Richtlinien zur Förderung von „Selbstständigen Forschungsgruppen in den Neurowissenschaften“

vom 05.11.2007 - Abgabetermin: 28.02.2013 (zuvor 05.07.2010 und 03.03.2008)

Erschienen im Bundesanzeiger Nr. 205 vom 05.11.2007

1. Zuwendungszweck, Rechtsgrundlage

1.1 Zuwendungszweck


In einer globalen Wissensgesellschaft sind Forschung, Innovation und Fortschritt die Voraussetzung für Wachstum und Beschäftigung, zur Sicherung des Standortes Deutschland und zur Bewältigung der Herausforderungen der Zukunft. Dazu ist es von essentieller Bedeutung, alle Ressourcen in Bildung und Forschung zu nutzen und das gesamte vorliegende innovative Potential, alle Begabungen und Talente, umfassend und angemessen einzubinden in Wissenschaft und Forschung, in Anwendung und Entwicklung.

Bisher wird ein großer Teil der vorliegenden Begabungen jedoch vernachlässigt. Die Einbindung hoch qualifizierter Frauen in die Forschungslandschaft ist bisher in Deutschland nicht zufriedenstellend erfolgt. Während noch über 48 Prozent aller Studierenden Frauen sind, sinkt der Anteil bei Promotionen bereits auf etwa 39 Prozent, bei Habilitationen auf 23 Prozent. Nicht einmal jede zehnte C4/W3-Professur ist mit einer Frau besetzt. Auch bei Führungspositionen in außeruniversitären Forschungseinrichtungen und in der industriellen Forschung sind Frauen deutlich unterrepräsentiert.

Diese allgemeine Situation spiegelt sich auch auf dem Gebiet der Neurowissenschaften in Deutschland wider, einem stark expandierenden Forschungsfeld, das sich durch ein hohes Maß an Interdisziplinarität auszeichnet.

Während es im bestehenden Wissenschaftssystem weitreichende Möglichkeiten für Frauen gibt, sich im akademischen Mittelbau, auf der Ebene von Promotionen und anschließenden Ausbildungen (Postdoc) zu qualifizieren, fehlen insbesondere Maßnahmen, die es Frauen - insbesondere auch im Sinne einer Vereinbarkeit von Familie und Beruf - ermöglichen, sich zur Übernahme von Führungspositionen in der Wissenschaft zu qualifizieren.

Mit dem Ziel, einen Beitrag zur Behebung der Unterrepräsentation von Wissenschaftlerinnen im Forschungsfeld Neurowissenschaften zu leisten, plant das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) durch eine spezielle Fördermaßnahme, die Qualifizierung von Frauen in den Neurowissenschaften gezielt zu fördern. Diese Maßnahme soll es Forscherinnen ermöglichen, ihre wissenschaftliche Expertise auszubauen und sich an einer deutschen Forschungseinrichtung international zu etablieren.

Daher zielt die geplante Fördermaßnahme darauf ab, Neurowissenschaftlerinnen zu ermöglichen, an einer deutschen Forschungsinstitution ein längerfristig konzeptioniertes Forschungsprogramm zu leiten und umzusetzen. Mit dem Aufbau einer Forschungsgruppe und der Realisierung eines eigenständigen Forschungsprogramms soll Wissenschaftlerinnen die Möglichkeit eröffnet werden, sich national wie international zu profilieren. Es soll ihnen die Möglichkeit geben, sich für die Übernahme einer Professur zu qualifizieren und sich auf diese Weise dauerhaft im Wissenschaftssystem zu etablieren.

1.2. Rechtsgrundlagen

Vorhaben können nach Maßgabe dieser Richtlinien, der BMBF-Standardrichtlinien für Zuwendungen auf Ausgaben- bzw. Kostenbasis und der Verwaltungsvorschriften zu § 44 der Bundeshaushaltsordnung (BHO) durch Zuwendungen gefördert werden. Ein Rechtsanspruch auf Gewährung einer Zuwendung besteht nicht. Der Zuwendungsgeber entscheidet auf Grund seines pflichtgemäßen Ermessens im Rahmen der verfügbaren Haushaltsmittel.

