vom 01.04.2006 - Abgabetermin: 15.08.2006
Erschienen im Bundesanzeiger Nr. 65 vom 01.04.2006
1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage
1.1 Zuwendungszweck
Trotz der Erfolge in den letzten Jahrzehnten bei Vorbeugung und Behandlung stellen Infektionskrankheiten nach wie vor ein globales Gesundheitsproblem dar. Auch in den Industrieländern haben Infektionskrankheiten wieder eine größere Bedeutung im Krankheitsgeschehen gewonnen. Dies hängt zum einen mit dem Auftreten neuer Erreger zusammen, zum anderen kommen bekannte Infektionskrankheiten wieder häufiger vor und schließlich nimmt die Zahl opportunistischer Infektionen zu. Daher sind auch in den Industrieländern permanente Anstrengungen für eine weitere Verbesserung der Behandlung, für eine frühzeitige Erkennung und effektive Kontrolle von Infektionskrankheiten notwendig.
Die Aufklärung der molekularen und zellulären Mechanismen der Erreger/Wirt-Interaktion ist weit fortgeschritten. Allerdings ist erst in jüngster Zeit klar geworden, welche Bedeutung die körpereigene, natürliche Resistenz gegenüber eindringenden Mikroorganismen für die Empfänglichkeit gegenüber Infektionskrankheiten und ihren Verlauf besitzt. Die natürliche Resistenz ergibt sich aus dem komplexen Zusammenwirken verschiedener Komponenten wie des angeborenen Immunsystems, von körpereigenen, Resistenz vermittelnden Proteinen sowie der organspezifischen Zusammensetzung der bakteriellen Mikroflora. Durch die erweiterten Erkenntnisse in diesem Bereich bieten sich neue Ansatzpunkte für die krankheitsbezogene Forschung zu wichtigen Infektionskrankheiten. Zudem bietet sich die Chance, die natürliche Resistenz gegenüber Infektionskrankheiten gezielt beeinflussen und neue Therapiestrategien unter Ausnutzung von Komponenten der natürlichen Resistenz entwickeln zu können.
Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) beabsichtigt daher, im Rahmen des Programms der Bundesregierung "Gesundheitsforschung: Forschung für den Menschen" anwendungsorientierte Forschung zu Empfänglichkeit und Resistenz gegenüber Infektionskrankheiten zu fördern. Dabei sollen die bereits gewonnenen Erkenntnisse über die molekularen und zellulären Grundlagen der natürlichen Resistenz krankheitsbezogen weiterentwickelt und mit Hilfe translationaler Forschungsansätze für klinische Anwendungen erschlossen werden. Dadurch kann eine verbesserte Behandlung gesundheitspolitisch wichtiger Infektionskrankheiten erreicht werden.
1.2 Rechtsgrundlage
Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.
2. Gegenstand der Förderung
Es ist vorgesehen, eine begrenzte Anzahl von interdisziplinär zusammengesetzten, an krankheitsspezifischen, klinisch relevanten Themen orientierten, überregionalen Forschungsnetzen zu fördern, in denen sich klinische und experimentelle Arbeitsgruppen aus universitärer, außeruniversitärer und ggf. industrieller Forschung zusammenschließen. In den Netzen sollen in Ausrichtung auf ein konkretes Krankheitsbild die notwendige Expertise und verfügbaren Ressourcen mit dem Ziel gebündelt werden, die bereits vorhandenen Kenntnisse zu den zellulären und molekularen Grundlagen der natürlichen Resistenz gegenüber Infektionen krankheitsbezogen weiter zu entwickeln und für eine Erfolg versprechende klinische Anwendung zu erschließen. Die Forschungsnetze sollen ein schlüssiges und zusammenhängendes Forschungskonzept mit einer möglichst durchgehenden Entwicklungslinie vorlegen. Primär soll ein phänotyp-geleiteter Forschungsansatz auf der Grundlage klinisch gut charakterisierter Patientenkohorten zu wichtigen infektiologischen Krankheitsbildern verfolgt werden. Die Bedeutung der Empfänglichkeit und der natürlichen Resistenz für die Entstehung und den unterschiedlichen klinischen Verlauf soll bei Bedarf mit Hilfe der integrierten funktionellen Genomforschung und unter Berücksichtigung der spezifischen Situation in den betroffenen Organen (z. B. anhand von Biopsien oder in-vitro Modellen) geklärt werden. Genetisch-epidemiologische Untersuchungen an den Patientenkohorten sollen Aufschluss geben über die Suszeptibilität bzw. Resistenz gegenüber Infektionskrankheiten, ggf. ergänzt durch die Analyse der Variation der auslösenden Erreger. Davon ausgehend sollen neue diagnostische und therapeutische Ansätze entwickelt werden. Reine Ätiopathogeneseforschung kann nur ergänzend betrieben werden, sofern sie für die Beantwortung der krankheitsbezogenen Fragestellung des Netzes notwendig ist.
