Richtlinien zur Förderung klinischer Studien mit hoher Relevanz für die Patientenversorgung

vom 23.04.2013 - Abgabetermin: 27.06.2013

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck


Die systematische Beobachtung definierter Patienten- und Probandenpopulationen mittels klinischer Studien sowie die Bewertung vorhandener Studienergebnisse durch systematische Übersichtsarbeiten sind zentrale Instrumente der klinischen Forschung. Klinische Studien sind unverzichtbar für den Transfer von Forschungserkenntnissen in die Patientenversorgung und ein Motor für Innovation in der Gesundheitsforschung und im Gesundheitswesen. Sie bilden die Grundlagen für eine evidenz-basierte Medizin und stellen die Qualität der medizinischen Versorgung sicher.

Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) und der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) gemeinsam getragene Förderprogramm „Klinische Studien“ hat der Bedeutung von klinischen Studien und systematischen Übersichtsarbeiten Rechnung getragen. Mit Hilfe dieses Programms konnte in Deutschland eine international konkurrenz-fähige Studienkultur in der deutschen Hochschulmedizin geschaffen werden. Eine Zwischenevaluation des Förderprogramms hat gezeigt, dass weiterhin Defizite bei der Planung und Durchführung wissenschaftsinitiierter klinischer Studien bestehen und dass bei der Förderung die Relevanz für den medizinischen Alltag stärker in den Vordergrund gestellt werden muss.

Das Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der Bundesregierung verfolgt das Ziel, den Transfer von Forschungsergebnissen in den medizinischen Alltag zu beschleunigen. Als Beitrag zur Umsetzung dieses Ziels beabsichtigt das BMBF deshalb weiterhin, wissenschaftsinitiierte klinische Studien mit konfirmatorischer Zielsetzung und systematische Übersichtsarbeiten von klinischen Studien nach internationalen Standards zu fördern. Dabei sollen insbesondere solche Projekte gefördert werden, die durch das Schließen von Evidenzlücken eine hohe Relevanz für das Gesundheitssystem aufweisen und Gebiete der klinischen Unsicherheit beseitigen helfen. Bei der Auswahl der Förderanträge wird daher insbesondere die Bedeutung der Fragestellung für die betroffenen Patientinnen und Patienten und für den medizinischen Alltag in Deutschland bewertet werden.

Zur Vermeidung von Doppelförderung werden sich BMBF und DFG bei der Förderung klinischer Studien auch weiterhin eng abstimmen. Darüber hinaus ist eine gemeinsame Begutachtung im Fachgremium hinsichtlich der wissenschaftlichen und methodischen Qualität der eingereichten Anträge geplant.

Diese Förderrichtlinien leisten einen Beitrag zur Ausgestaltung des Aktionsfeldes „Individualisierte Medizin“ im Rahmenprogramm Gesundheitsforschung der Bundesregierung.

1.2 Rechtsgrundlage

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu den §§ 23, 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet nach pflichtgemäßem Ermessen im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
Diese Förderrichtlinien gelten in Verbindung mit dem Rahmenprogramm Gesundheitsforschung.

Zuwendungen an wirtschaftlich tätige Antragsteller sind in der Regel staatliche Beihilfen im Sinne von Artikel 107 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Sie werden in diesem Fall als Einzelbeihilfen nach Artikel 3 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 800/2008 der Kommission vom 6. August 2008 zur Erklärung der Vereinbarkeit bestimmter Gruppen von Beihilfen mit dem Gemeinsamen Markt in Anwendung der Artikel 87 und 88 EG-Vertrag (allgemeine Gruppenfreistellungsverordnung – AGVO) (ABl. L 214 vom 9.8.2008, S. 3) gewährt und unterliegen den Beschränkungen nach Artikel 31 AGVO. Dadurch sind sie im Sinne von Artikel 107 Absatz 3 AEUV mit dem Gemeinsamen Markt vereinbar und von der Anmeldepflicht nach Artikel 108 Absatz 3 AEUV freigestellt.

2. Gegenstand der Förderung

Gefördert werden sollen

- wissenschaftsinitiierte multizentrische prospektive, kontrollierte klinische Studien mit Patientinnen und Patienten zum Wirksamkeitsnachweis von neuartigen therapeutischen, diagnostischen oder prognostischen Verfahren mit konfirmatorischer Zielsetzung. Monozentrisch aufgebaute konfirmatorische Studien können nur in begründeten Ausnahmefällen gefördert werden.

- systematische Übersichtsarbeiten von klinischen Studien nach internationalen Standards.