2. Gegenstand der Förderung

Gefördert werden bis zu fünf Forschungsprogramme, die die Bearbeitung einer neurowissenschaftlichen Fragestellung zum Inhalt haben. Entsprechend den Zielen der Fördermaßnahme soll ein Förderprogramm von einer ausgewiesenen Neurowissenschaftlerin vorgeschlagen und bearbeitet werden und ihr die Möglichkeit eröffnen, sich weiter zu qualifizieren und dauerhaft im Wissenschaftssystem zu etablieren.

Die Definition der wissenschaftlichen Aufgabenstellung des Forschungsprogramms obliegt der Bewerberin um die Forschungsgruppe. Es muss sich dabei jedoch um eine aktuelle, innovative neurowissenschaftliche Fragestellung handeln, die der anwendungsorientierten Grundlagenforschung zuzurechnen ist.

Das jeweilige Forschungsprogramm ist an einer deutschen Forschungseinrichtung durchzuführen, die der Forschungsgruppe die notwendige Unterstützung zukommen lässt. Die Forschungsgruppe soll ausgestattet werden mit der Position der Leitung, einer Postdoktorandenstelle, einer Doktorandenstelle, bis zu zwei technische Assistentenstellen, von denen wahlweise eine Stelle umgewandelt werden kann in eine Doktorandenstelle. Mittel für studentische Hilfskräfte, Investitionsmittel, Verbrauchsmittel und Reisemittel, insbesondere auch für den Aufbau und die Pflege internationaler Kooperationen, sind nach Maßgabe der geltenden Zuwendungsbestimmungen ebenfalls förderfähig. Es ist vorgesehen, die Forschungsgruppen über einen Zeitraum von 5 Jahren zu fördern.

Mit dem Ziel, den Austausch und die Kommunikation zwischen den Forschungsgruppen zu sichern, werden sich die beteiligten Gruppen regelmäßig einmal im Jahr zu einem Statusseminar zusammen finden, das jeweils am Standort einer der Forschungsgruppen ausgerichtet wird. Neben dem Austausch von Forschungsergebnissen soll die Möglichkeit gegeben werden, weitere Forschungskooperationen anzubahnen. Nationale und internationale Gäste sind in diese Statusseminare einzubinden.

3. Zuwendungsempfänger

Antragsberechtigt sind Hochschulen sowie außeruniversitäre Forschungseinrichtungen. Forschungseinrichtungen, die gemeinsam von Bund und Ländern grundfinanziert werden, kann nur unter bestimmten Voraussetzungen eine Projektförderung für ihren zusätzlichen Aufwand bewilligt werden.

4. Zuwendungsvoraussetzungen

Die Fördermaßnahme richtet sich an hoch qualifizierte Neurowissenschaftlerinnen. Die Expertise ist durch eine entsprechende Publikationsliste zu dokumentieren. Eine Altersgrenze für Bewerberinnen besteht nicht.

Antragsteller im Rahmen der Fördermaßnahme ist eine Hochschule oder Forschungseinrichtung mit Sitz in der Bundesrepublik Deutschland. Die Beantragung einer Forschungsgruppe muss daher von der beantragenden Wissenschaftlerin zusammen mit einer entsprechenden Einrichtung erfolgen. Voraussetzung für die Förderung ist die Aufnahme und Unterstützung der Wissenschaftlerin und ihrer Arbeitsgruppe in die Hochschule bzw. Forschungseinrichtung.

Die aufnehmende Hochschule bzw. Einrichtung verpflichtet sich, notwendige Räumlichkeiten und Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Im Antrag für die Forschungsgruppe ist darzustellen, in welcher Weise die künftige Stelleninhaberin ihre Kompetenzen in die Lehre einbringen kann und inwieweit ihr die Möglichkeit gegeben wird, selbständig Doktoranden zur Promotion zu führen.

Im Sinne der Nutzung Frauen fördernder Rahmenbedingungen sollten die Antragstellerinnen die an der jeweils aufnehmenden Hochschule bzw. Einrichtung bestehenden Möglichkeiten zur Teilnahme an Mentoring-Programmen prüfen. Weiter sollte das Angebot der jeweils aufnehmenden Einrichtung an Maßnahmen zur Kinderbetreuung eingeholt und geprüft werden. Die Ergebnisse der Recherchen sind im Antrag kurz darzustellen.
Antragsteller sollen sich - auch im eigenen Interesse - im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens mit dem EU-Forschungsrahmenprogramm vertraut machen. Sie sollen prüfen, ob das beabsichtigte Vorhaben spezifische europäische Komponenten aufweist und damit eine ausschließliche EU-Förderung möglich ist. Weiterhin ist zu prüfen, inwieweit im Umfeld des national beabsichtigten Vorhabens ergänzend ein Förderantrag bei der EU gestellt werden kann. Das Ergebnis der Prüfungen soll im nationalen Förderantrag kurz dargestellt werden.