Um die klinische Relevanz der im Netz verfolgten Fragestellungen und die rasche Umsetzung der neuen Erkenntnisse in die klinische Praxis sicher zu stellen, soll die Koordination eines Netzes von einem forschungsaktiven und ausgewiesenen klinischen Wissenschaftler übernommen werden. Vorhandene Infrastrukturen und Patientenkohorten sollen nach Möglichkeit genutzt werden. Hier ist ein nachhaltiges Nutzungskonzept vorzulegen.
Die Förderung soll sich insbesondere auf gesundheitspolitisch bedeutende Infektionskrankheiten erstrecken, die die epithelialen Grenzflächenorgane wie z.B. Lunge, Haut und Darm betreffen oder durch diese Erkrankungen ausgelöste pathologische systemische Folgen.
Forschungsnetze können sich anhand der o. g. Infektionskrankheiten insbesondere mit folgenden Themen befassen:
- Angeborene Immunität
- Organspezifische Mechanismen der Immunabwehr und zur Begrenzung von Infektionen
- Bedeutung der standortspezifischen Mikroflora für die Abwehr von Krankheitserregern
Abhängig vom Kenntnisstand können Fördermittel für Untersuchungen im Bereich der Ätiologie- und Pathogeneseforschung und im Bereich der präklinischen Forschung an krankheitsrelevanten Tiermodellen bis hin zu patientennaher klinischer Forschung incl. klinischer Studien bis zur Phase II beantragt werden. Bei der Durchführung einer klinischen Studie ist die aktive Beteiligung der Industrie ausdrücklich erwünscht.
3. Zuwendungsempfänger
Antragsberechtigt als Netzpartner sind staatliche und nicht-staatliche Hochschulen und außeruniversitäre Forschungseinrichtungen, Einrichtungen der Gesundheitsversorgung (Krankenhäuser, Praxen) sowie Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft. Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.
4. Zuwendungsvoraussetzungen
Die Antragsteller müssen durch einschlägige wissenschaftliche Vorarbeiten ausgewiesen sein und eine hohe Bereitschaft zur interdisziplinären Zusammenarbeit mitbringen. Im Hinblick auf die Förderung der Netze wird eine gemeinschaftliche Bewerbung der Interessenten vorausgesetzt. Die Partner eines Forschungsnetzes haben ihre Zusammenarbeit in einer Kooperationsvereinbarung zu regeln. Vor der Förderentscheidung muss eine grundsätzliche Übereinkunft über bestimmte vom BMBF vorgegebene Kriterien nachgewiesen werden. Einzelheiten können einem BMBF-Merkblatt entnommen werden.
Von den Netzen wird die Bereitschaft zur internationalen Kooperation erwartet. Um unnötige Doppelentwicklungen zu vermeiden und alle notwendige Kompetenz zu beteiligen, können in die Netze auch internationale Kooperationspartner eingebunden werden, wobei der internationale Partner eine eigene Förderung für seinen Projektanteil nachzuweisen hat. Weitere Aktivitäten der Netze, insbesondere auf EU-Ebene sind erwünscht.
