August 2016

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Spezial-Ambulanz für Menschen mit Atemnot

Menschen mit Dyspnoe leiden unter dem quälenden Gefühl, nur schwer Luft zu bekommen. In München gibt es für Betroffene seit dem vergangenen Jahr eine neue Anlaufstelle: Das Universitätsklinikum hat die erste Atemnot-Ambulanz Deutschlands eingerichtet.

Atemnot ist weit verbreitet, denn sie tritt oft als Begleiterscheinung einer anderen Erkrankung auf. Fortgeschrittene Lungen- und Herzerkrankungen gehen beispielsweise häufig mit Atemnot einher, aber auch Krebs oder ein chronisches Nierenversagen. Anders als die kurzfristige Atemlosigkeit, die zum Beispiel nach einem Kurzstreckenlauf auftritt, ist die chronische Atemnot für die Betroffenen sehr belastend. Denn im fortgeschrittenen Stadium reichen bereits kleine Anstrengungen aus – ein paar Treppenstufen beispielsweise –, um das quälende Gefühl auszulösen: Der Brustkorb ist wie zugeschnürt; die Luft will nicht in die Lunge strömen. Angst macht sich breit. Atemnot kann den Alltag der Betroffenen und ihrer Angehöriger stark beeinträchtigen.

Atemnot tritt häufig als Begleiterscheinung einer chronischen Erkrankung auf.

Atemnot tritt häufig als Begleiterscheinung einer chronischen Erkrankung auf.

Image Point Fr_Shutterstock

Die Schwere einer Atemnot kann häufig nur die Patientin oder der Patient selbst beurteilen. Lungenfunktionsprüfungen oder andere Untersuchungen spiegeln das Leid oft nicht ausreichend wider. Daher sprechen viele Menschen beim Arztbesuch nicht über die Stärke ihrer Beschwerden oder über den Leidensdruck, den sie verspüren. Obwohl die Atemnot die Betroffenen oft erheblich belastet, insbesondere bei schweren, nicht heilbaren Erkrankungen. In der Palliativmedizin finden diese Menschen die Hilfe, die sie benötigen.

Seit März 2015 können sich Betroffene auch an die Atemnot-Ambulanz in München wenden. „Die Patientinnen und Patienten, die zu uns kommen, wissen zumeist bereits, dass beispielsweise ihre Herzerkrankung die Atemnot verursacht. Aber auch wenn diese Erkrankung bestmöglich behandelt wird, bleibt die Atemnot häufig bestehen“, weiß Professor Dr. Claudia Bausewein, Initiatorin der Atemnot-Ambulanz. „Wir möchten diesen Menschen helfen, trotzdem wieder am Leben teilzuhaben – auch wenn wir sie von der Atemnot nicht befreien können.“ Das Angebot der Ambulanz richtet sich aber nicht nur an die Erkrankten, auch ihre Angehörigen können sich an die Fachkräfte wenden.

Ein interdisziplinäres Team für individuelle Hilfsangebote

Atemnot-Broschüre

Eine eigens für diesen Zweck erstellte Broschüre informiert die Patientinnen und Patienten über Symptome und erste Maßnahmen bei Atemnot.

Atemnot-Ambulanz, München

Betroffene, die sich an die Ambulanz wenden, treffen dort auf ein großes Team von Fachkräften. Lungen- und Palliativmedizinerinnen und -mediziner arbeiten Hand in Hand mit Physiotherapeutinnen und -therapeuten. In intensiven Gesprächen sichern sie die Diagnose und entwickeln gemeinsam mit den Betroffenen einen Therapieplan. Sofern notwendig, ergänzen weitere Berufsgruppen das Team.

