Antikörper schützen bei einer Ansteckung mit Viren. Forschende am Deutschen Zentrum für Infektionsforschung und Paul-Ehrlich-Institut sowie an Universitäten in Marburg und München zeigen, wie diese Antikörper schnell produziert werden können.
Bis zur Entwicklung von wirksamen Impfstoffen vergehen bisher oft viele Jahre. Bei einem Ausbruch mit lebensbedrohlichen Erregern werden Therapeutika aber sehr schnell und in großer Menge benötigt. Eine Möglichkeit zur Behandlung von Erkrankten besteht in der passiven Immunisierung – der Gabe von Antikörpern. Denn diese könnten neu Erkrankte vor einem schweren Krankheitsverlauf bewahren. Antikörper sind in sogenannten Rekonvaleszenten-Plasma enthalten, also im Blutplasma von Infizierten, die wieder gesund sind. Das Problem: Die Gewinnung von Rekonvaleszenten-Plasma ist quantitativ sehr begrenzt, denn nur Personen, die die Erkrankung überstanden haben, können als Spender dienen. Eine Alternative wäre die Gewinnung von Immunseren aus Tieren. Forscherinnen und Forscher des Paul-Ehrlich-Instituts um Prof. Veronika von Messling, Abteilung Veterinärmedizin, haben gemeinsam mit Forschenden der Universitäten Marburg und München im Rahmen des DZIF am Beispiel des Ebola- und Nipahvirus untersucht, wie sich die Bildung funktioneller Antikörper bei Kaninchen möglichst effektiv induzieren lässt.
Ein erfolgversprechender Ansatz
Die Forschungsgruppen fanden heraus, dass adjuvantierte, also durch Hilfsstoffe in ihrer Wirkung verstärkte virusartige Partikel (virus-like particles, VLPs) sehr effizient die Bildung hoher Titer funktionaler Antikörper in den Tieren anregten. Auf VLP basierende Impfstoffe sind besonders deshalb interessant, weil das Immunsystem auf diese Viruspartikel im Rahmen der normalen Infektionsabwehr direkt anspringt, sich die VLPs aber nicht in den Zielzellen vermehren. Mit einem optimierten Aufreinigungsverfahren ließen sich so konzentrierte und stabile funktionale Antikörper gewinnen: Ein weiterer Vorteil: Diese Antikörper richten sich gegen unterschiedliche Stellen (Epitope) der Antigene des Erreger. Fachleute sprechen auch von polyklonalen Antikörpern. Deshalb ist das Risiko, dass das Virus durch Mutationen dem Angriff der Antikörper entkommen kann, gering.
VLPs lassen sich innerhalb von ein bis zwei Wochen in ausreichender Menge für die Immunisierung von Tieren herstellen und Antigene leicht austauschen, sodass sie möglicherweise als bequemes Plug-and-Play-System für die Antikörpergewinnung genutzt werden könnten. „Die Herstellung polyklonaler Antikörper mit Hilfe Erreger-angepasster adjuvantierter VLPs ist aus unserer Sicht ein erfolgversprechender Ansatz zur schnellen Bereitstellung schützender Immunseren bei Ausbrüchen mit neuen gefährlichen Viren“, erläutert von Messling die Forschungsergebnisse.
Zu den Internetseiten des Paul Ehrlich Instituts: www.pei.de
Im Deutschen Zentrum für Infektionsforschung (DZIF) entwickeln bundesweit mehr als 500 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler aus 35 Institutionen gemeinsam neue Ansätze zur Vorbeugung, Diagnose und Behandlung von Infektionskrankheiten. Das DZIF ist eines von sechs Deutschen Zentren der Gesundheitsforschung (DZG), die vom Bundesministerium für Bildung und Forschung zur Bekämpfung der wichtigsten Volkskrankheiten ins Leben gerufen wurden.
Mehr Informationen: www.dzif.de