Antragsteller sollen sich – auch im eigenen Interesse – im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen vor einer Antragstellung beim BMBF prüfen, ob das beabsichtigte Projekt spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im Antrag auf nationale Förderung kurz dargestellt werden. Informationen zur EU-Förderung können hier abgerufen werden.
Im Hinblick auf die Förderung klinischer und epidemiologischer Studien werden die durch internationale Standards (z.B. Deklaration von Helsinki, ICH-Leitlinie zur Guten Klinischen Praxis) vorgegebenen Maßstäbe zugrunde gelegt. Die Anforderungen an vorzulegende Vorhabenbeschreibungen sind in einem „Leitfaden für Antragsteller“ niedergelegt.
5. Art und Umfang, Höhe der Zuwendung
Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden.
Forschungsnetze können zunächst mit einer Laufzeit von bis zu drei Jahren gefördert werden. Rechtzeitig vor dem Ende der ersten Förderphase kann ein Anschlussantrag vorgelegt werden, dessen Begutachtung eine Bewertung der Leistungen in der zurückliegenden Förderphase einschließt. Eine Anschlussförderung von maximal drei Jahren ist in Abhängigkeit vom Ergebnis der Begutachtung des Anschlussantrages vorgesehen. Aufgrund der Dynamik des Forschungsgebietes sind zu diesem Zeitpunkt Umstrukturierungen bei den Netzpartnern bzw. die konkurrierende Beantragung neuer Forschungsnetze möglich.
Zuwendungsfähig für Antragsteller außerhalb der gewerblichen Wirtschaft sind der vorhabenbedingte Mehraufwand, wie Personal-, Sach- und Reiseaufwand sowie im Falle von klinischen Studien der Aufwand für die Produktion von Therapeutika nach GMP Standards und die patientenbezogene Fallpauschale für die Prüfzentren (Personal- und Sachaufwand). Ausgaben für das Einholen von Ethikvoten an Hochschulen werden der Grundausstattung zugerechnet und können nicht gefördert werden.
Die zur Anmeldung eines Patents erforderlichen Ausgaben / Kosten während der Laufzeit des Vorhabens sind im Rahmen der BMBF-Standardrichtlinien grundsätzlich zuwendungsfähig.
Daneben können bei Bedarf auch Mittel für weitere unterstützende Maßnahmen beantragt werden, wie z. B.
- Personal- und Sachausgaben für die Koordinierung eines Netzes auf fachlicher Ebene,
- Mittel zur wissenschaftlichen Kommunikation, z. B. Durchführung von Workshops und Arbeitstreffen, Gastaufenthalte von Nachwuchswissenschaftlern aus dem Netz an externen Forschungsstätten und Kliniken, insbesondere im Labor von internationalen Partnern, Einladung von externen Fachleuten,
- Rotationsstellen für Wissenschaftler aus der Klinik, die voll oder anteilig für eine befristete Zeit von ihren Routineaufgaben in der Versorgung für die Forschung freigestellt werden sollen, und für die ein Ersatz eingestellt werden muss.
Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft - FhG - die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten), die individuell bis zu 100% gefördert werden können.
Bemessungsgrundlage für Zuwendungen an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Kosten, die in der Regel – je nach Anwendungsnähe des Vorhabens – bis zu 50% anteilfinanziert werden können. Nach BMBF-Grundsätzen wird eine angemessene Eigenbeteiligung – grundsätzlich mindestens 50% der entstehenden zuwendungsfähigen Kosten – vorausgesetzt.
Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche FuE-Beihilfen berücksichtigen. Dieser Gemeinschaftsrahmen lässt für Verbundprojekte von Antragstellern aus den Neuen Bundesländern und für Kleine und Mittlere Unternehmen (KMU) eine differenzierte Bonusregelung zu, die ggf. zu einer höheren Förderquote führen kann.
