Schuppen, Juckreiz, Rötung: Wenn Hautzellen nicht mehr zusammenhalten - Ursache für seltene Hauterkrankung gefunden

Die Haut ist mehr als nur eine Hülle des Körpers. Sie ist mit einer Gesamtfläche von etwa zwei Quadratmetern das flächenmäßig größte Organ des Menschen und schützt uns zum Beispiel vor äußeren Umwelteinflüssen, Erregern oder Allergenen. Sind die Hautzellen in ihrem Zusammenhalt gestört, können verschiedene Krankheiten die Folge sein. Eine davon ist die seltene Peeling-Skin-Krankheit.

Die Haut ist am ganzen Körper stark gerötet, juckt und löst sich flächig ab – das sind die wichtigsten Symptome der Peeling- Skin-Krankheit. Meist beginnt diese schwere, genetisch bedingte Hauterkrankung direkt oder kurz nach der Geburt. Die Krankheit ist sehr selten, nur wenige Fälle sind bisher in der Fachliteratur beschrieben worden. Wissenschaftler vom „Netzwerk für Ichthyosen und verwandte Verhornungsstörungen“ haben nun mit Unterstützung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF) eine große Familie genetisch charakterisiert, in der vier Kinder seit ihrer Geburt an der Peeling-Skin-Krankheit leiden und so die molekularen Ursachen der Peeling-Skin-Krankheit gefunden: „Bei den betroffenen Kindern haben wir mit Hilfe einer genomweiten Kopplungsanalyse Mutationen in einem Gen gefunden. Dieses Gen, CDSN, kodiert für das Protein Corneodesmosin“, erklärt Dr. Hans Christian Hennies vom Cologne Center for Genomics an der Universität zu Köln. Die Veränderung einer einzelnen Base, also eines Bausteins der Erbsubstanz DNS, hat einen Komplettausfall des Proteins zur Folge, das heißt in der gesamten Körperhaut der Betroffenen fehlt Corneodesmosin. Dieses Protein ist ein wichtiges Bindemolekül der Oberhaut und am Zusammenhalt von absterbenden und abgestorbenen Hautzellen, den Keratinozyten, beteiligt. Fällt es durch eine Mutation weg, sind die molekularen Verbindungsstellen in der Hornschicht der Haut gestört. Die Folge: Die obersten Schichten der Haut lösen sich spontan und ungleichmäßig am ganzen Körper ab, es entstehen schwere Hautrötungen und anhaltender Juckreiz. Die Veranlagung für die Peeling-Skin- Krankheit wird autosomal rezessiv vererbt, das heißt die Krankheit bricht nur aus, wenn ein Kind von beiden Elternteilen eine Mutation im Corneodesmosin-Gen erbt. Die Ergebnisse ermöglichen zukünftig, durch molekulare Untersuchungen die Diagnose einer Peeling-Skin-Krankheit zu bestätigen und so die Krankheit besser zu erkennen.

Kein Schutz gegen Eindringlinge

In künstlichen Hautmodellen konnten die Forscher zeigen, dass durch den Wegfall von Corneodesmosin auch die Barrierefunktion der Haut abnimmt. Die Haut von Patientinnen und Patienten mit Peeling-Skin-Krankheit ist also durchlässiger, sodass vermutlich Erreger und Allergene leichter in die Haut eindringen können. Aus diesem Grund können Patientinnen und Patienten mit der Peeling-Skin-Krankheit – ähnlich wie Neurodermitis-Patienten – unter verschiedenen Allergien und Lebensmittelunverträglichkeiten leiden. „Die vier von uns untersuchten Kinder reagieren beispielsweise allergisch gegen Nüsse und Fisch und haben zum Teil mit Nesselsucht und Asthma zu kämpfen“, beschreibt Dr. Hennies. Bis vor Kurzem waren sich Forscher nicht sicher, welche Rolle Hautbarrierestörungen bei verschiedenen Allergien spielen können. „Aber unsere Ergebnisse verdeutlichen zum einen, dass eine Störung der Hautbarriere, also der Schutzfunktion des Organismus gegen Eindringlinge von außen, zu allergischen Überempfindlichkeiten führen kann“, sagt Dr. Hennies, „und zum anderen, dass die Aufklärung seltener Erkrankungen oftmals wichtige Mechanismen offenlegt, die an der Entstehung häufiger und komplexer Krankheitsbilder beteiligt sein können.“

Die Entschlüsselung der molekularen Ursachen der Peeling-Skin-Krankheit bietet auch neue Ansatzpunkte für therapeutische Strategien der Zukunft. „Bisher existieren für genetisch bedingte Hauterkrankungen keine kausalen Therapien, also keine Therapien, die versuchen, die Ursachen der Krankheit zu bekämpfen. Die Entwicklung von Medikamenten, mit denen die Hautbarriere wiederhergestellt werden kann, wird allerdings noch viele Jahre dauern“, so Dr. Hennies.


Wann ist eine Krankheit selten?

Eine Krankheit wird als selten bezeichnet, wenn weniger als einer von 2.000 Menschen während seines gesamten Lebens davon betroffen ist. Zusammengenommen sind sie allerdings kein seltenes Phänomen, in Deutschland leiden rund vier Millionen Menschen an einer solchen Erkrankung. Die häufigsten Ursachen sind Veränderungen im Erbgut.
Je weniger Patienten an einer Erkrankung leiden, desto schwieriger ist ihre systematische Erforschung. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) fördert deshalb 16 krankheitsspezifische Netzwerke zur Erforschung seltener Erkrankungen mit insgesamt 31 Millionen Euro. Eines dieser BMBF-Netzwerke ist das Netzwerk für Ichthyosen und verwandte Verhornungsstörungen. Weitere Netzwerke befassen sich zum Beispiel mit der Erforschung von Muskeldystrophien, mit angeborenen Störungen der Blutbildung und seltenen Lungen- und Autoimmunerkrankungen.
Ansprechpartner:
Dr. Hans Christian Hennies
Cologne Center for Genomics
Universität zu Köln
Weyertal 115 b
50931 Köln
Tel.: 0221 478–96802
Fax: 0221 478–96866
E-Mail: h.hennies@uni-koeln.de