5. Art, Umfang und Höhe der Zuwendung

Die Zuwendungen können im Wege der Projektförderung als nicht rückzahlbare Zuschüsse gewährt werden.
Bemessungsgrundlage für Hochschulen, Forschungs- und Wissenschaftseinrichtungen und vergleichbare Institutionen sind die zuwendungsfähigen projektbezogenen Ausgaben (bei Helmholtz-Zentren und der Fraunhofer-Gesellschaft  - FhG - die zuwendungsfähigen projektbedingten Kosten), die bis maximal 100 % gefördert werden.
Die Bemessung der jeweiligen Förderquote muss den Gemeinschaftsrahmen der EU-Kommission für staatliche FuE-Beihilfen berücksichtigen.

6.  Sonstige Zuwendungsbestimmungen

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Kostenbasis werden grundsätzlich die
Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen auf Kostenbasis des BMBF an
Unternehmen der gewerblichen Wirtschaft für FuE-Vorhaben (NKBF98).

Bestandteil eines Zuwendungsbescheides auf Ausgabenbasis werden die Allgemeinen Nebenbestimmungen für Zuwendungen zur Projektförderung (ANBest-P) und die Besonderen Nebenbestimmungen für Zuwendungen des BMBF zur Projektförderung auf Ausgabenbasis (BNBest-BMBF98).

7.  Verfahren

7.1 Einschaltung eines Projektträgers und Anforderung von Unterlagen


Mit der Abwicklung der Fördermaßnahme hat das Bundesministerium für Bildung und Forschung seinen

Projektträger PT-DLR
Gesundheitsforschung
Heinrich-Konen-Str. 1
53227 Bonn
Telefon: 0228 3821-1210 (Sekretariat)
Telefax: 0228 3821-1257
Internet: http://www.pt-dlr.de/

beauftragt. Ansprechpartnerinnen sind Frau Dr. Kaasch (Telefon: 0228 3821-1279) und Frau Dr. Diekhoff (Telefon: 0228 3821-1866).

Vordrucke für Förderanträge, Richtlinien, Merkblätter, Hinweise und Nebenbestimmungen können hier abgerufen oder unmittelbar beim Projektträger angefordert werden. Zur Erstellung von förmlichen Förderanträgen wird die Nutzung des elektronischen Antragssystems „easy“ dringend empfohlen.

7.2 Förderverfahren

Das Förderverfahren ist zweistufig angelegt.

7.2.1 Vorlage und Auswahl von Projektskizzen

In der ersten Verfahrensstufe sind dem Projektträger PT DLR

bis spätestens zum 28.02.2013

zunächst Projektskizzen in schriftlicher Form auf dem Postweg vorzulegen.
Es ist beabsichtigt, soweit notwendig, auf der Basis dieser Förderrichtlinien weitere Auswahlrunden durchzuführen. Die Fristen für die Einreichung der Projektskizzen werden rechtzeitig unter http://www.gesundheitsforschung-bmbf.de/de/aktuelle-bekanntmachungen.php veröffentlicht. Mit Blick auf das internationale Begutachtungsverfahren wird die Einreichung der Projektskizzen an den PT in englischer Sprache empfohlen.

Die Vorlagefrist gilt nicht als Ausschlussfrist. Verspätet eingehende Projektskizzen können aber möglicherweise nicht mehr berücksichtigt werden.