Doch wie lässt sich die Atemnot erfolgreich kontrollieren? Die Antwort auf diese Frage bringt jede Patientin, jeder Patient selbst mit. Denn es ist sehr individuell, welche der unterschiedlichen Maßnahmen helfen. Einige Menschen empfinden es beispielsweise als wohltuend, wenn ihnen im kritischen Moment eine kühle Brise aus einem Handventilator ins Gesicht weht. Anderen helfen wiederum Entspannungs- oder Achtsamkeitsübungen, die seelische Belastung zu lindern. Aber auch eine veränderte Körperhaltung oder gezielte Atemübungen können die Not deutlich lindern. Daher spielen physiotherapeutische Maßnahmen in der Atemnot-Ambulanz eine bedeutende Rolle. Falls notwendig, verschreiben die Ärztinnen und Ärzte aber auch Medikamente, die Linderung verschaffen können. „Um Atemnot erfolgreich zu behandeln, reicht in der Regel eine Maßnahme nicht aus. Erst die Kombination vieler verschiedener Bausteine führt zum Erfolg“, erläutert Bausewein. Die Medizinerin ist Direktorin der Klinik und Poliklinik der Palliativmedizin in München.

Laufende Studie zur Wirksamkeit der Ambulanz

Vorbild für die Münchener Atemnotambulanz sind Einrichtungen, wie sie beispielsweise in England bereits existieren. Hier können sich Betroffene an eine Ambulanz wenden, die ihnen dabei hilft, besser mit der Atemnot zu leben. Wissenschaftliche Untersuchungen, die diese Zentren begleiten, bezeugen die Wirkung.

Auch in München wird die Atemnot-Ambulanz durch die BreathEase-Studie wissenschaftlich begleitet. Die durch das Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Studie untersucht, inwiefern die Patientinnen und Patienten von den Besuchen in der Ambulanz profitieren. Alle Betroffenen, die sich bis Ende 2017 an die Atemnot-Ambulanz wenden, nehmen an dieser Untersuchung teil. Für die Studie werden sie in zwei Gruppen aufgeteilt – in eine Kontroll- und eine Interventionsgruppe. In der Interventionsgruppe werden die Maßnahmen direkt angewendet. Aber auch die Patientinnen und Patienten der Kontrollgruppe können die Atemnot-Ambulanz nutzen – nach einer Wartezeit von acht Wochen. Durch die zeitliche Verzögerung können die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sicherstellen, dass sich die Ergebnisse der ersten acht Wochen vergleichen lassen und trotzdem alle Patientinnen und Patienten an den Maßnahmen teilnehmen können.

Denn: Fällt die Bewertung der Studie positiv aus, so sollen zukünftig auch an anderen Orten in Deutschland Ambulanzen angeboten werden.

Palliativmedizin

Ist eine Krankheit nicht mehr heilbar, so finden die Patientinnen und Patienten Hilfe in der Palliativmedizin. Die Ärztinnen und Ärzte nehmen sich ihrer Symptome an und versuchen, diese zu lindern. Dabei geht es nicht allein um körperliche Beschwerden, denn häufig sind es gerade psychische oder soziale Faktoren, unter denen die Betroffenen leiden. Ausschlaggebend für die Therapie sind dabei die Wünsche und das Wohlbefinden des Erkrankten.Palliativmedizin ist aber keine Sterbemedizin. Bereits in einem frühen Stadium einer chronischen Erkrankung können palliativmedizinische Therapien dazu beitragen, die Lebensqualität der Patientinnen und Patienten zu erhöhen. Viele Betroffene profitieren gerade von einem frühen Kontakt mit der Palliativmedizin.

Ansprechpartnerin:
Prof. Dr. Claudia Bausewein
Direktorin der Klinik und Poliklinik
für Palliativmedizin
Klinikum der Universität München (LMU)
Marchioninistraße 15
81377 München
089 4400-74929
089 4400-77929
claudia.bausewein@med.uni-muenchen.de

Informationen für Betroffene:
Dr. Michaela Schunk
089 4400-77946
atemnotambulanz@med.uni-muenchen.de
www.atemnotambulanz.de