6. Sonstige Zuwendungsbestimmungen
Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF 98).
Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Kostenbasis werden grundsätzlich die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für Forschungs- und Entwicklungsvorhaben (NKBF 98).
7. Verfahren
7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen
Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das BMBF seinen Projektträger beauftragt.
Projektträger im DLR für das BMBF
Gesundheitsforschung
53227 Bonn
Heinrich-Konen-Straße 1
Telefon: 0228-3821-274 (Dr. Junker)
Telefon: 0228-3821-210 (Sekretariat)
Telefax: 0228-3821-257
www.pt-dlr.de
Es wird empfohlen, zur Antragsberatung mit dem Projektträger Kontakt aufzunehmen. Weitere Informationen und Erläuterungen sind dort erhältlich.
Vordrucke für förmliche Förderanträge, Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können hier abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden.
Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen.
7.2 Einreichung von Vorhabenbeschreibungen
Das Förderverfahren ist zweistufig, es findet jedoch nur ein fachlicher Begutachtungsschritt unter Beteiligung externer Experten statt. Hierzu sind dem Projektträger im DLR zunächst Vorhabenbeschreibungen in englischer Sprache auf dem Postweg
bis spätestens 15. August 2006
vorzulegen, die dem Gutachterkreis eine abschließende fachliche Stellungnahme erlauben. Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Anträge können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden. Eine Vorlage per „electronic mail“ oder FAX ist nicht möglich.
Vorhabenbeschreibungen müssen sowohl die Organisationsstruktur wie auch das Forschungsprogramm des Forschungsnetzes erläutern. Der Umfang der Vorhabenbeschreibungen (DIN-A4-Format, 1,5-zeilig, doppelseitig) darf 7 Seiten für das Gesamtkonzept und 7 Seiten pro geplantem Teilprojekt nicht überschreiten. Sie sind in 20-facher Ausfertigung mit einer ungebundenen Kopiervorlage sowie im pdf-Format auf CD-ROM vorzulegen. Die Vorhabenbeschreibung ist nach dem “Leitfaden für die Antragstellung im Rahmen der Förderinitiative ‚Empfänglichkeit und Resistenz gegenüber Infektionen“ zu strukturieren.
Aus der Vorlage einer Vorhabensbeschreibung kann kein Rechtsanspruch abgeleitet werden.
7.3 Auswahl- und Entscheidungsverfahren
Die eingegangenen Vorhabenbeschreibungen werden unter Beteiligung eines externen unabhängigen Gutachterkreises u. a. nach folgenden Kriterien bewertet:
- wissenschaftliche Qualität und Erfolgsaussichten
- Überzeugende thematische Ausrichtung des Netzes mit Bündelung des dafür wesentlichen Forscherpotenzials
- Innovative wissenschaftliche Fragestellung vor dem Hintergrund des internationalen Forschungsstandes
- Mehrwert der vernetzten Forschung
- Interdisziplinarität der Netzpartner
- Qualität der Interaktion innerhalb des Forschungsnetzes
- Klinische Relevanz des Vorhabens
- Vorhandene Vorleistungen / Ressourcen
- Transfer der Forschungsergebnisse
Auf der Grundlage der Bewertung werden dann die für eine Förderung geeigneten Projektideen ausgewählt. Das Auswahlergebnis wird den Interessenten schriftlich mitgeteilt.
Bei positiver Bewertung werden die Interessenten in einer zweiten Verfahrensstufe aufgefordert, in Abstimmung mit dem vorgesehenen Netzkoordinator einen förmlichen Förderantrag vorzulegen, über den nach abschließender Prüfung entschieden wird.
Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.
8. Inkrafttreten
Diese Förderrichtlinien treten mit dem Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Berlin, den 22.03.2006
Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag
Dr. Hausdorf