Projektskizzen ist eine Darstellung mit folgender Gliederung beizufügen:

1. Name der Forschungsgruppenleiterin, vollständige Dienstanschrift, Kontaktdaten (Tel, Fax, e-mail).
2. Zusammenfassung des Vorhabens (max. 1 Seite)
3. Stand der Forschung (inkl. Literaturverzeichnis)
4. Eigene Vorarbeiten (inkl. Literaturverzeichnis)
5. Vorläufige Vorhabensbeschreibung für das Forschungsprogramm der gesamten beantragten Forschungsgruppe unter besonderer Berücksichtigung der Ziele und der erwarteten Ergebnisse inkl. Zeitplan und geplanter Meilensteine sowie ggf. Erläuterung bestehender und geplanter Kooperationen.
6. Finanzierungsplan, in dem die jährlichen Vorhaben bedingten Ausgaben aufgeführt werden.
7. Aussagefähiger Lebenslauf (Umfang bis zu fünf Seiten), der die Leistungen im Bereich Neurowissenschaften ausweist (z.B. Betreuung von wissenschaftlichem Nachwuchs, nationale und internationale Kooperationen, Drittmitteleinwerbungen, Einladungen zu oder Ausrichtung von Konferenzen, Mitgliedschaft in Editorial Boards einschlägiger Fachzeitschriften, Gutachtertätigkeit, Sonstiges)
8. Publikationsliste
9. Darstellung der Forschungsinfrastruktur der betreuenden Hochschule (u.a. Forschungsprofil der Hochschule / Einrichtung im Hinblick auf neurowissenschaftliche Forschung, Angebote an Mentoring-Programmen für Akademikerinnen, Ggf. Angebote zur Kinderbetreuung für Akademikerinnen). Darstellung, in welcher Weise die künftige Stelleninhaberin ihre Kompetenzen in die Lehre einbringen kann und inwieweit ihr die Möglichkeit gegeben wird, selbständig Doktoranden zur Promotion zu führen.
10. Erklärung der Hochschule oder Forschungseinrichtung, an der das Forschungsprogramm durchgeführt werden soll, dass die Forschungsgruppenleiterin die zur selbstständigen Durchführung des Vorhabens erforderlichen Arbeitsmöglichkeiten (Grundausstattung an Laborfläche und sonstige Infrastruktur) zur Verfügung gestellt bekommt und in allen Belangen unterstützt wird.

Die Projektskizzen sollen einen Umfang von 25 Seiten (DIN A 4, 1,5-zeilig, Arial 11 pt) nicht überschreiten. Sie sollen in 10 Exemplaren (doppelseitig) und einmal in elektronischer Form (pdf-File auf CD-ROM) vorgelegt werden.

Aus der Vorlage einer Projektskizze kann ein Rechtsanspruch nicht abgeleitet werden.
Die eingegangenen Projektskizzen werden unter Beteiligung externer Gutachter/innen nach folgenden Kriterien bewertet:

a) Bisherige Leistungen der Forschungsgruppenleiterin
- Wissenschaftliches Werk inkl. Publikationsleistung
- Betreuungstätigkeit
- Internationale Aktivitäten
- Sonstige Leistungen (Drittmitteleinwerbungen etc.)

b) Qualität des vorgeschlagenen Forschungsprogramms
- Wissenschaftliche und methodische Qualität
- Wissenschaftliche Ausgewiesenheit der Bewerberin
- Innovatives Potenzial
- Bezug zu Forschungsschwerpunkten der aufnehmenden Institution

Auf der Grundlage der Bewertung werden dann die für eine Förderung geeigneten Projektideen ausgewählt. Das Auswahlergebnis wird den Interessentinnen schriftlich mitgeteilt.

7.2.2 Vorlage förmlicher Förderanträge und Entscheidungsverfahren

In der zweiten Verfahrensstufe werden die Interessentinnen bei positiv bewerteter Projektskizze aufgefordert, einen förmlichen Förderantrag der Institution vorzulegen, an der das Forschungsvorhaben durchgeführt werden soll (bis spätestens sechs Wochen nach Aufforderung), über den nach abschließender Prüfung entschieden wird.

Für die Bewilligung, Auszahlung und Abrechnung der Zuwendung sowie für den Nachweis und die Prüfung der Verwendung und die ggf. erforderliche Aufhebung des Zuwendungsbescheides und die Rückforderung der gewährten Zuwendung gelten die Verwaltungsvorschriften zu § 44 BHO sowie §§ 48 bis 49a Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG), soweit nicht in diesen Förderrichtlinien Abweichungen zugelassen sind.

8. Inkrafttreten

Diese Förderrichtlinien treten am Tag der Veröffentlichung im Bundesanzeiger in Kraft.
Berlin, den 25.10.2007

Bundesministerium für Bildung und Forschung
Im Auftrag

Dr. Christiane Buchholz