Geschlechts- und altersgruppenspezifische Aspekte sollen bei den Studien in angemessener Weise berücksichtigt werden.
Von der Förderung ausgenommen sind Forschungsansätze, die bereits in anderen Förderprogrammen wie z. B. dem Normalverfahren der DFG oder anderen Förderschwerpunkten des BMBF beantragt oder unterstützt werden, sowie Studien, an deren Ergebnissen Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft ein unmittelbares wirtschaftliches Interesse haben (wie z. B. Zulassungsstudien).

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind deutsche, staatliche und nicht-staatliche Hochschulen, Universitätskliniken und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen sowie Krankenhäuser.

Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen ergänzend zu ihrer Grundfinanzierung eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft können als Kooperationspartner und/oder Unterauftragnehmer von den Antragstellenden in die beantragten Vorhaben einbezogen werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Antragstellende müssen durch Vorarbeiten ausgewiesen sein, die hinsichtlich Krankheitsbild und Forschungsmethodik einschlägig sind.
Im Hinblick auf die Förderung werden die durch internationale Standards (z. B. Deklaration von Helsinki, ICH-Leitlinie zur Guten Klinischen Praxis (ICH-GCP), EU-Richtlinien 2001/20/EG und 2005/28/EG, CONSORT-Statement) vorgegebenen Maßstäbe zugrunde gelegt. Die Anforderungen an vorzulegende Antragsskizzen sowie vollständige Anträge sind in einem Leitfaden für Antragstellende niedergelegt.

Antragstellende sollen sich – auch im eigenen Interesse – im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden.

Informationen zur EU-Förderung können hier abgerufen werden.
Vorhaben von Großunternehmen können unter dieser Förderrichtlinie nur dann gefördert werden, wenn die Vorhaben ohne die öffentliche Förderung nicht oder nicht in diesem Umfang durchgeführt würden oder wenn die öffentliche Förderung zu einer signifikanten Beschleunigung der Entwicklung führt, wenn also ein Anreizeffekt im Sinne von Artikel 8 AGVO vorliegt.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden.
Zuwendungsfähig für Antragstellende ist der studienbedingte Mehraufwand, wie Personal- und Sachmittel für die Studienzentrale, patientenbezogene Aufwandentschädigungen für die Prüfzentren (Personal- und Sachmittel), Patientenversicherung und Patientenwegeversicherung, Registrierung der klinischen Studie, Qualitätssicherung der klinischen Studie (z. B. Monitoring), Reisen für Studienpersonal und Patientinnen/Patienten, Reisen und Aufwandsentschädigungen für Mitglieder im Data Safety and Monitoring Board. Die Notwendigkeit der beantragten Mittel muss sich aus dem Antrag herleiten lassen. Ausgaben für die Einholung von Ethikvoten an Hochschulen werden der Grundausstattung zugerechnet und können nicht gefördert werden.
Hochschulen und Universitätskliniken kann die sogenannte „Projektpauschale“ gewährt werden. Weitere Hinweise dazu finden Sie hier (Menüpunkt „Zuwendungen auf Ausgabenbasis“).

Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die individuell bis zu 100 % gefördert werden können.

Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche FuE1-Beihilfen berücksichtigen. Dieser Gemeinschaftsrahmen lässt für kleine und mittlere Unternehmen differenzierte Aufschläge zu, die gegebenenfalls zu einer höheren Förderquote führen können.

Die einschlägigen Schwellenwerte und Förderquoten der AGVO werden bei den jeweiligen Zuwendungen nicht überschritten.

1Forschung und Entwicklung

6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil eines Zuwendungsbescheids auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF98).

Bestandteil eines Zuwendungsbescheids auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF98).

7. Verfahren

7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen

Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das BMBF seinen

Projektträger im DLR für das BMBF
- Gesundheitsforschung -
Heinrich-Konen-Straße 1
53227 Bonn

Telefon: 0228 3821-1210
Telefax: 0228 3821-1257

E-Mail: gesundheitsforschung@dlr.de
Internet: www.gesundheitsforschung-bmbf.de

beauftragt. Ansprechpartner für klinische Studien sind Dr. Alexander Grundmann (-1269) und Dr. Svenja Diekhoff (-1866). Ansprechpartner für systematische Übersichtsarbeiten sind Dr. Anna Jacobs (-1741) und Dr. Christiane Steinmüller (-1133). Es wird empfohlen, zur Antragsberatung mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Weitere Informationen und Erläuterungen sind dort erhältlich.

7.2 Förderverfahren

Es ist vorgesehen, dass die Einreichung von Studienanträgen zu Terminen im jährlichen Abstand möglich ist. Bei Bedarf werden zu den jeweiligen Terminen unterschiedliche klinische Themenschwerpunkte festgelegt. Die genauen jährlichen Einreichfristen sowie die festgelegten Themenschwerpunkte werden jeweils gesondert bekannt gemacht und unter http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/aktuelle-bekanntmachungen.php sowie im Leitfaden für die Antragstellung publiziert.

