Wie können Kinder mit Nahrungsmittelallergien wirkungsvoll geschützt werden? Dieser Frage gehen die Forschenden des NAMIBIO-App-Verbundes nach. Dafür nutzen sie enorme Datenschätze und künstliche Intelligenz.
Nahrungsmittelallergien können bei Kindern verheerende Auswirkungen haben. Treten sie zum ersten Mal auf, sind selbst allergische Schocks nicht selten. Innerhalb weniger Minuten löst diese schwerwiegende Überreaktion des Immunsystems dann einen lebensbedrohlichen Zustand aus.
Umso wichtiger ist es, Kinder mit erhöhtem Allergierisiko bereits vor dem Auftreten erster Symptome zu identifizieren und sie zu schützen. Doch bislang ist noch zu wenig darüber bekannt, wie Nahrungsmittelallergien genau entstehen, um das Risiko zu erkennen und zu berechnen.
Ziel des Forschungsverbundes „NAMIBIO-App – Nahrungsmittelallergie Biomarker Applikation“ ist es, die Ursachen und die Faktoren zu entschlüsseln, die den weiteren Verlauf von Nahrungsmittelallergien beeinflussen. „Unsere Erkenntnisse werden wir dazu nutzen, Apps zu entwickeln, die Eltern und medizinisches Fachpersonal dabei unterstützen, Kinder mit einem hohen Allergierisiko zu erkennen und wirkungsvoll zu schützen. Indem die Eltern beispielsweise Schritt für Schritt mit Information begleitet werden, wie sie bei ihren Kindern gegebenenfalls eine Toleranz gegenüber einem möglichen allergieauslösenden Nahrungsmittel aufbauen können“, erläutert Professor Dr. Jon Genuneit, Leiter der Pädiatrischen Epidemiologie an der Universitätsmedizin Leipzig, die Zielsetzung seines Projektes.
Künstliche Intelligenz im Dienst der Allergieforschung
Um dieses Ziel zu erreichen, nutzen die Forschenden die Daten aus verschiedenen großen deutschen Geburtskohorten. Eine Geburtskohorte umfasst eine Gruppe von Menschen, die alle in einem bestimmten Zeitraum, z. B. im gleichen Jahr, geboren wurden. Sie werden über einen längeren Zeitraum begleitet und in regelmäßigen Abständen zu ihren Lebensumständen befragt und medizinisch untersucht. Neben diesen Datensätzen speisen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch den aktuellen Kenntnisstand aus der entsprechenden Fachliteratur sowie weitere wissenschaftliche Daten in ihr Vorhersagemodell ein. Um aus diesem Datenschatz wertvolle Informationen zu gewinnen, nutzen sie die Ansätze des maschinellen Lernens.
Zukünftig sollen die so gewonnenen Erkenntnisse gemeinsam mit Informationsmaterial den Eltern betroffener Kinder sowie dem betreuenden Fachpersonal in Form von spezifischen Apps zur Verfügung gestellt werden, um die präventive Versorgung zu verbessern. „Uns ist es sehr wichtig, dass die App den Bedürfnissen der betroffenen Eltern und des behandelnden Fachpersonals gerecht wird. Deshalb arbeiten wir sehr eng mit dem Deutschen Allergie- und Asthmabund e. V. (DAAB), der größten Patientenorganisation auf diesem Gebiet, zusammen“, so Genuneit.
Der Forschungsverbund „NAMIBIO-App - Nahrungsmittelallergie Biomarker Applikation“ wird durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) im Rahmen der Fördermaßnahme „Interdisziplinäre Forschungsverbünde zu Nahrungsmittelunverträglichkeiten“ unterstützt. Dafür stellt es in den Jahren 2021 bis 2024 rund 12,5 Millionen Euro für insgesamt fünf Verbünde zur Verfügung.