die in den Schulen angeboten wird und verschiedene validierte Fragebögen zu Themen wie Hilfesuchverhalten, psychischen Probleme und Lebensqualität umfasst, erhalten alle Teilnehmenden eine individuelle Rückmeldung sowie das Angebot an einer Online-Maßnahme teilzunehmen, die spezifisch auf die jeweiligen Bedürfnisse zugeschnitten sind. Die Angebote richten sich sowohl an gesunde Schülerinnen und Schüler als auch an solche, die ein erhöhtes Risiko für bestimmte psychische Erkrankungen aufweisen. Die Teilnahme ist freiwillig, anonym und per PC, Laptop oder Smartphone möglich.
Verstärkte Nachfrage seit dem Lockdown
Die Auswirkungen der Coronakrise belasten viele Jugendliche zusätzlich. Durch den Wegfall des gewohnten Schulalltages und die verminderten Sport- und Freizeitmöglichkeiten haben viele Jugendliche zudem mehr Zeit, um zum einen sich und ihr Wohlbefinden zu hinterfragen und zum anderen, um nach Hilfsangeboten zu suchen und an den Befragungen teilzunehmen. Das spiegelt sich auch im Nutzerverhalten der Studienteilnehmenden wider: Jugendliche mit ernsthaften Problemen reagierten in Folge der im März ausgesprochenen Kontaktbeschränkungen deutlich häufiger (+ 43%) auf die regelmäßigen Kurzbefragungen zu ihrem aktuellen Wohlbefinden und Hilfesuchverhalten, schrieben und beantworteten öfter Nachrichten und nahmen fünfmal so häufig das Angebot des Chats mit professionellen Beratenden wahr. Auch in den präventiven Online-Programmen für Jugendliche mit einem riskanten Alkoholkonsum, einem problematischen Essverhalten oder depressiven Symptomen steigen die durchschnittliche Verweildauer sowie die Teilnahme an Gruppen- oder Einzelchats seit März deutlich an. „Niedrigschwellige Angebote, die Jugendliche auch während der Corona-Pandemie nutzen können, gibt es nur wenige. Im Internet frei zugängliche Programme sind häufig nicht wissenschaftlich fundiert und eher von fragwürdigem Nutzen. Umso mehr freuen wir uns, dass wir mit dem ProHEAD-Konsortium niedrigschwellige Angebote anbieten und evaluieren können“, erläutert Professor Michael Kaess von der Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie des Universitätsklinikums Heidelberg die Bedeutung des Hilfsangebots.
Bundesweites Angebot geplant
Aktuell wurden ProHEAD Online-Angebote bereits 5.200 Teilnehmenden aus über 100 Schulen an den Standorten des Konsortiums in Mannheim, Hamburg, Leipzig, Schwäbisch Gmünd, Marburg sowie Heidelberg zur Verfügung gestellt. Zukünftig soll ProHEAD für 15.000 Jugendliche aus ganz Deutschland offenstehen und wäre damit die bislang größte bundesweite Studie zu E-Mental-Health-Angeboten für Kinder und Jugendliche.