Das Förderverfahren ist zweistufig angelegt.

7.2.1 Vorlage und Auswahl von Antragsskizzen

In der ersten Verfahrensstufe sind beim Projektträger im DLR zunächst internet-basiert formlose Antragsskizzen einzureichen, deren Umfang sechs Seiten nicht überschreiten sollte. Die Einreichung erfolgt über das Internet-Portal. Parallel ist dort ein Datenblatt für Antragsskizzen auszufüllen und wie die Skizze elektronisch zu übermitteln. Eine genauere Anleitung ist im Portal dargelegt. Mit Blick auf das internationale Begutachtungsverfahren wird die Einreichung der Antragsskizzen in englischer Sprache empfohlen.
Verbindliche Anforderungen an Antragskizzen sind in einem Leitfaden für die Antragstellung niedergelegt. Antragsskizzen, die den dort niedergelegten Anforderungen nicht genügen, können nicht berücksichtigt werden und werden ohne weitere Prüfung abgelehnt.
Die Antragsskizzen können beim Projektträger im DLR ab sofort

bis spätestens 27. Juni 2013

über das oben genannte Portal elektronisch eingereicht werden. Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Vorhabenbeschreibungen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden. Bei verspäteter Einreichung wird dringend die vorherige Kontaktaufnahme mit dem zuständigen Projektträger empfohlen. Eine Vorlage per E-Mail oder Telefax ist nicht möglich.

Aus der Vorlage einer Antragsskizze kann kein Rechtsanspruch auf Förderung abgeleitet werden.

Die eingegangenen Antragsskizzen werden unter Beteiligung externer Expertinnen und Experten („Relevanz-Gremium“) nach folgenden Kriterien bewertet.

- Relevanz der Fragestellung für das Gesundheitssystem in Deutschland, z.B. hinsichtlich der Krankheitslast, der Häufigkeit/Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung als Todesursache, der Prävalenz bzw. Inzidenz einer Erkrankung, der Krankheitskosten, der Eignung, um Evidenzlücken zu schließen oder klinische Unsicherheit zu beseitigen
- Relevanz der Fragestellung für Patientinnen und Patienten, z.B. patientenseitiger Nutzen
- wissenschaftliche und methodische Qualität des Studiendesigns
- Expertise der Antragstellenden und Qualität des Studienmanagements

Auf der Grundlage der Bewertung werden dann die für eine Förderung geeigneten Projektideen ausgewählt. Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt.

Die Antragstellenden haben keinen Rechtsanspruch auf Rückgabe einer eingereichten Antragsskizze.

7.2.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

In einer zweiten Verfahrensstufe werden die Interessenten bei positiv bewerteten Antragsskizzen unter Angabe eines Termins aufgefordert, einen förmlichen Förderantrag (Vorhabenbeschreibung und Formantrag) vorzulegen. Das Studienprotokoll gemäß ICH-GCP bzw. in sinngemäßer Annäherung ist Bestandteil der Vorhabenbeschreibung, muss jedoch erst nach Erteilen des positiven Votums der Ethikkommission vorgelegt werden. Zur Erstellung der Vorhabenbeschreibung wird auf die detaillierte Darstellung der Anforderungen im Leitfaden für die Antragstellung verwiesen. Förderanträge sollten den dort niedergelegten Anforderungen genügen; insbesondere ist sicherzustellen, dass die Vorhabenbeschreibungen mindestens von der klinischen Studienleiterin bzw. vom klinischen Studienleiter und von der verantwortlichen Biometrikerin bzw. dem verantwortlichen Biometriker unterzeichnet werden. Die Vorhabenbeschreibung (inkl. des Studienprotokolls) ist in englischer Sprache zu erstellen.

Zur Vereinfachung des Verfahrens ist der förmliche Förderantrag in doppelter Ausfertigung einzureichen. Übersendungen per Fax oder Email können nicht angenommen werden.
Die vorgelegten förmlichen Förderanträge werden unter Hinzuziehung eines externen Gutachtergremiums (Fachgremium), voraussichtlich in enger Kooperation mit der DFG, bewertet. Über diese Anträge wird nach abschließender Prüfung entschieden.

Vordrucke für die einzureichenden Formanträge sowie Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können hier abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung, die gegebenenfalls erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheids und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie die §§ 48 bis 49a des Verwaltungsverfahrensgesetzes, soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten am Tag nach der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Berlin, den 11. April 2013

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag
Dr. R. Loskill